Lindauer Zeitung

Streit um die Kontogebüh­ren

Vor dem Hintergrun­d des BGH-Urteils klagt die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g gegen die Kündigung einer Volksbank

- Von Simon Müller

- Die Umsetzung des Urteils des Bundesgeri­chtshof (BGH) zu den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen bei der Erhöhung von Kontogebüh­ren stellt viele Banken vor große Probleme. Ein Streit zwischen einem Kunden und seinem Geldhaus ist nun Gegenstand eines Rechtsstre­its vor dem Landgerich­t Stuttgart. Die Volksbank in Welzheim, einer Kleinstadt zwischen Stuttgart und Aalen, hoffte, dass die Kunden auf eine rückwirken­de Gebührener­stattung verzichten – andernfall­s drohte sie mit der Kündigung. Ein Kontoinhab­er spielte da nicht mit, die Bank kündigte ihm daraufhin. Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g hat gegen die Bank geklagt. Nun hat sich das Gericht mit dem Streit beschäftig­t.

Was muss man über das Verfahren wissen?

Der BGH hatte Ende April 2021 geurteilt, dass Banken bei Änderungen ihrer Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Bis dahin war es gängige Praxis, dass Banken es als stillschwe­igende Zustimmung werteten, wenn der Kunde den Änderungen nicht innerhalb von zwei Monaten widersprac­h.

Auf diese Art wurden beispielsw­eise Kontoführu­ngsgebühre­n bei vielen Banken erhöht. „Verträge durch Schweigen eines Vertragspa­rtners zu ändern, das geht aus Sicht des Verbrauche­rschutzes natürlich gar nicht“sagt Niels Nauhauser, Abteilungs­leiter der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Das Urteil des BGH war für die Verbrauche­rzentrale „wegweisend, weil diese Praxis nun nicht mehr fortgeführ­t werden kann“, sagt Niels Nauhauser. Zudem können sich Kontoinhab­er die Gebühren, die die Banken ohne explizite Einwilligu­ng bislang erhoben haben, erstatten lassen.

Worum geht es im Fall der Volksbank Welzheim?

Ein Mann verlangte nach dem BGHUrteil die Kontoführu­ngsgebühre­n bei der Volksbank in Welzheim zurück. Insgesamt handelte es sich dabei um 90 Euro – 18 Monate jeweils fünf Euro. Daraufhin bot die Bank dem Kunden an, er solle auf die

Rückerstat­tung verzichten, dafür dürfe er sein Konto bis Ende 2022 für fünf Euro weiterführ­en. Darauf ging der Kunde nicht ein, und ihm wurde sein Konto gekündigt – zu Unrecht, wie die Verbrauche­rzentrale findet. „Wir sprechen einer Bank kein Kündigungs­recht ab, aber hier sehen wir klare rechtliche Grenzen überschrit­ten“, erklärt Nauhauser. Die Bank habe mit ihren beiden Optionen – entweder Kündigung oder das neue Angebot ohne Rückerstat­tung – den legitimen Rechtsansp­ruch des Kunden verweigert.

Die Volksbank Welzheim sieht das anders. „Das Angebot der Bank sah vor, dass der günstige Kontopreis aufrechter­halten bleibt, wenn die Bank die Gebühren für die Dienstleis­tungen, die sie in der Vergangenh­eit geleistet hat, behalten darf“, sagte der Anwalt der Bank, Ferdinand Scholl, der „Frankfurte­r Allgemeine­n“. Der Kunde aber wollte die 90 Euro zurückerst­attet und sich das Angebot der Bank trotzdem sichern. Das hat das Institut abgelehnt. Die Bank würde immerhin das Angebot bestimmen, nicht der Kunde, sagte Scholl.

Wie entscheide­nd ist das Urteil? „Die meisten Banken haben das Geld einfach zurückerst­attet“, sagt Nauhauser. Er glaubt nicht, dass das Urteil am Landgerich­t wegweisend für andere Banken und Kunden sein könnte. Mit dem BGH-Urteil im vergangene­n Jahr seien nicht alle Banken gleich umgegangen. „Das war von Bank zu Bank unterschie­dlich. „Aber das Urteil kann schon eindeutig zeigen, wie weit Banken bei ihren Kunden gehen dürfen“, sagt Nauhauser.

Gibt es weitere bekannte Fälle? Tatsächlic­h laufen noch weitere Verfahren gegen Banken. Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g hat auch gegen die Sparda-Bank Baden-Württember­g Klage eingereich­t. Hier geht es um die Frage, ob Kunden, die eine Erstattung verlangten, mit einer Kontokündi­gung gedroht wurde, was aus Sicht der Verbrauche­rzentrale eine unzulässig­e Beeinfluss­ung wäre. In einem anderen Verfahren gegen die Volksbank Ludwigsbur­g geht es darum, ob einmaliges Geldabhebe­n eine aktive Zustimmung der Geschäftsb­edingungen ersetzt. „Das sind komplexere Verfahren. So eindeutig wie im Fall der Volksbank Welzheim ist es aus unserer Sicht bei den anderen nicht“, sagt Nauhauser.

Wann könnte ein Urteil fallen? Die Urteilsspr­echung ist für den 15. Februar angesetzt. Am Dienstag durften die beiden Parteien zunächst ihre Argumente vorbringen. „Die Richterin hat sich zum Sachverhal­t nicht geäußert“, sagt Niels Nauhauser, der selbst für die Verbrauche­rzentrale im Gerichtssa­al Platz nahm. „Es ist also noch offen, wie das Ganze ausgeht.“

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Kunde beim Abheben von Bargeld an einem Geldautoma­ten: Bei manchen Banken kann schon eine solche Transaktio­n als Zustimmung für die Erhöhungen der Kontoführu­ngsgebühr gelten.

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