Streit um die Kontogebühren
Vor dem Hintergrund des BGH-Urteils klagt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Kündigung einer Volksbank
- Die Umsetzung des Urteils des Bundesgerichtshof (BGH) zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei der Erhöhung von Kontogebühren stellt viele Banken vor große Probleme. Ein Streit zwischen einem Kunden und seinem Geldhaus ist nun Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Stuttgart. Die Volksbank in Welzheim, einer Kleinstadt zwischen Stuttgart und Aalen, hoffte, dass die Kunden auf eine rückwirkende Gebührenerstattung verzichten – andernfalls drohte sie mit der Kündigung. Ein Kontoinhaber spielte da nicht mit, die Bank kündigte ihm daraufhin. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat gegen die Bank geklagt. Nun hat sich das Gericht mit dem Streit beschäftigt.
Was muss man über das Verfahren wissen?
Der BGH hatte Ende April 2021 geurteilt, dass Banken bei Änderungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Bis dahin war es gängige Praxis, dass Banken es als stillschweigende Zustimmung werteten, wenn der Kunde den Änderungen nicht innerhalb von zwei Monaten widersprach.
Auf diese Art wurden beispielsweise Kontoführungsgebühren bei vielen Banken erhöht. „Verträge durch Schweigen eines Vertragspartners zu ändern, das geht aus Sicht des Verbraucherschutzes natürlich gar nicht“sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das Urteil des BGH war für die Verbraucherzentrale „wegweisend, weil diese Praxis nun nicht mehr fortgeführt werden kann“, sagt Niels Nauhauser. Zudem können sich Kontoinhaber die Gebühren, die die Banken ohne explizite Einwilligung bislang erhoben haben, erstatten lassen.
Worum geht es im Fall der Volksbank Welzheim?
Ein Mann verlangte nach dem BGHUrteil die Kontoführungsgebühren bei der Volksbank in Welzheim zurück. Insgesamt handelte es sich dabei um 90 Euro – 18 Monate jeweils fünf Euro. Daraufhin bot die Bank dem Kunden an, er solle auf die
Rückerstattung verzichten, dafür dürfe er sein Konto bis Ende 2022 für fünf Euro weiterführen. Darauf ging der Kunde nicht ein, und ihm wurde sein Konto gekündigt – zu Unrecht, wie die Verbraucherzentrale findet. „Wir sprechen einer Bank kein Kündigungsrecht ab, aber hier sehen wir klare rechtliche Grenzen überschritten“, erklärt Nauhauser. Die Bank habe mit ihren beiden Optionen – entweder Kündigung oder das neue Angebot ohne Rückerstattung – den legitimen Rechtsanspruch des Kunden verweigert.
Die Volksbank Welzheim sieht das anders. „Das Angebot der Bank sah vor, dass der günstige Kontopreis aufrechterhalten bleibt, wenn die Bank die Gebühren für die Dienstleistungen, die sie in der Vergangenheit geleistet hat, behalten darf“, sagte der Anwalt der Bank, Ferdinand Scholl, der „Frankfurter Allgemeinen“. Der Kunde aber wollte die 90 Euro zurückerstattet und sich das Angebot der Bank trotzdem sichern. Das hat das Institut abgelehnt. Die Bank würde immerhin das Angebot bestimmen, nicht der Kunde, sagte Scholl.
Wie entscheidend ist das Urteil? „Die meisten Banken haben das Geld einfach zurückerstattet“, sagt Nauhauser. Er glaubt nicht, dass das Urteil am Landgericht wegweisend für andere Banken und Kunden sein könnte. Mit dem BGH-Urteil im vergangenen Jahr seien nicht alle Banken gleich umgegangen. „Das war von Bank zu Bank unterschiedlich. „Aber das Urteil kann schon eindeutig zeigen, wie weit Banken bei ihren Kunden gehen dürfen“, sagt Nauhauser.
Gibt es weitere bekannte Fälle? Tatsächlich laufen noch weitere Verfahren gegen Banken. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat auch gegen die Sparda-Bank Baden-Württemberg Klage eingereicht. Hier geht es um die Frage, ob Kunden, die eine Erstattung verlangten, mit einer Kontokündigung gedroht wurde, was aus Sicht der Verbraucherzentrale eine unzulässige Beeinflussung wäre. In einem anderen Verfahren gegen die Volksbank Ludwigsburg geht es darum, ob einmaliges Geldabheben eine aktive Zustimmung der Geschäftsbedingungen ersetzt. „Das sind komplexere Verfahren. So eindeutig wie im Fall der Volksbank Welzheim ist es aus unserer Sicht bei den anderen nicht“, sagt Nauhauser.
Wann könnte ein Urteil fallen? Die Urteilssprechung ist für den 15. Februar angesetzt. Am Dienstag durften die beiden Parteien zunächst ihre Argumente vorbringen. „Die Richterin hat sich zum Sachverhalt nicht geäußert“, sagt Niels Nauhauser, der selbst für die Verbraucherzentrale im Gerichtssaal Platz nahm. „Es ist also noch offen, wie das Ganze ausgeht.“