Die Kuh auf virtuellen Weiden
Wiederkäuer käuen viel ergiebiger wieder, wenn sie in einer sattgrünen Umgebung wiederkäuen. Spätestens seit diverser Alpenmilchschokoladenwerbungen weiß das nicht nur die Kuh, sondern auch der Mensch. Und Izzet Koçak ganz besonders. Denn der türkische Milchbauer bedient sich gemäß eines Berichts der „Süddeutschen Zeitung“virtueller Realität, um seine Rinder in der eher trockenen Gegend von Aksaray glauben zu lassen, sie befänden sich auf einer fetten Allgäuer Wiese. Mit sogenannten VR-Brillen, die über ausgeklügelte Technik der Kuh den Eindruck vermitteln, auf saftigen Gräsern zu stehen, steigert der Bauer die Milchleistung im kargen Winter um fünf bis sechs Liter. Der Glaube – ein wenig frisiert durch digitale Magie – versetzt offenbar Berge. Damit holt Bauer Koçak die Kuh quasi vom Eis, respektive in eine bessere Ertragssituation, die unabhängig von Jahreszeit und Witterung stets erstklassig bleibt, obwohl es außer widerborstigem Stroh nichts gibt.
Die kulinarischen Möglichkeiten, die sich daraus für die Menschenwelt ergeben, sind kaum auszudenken.
Was, wenn wir während der Mahlzeit unter der VR-Brille üppige Kässpätzle vor Augen haben, auf dem tatsächlichen Teller aber lediglich Gurken mit Knäckebrot? Rasch wären wir fünf bis sechs Kilo los, während wir uns fühlten, als schwelgten wir unentwegt im Kalorien-Paradies. Ob wir uns wirklich so leicht vom schönen digitalen Schein täuschen lassen würden, bleibt offen. Denn der Mensch ist ja keine Kuh, auch wenn er bisweilen ein Rindvieh sein kann. (nyf)