Frau verurteilt für Widerstand bei Corona-Demo
58-Jährige widersetzt sich Polizisten – Ein Video der Kontrolle in Kempten findet bundesweit Aufmerksamkeit
- 4000 Euro Strafe muss eine Oberallgäuerin (58) zahlen, weil sie im März mit einem unrichtigen Gesundheitszeugnis um die Maskenpflicht herumkommen wollte und sie wenige Wochen später bei einer Polizeikontrolle Widerstand leistete. Der zweite Vorfall ereignete sich im April 2021 am Rande einer verbotenen Demo sogenannter Querdenker in Kempten: Er wurde bundesweit bekannt, weil Passanten die Kontrolle gefilmt und online gestellt hatten. Das millionenfach geklickte Kurzvideo zeigt, wie Polizisten eine grauhaarige Frau an eine Hauswand drücken und ihr Handschellen anlegen.
Nun verhängte das Amtsgericht Kempten gegen die in Teilzeit beschäftigte Angeklagte eine Strafe von 80 Tagessätzen à 50 Euro. Der zusätzliche Vorwurf der Beleidigung wurde fallen gelassen. Diese mögliche Beleidigung war letztlich Auslöser für die Kontrolle gewesen. Laut ursprünglichem Strafbefehl soll die Frau Polizeibeamte als bekloppt bezeichnet haben. Sie selbst bestritt dies aber von Anfang an und sagte immer wieder, sie habe damit nur die Gesamtsituation gemeint. An diesem zweiten Verhandlungstag betonte sie nun mit stockender Stimme: „Ich bin keine Beleidigerin.“Es wäre schrecklich für sie, mit diesem Vorwurf leben zu müssen. Im Gegenzug für den nun weggefallenen Vorwurf der Beleidigung reduzierte die Angeklagte ihren Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Höhe der Strafe. Ursprünglich sollte sie 80 Tagessätze à 60 Euro zahlen. Zugleich räumte sie damit den Attestverstoß und den Widerstand gegen die Polizei ein. Das wiederum hielt ihr die Richterin zugute, auch weil so eine weitere Beweisaufnahme und ein längeres Verfahren unnötig wurden. Dazu hätten unter anderem die Zeugenaussagen von drei Polizisten gehört. Sie waren zu beiden Verhandlungstagen bis aus Mittelfranken und der Oberpfalz angereist – nun letztlich jeweils umsonst, aber nicht kostenlos. Durch ihren Widerspruch hat sich die Angeklagte 800 Euro Strafe gespart. Dafür muss die nun aber zusätzlich die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Sie und ihr Verteidiger erklärten nach dem Urteil, auf Rechtsmittel zu verzichten.
War der Verteidiger am ersten Verhandlungstag noch wegen Diskussionen um das korrekte Tragen von Masken und das seiner Meinung nach zu häufige Lüften aufgefallen, so nahmen er und seine Mandantin nun mit Mütze und Schal auf der Seite der Angeklagten Platz. Diesmal hatte der auswärtige Verteidiger seine schwarze Robe vergessen, weshalb er sich kurz vor Verhandlungsbeginn aufmachte, um sich im Gerichtsgebäude eine zu leihen. Die Robe als berufsständische Kleidung sei in Strafverfahren Pflicht, sagte Amtsgerichtssprecher Robert Kriwanek auf Nachfrage der Allgäuer Zeitung.