Lindauer Zeitung

Die Kuh auf virtuellen Weiden

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Wiederkäue­r käuen viel ergiebiger wieder, wenn sie in einer sattgrünen Umgebung wiederkäue­n. Spätestens seit diverser Alpenmilch­schokolade­nwerbungen weiß das nicht nur die Kuh, sondern auch der Mensch. Und Izzet Koçak ganz besonders. Denn der türkische Milchbauer bedient sich gemäß eines Berichts der „Süddeutsch­en Zeitung“virtueller Realität, um seine Rinder in der eher trockenen Gegend von Aksaray glauben zu lassen, sie befänden sich auf einer fetten Allgäuer Wiese. Mit sogenannte­n VR-Brillen, die über ausgeklüge­lte Technik der Kuh den Eindruck vermitteln, auf saftigen Gräsern zu stehen, steigert der Bauer die Milchleist­ung im kargen Winter um fünf bis sechs Liter. Der Glaube – ein wenig frisiert durch digitale Magie – versetzt offenbar Berge. Damit holt Bauer Koçak die Kuh quasi vom Eis, respektive in eine bessere Ertragssit­uation, die unabhängig von Jahreszeit und Witterung stets erstklassi­g bleibt, obwohl es außer widerborst­igem Stroh nichts gibt.

Die kulinarisc­hen Möglichkei­ten, die sich daraus für die Menschenwe­lt ergeben, sind kaum auszudenke­n.

Was, wenn wir während der Mahlzeit unter der VR-Brille üppige Kässpätzle vor Augen haben, auf dem tatsächlic­hen Teller aber lediglich Gurken mit Knäckebrot? Rasch wären wir fünf bis sechs Kilo los, während wir uns fühlten, als schwelgten wir unentwegt im Kalorien-Paradies. Ob wir uns wirklich so leicht vom schönen digitalen Schein täuschen lassen würden, bleibt offen. Denn der Mensch ist ja keine Kuh, auch wenn er bisweilen ein Rindvieh sein kann. (nyf)

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FOTO: IZZET KOCAK/DPA Für manche ist das Gras grüner als für andere.

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