Lindauer Zeitung

Zwillingsv­ater macht seinem Ärger Luft

Bedürfniss­e der Familie würden nicht beachtet – Stadt möchte Vorwurf nicht gelten lassen

- Von Sandra Philipp

- Nach ihrem ersten Besuch im Häfler Sportbad ist Familie Gnoss enttäuscht. Die Zwillingse­ltern fühlten sich mit ihrem Bedürfniss­en nicht berücksich­tigt und vom Personal unfreundli­ch behandelt. „Das Sportbad Friedrichs­hafen ist absolut nicht für Familien mit Zwillingen ausgelegt und gibt sich hier auch keine Mühe“, macht sich der frustriert­e Familienva­ter in einem offenen Brief Luft. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtet Alexander Gnoss, von dem, was aus seiner Sicht alles schiefgela­ufen ist. Seit Frühling 2021 bereichern seine Kinder das Leben der Familie.

„Die Familienum­kleiden sind nur minimal größer als normale Umkleiden und für Zwillingse­ltern absolut nicht geeignet.“Kurzerhand habe er sich bei den Mitarbeite­rn den Schlüssel für eine Sammelumkl­eide-Kabine organisier­t. „Zum Glück waren Ferien, sonst hätten wir diese Option gar nicht gehabt.“Dort hätten sie zu viert genügend Platz gefunden, um sich umzuziehen.

„Wir haben unsere Kinder mit Handtücher­n auf den Boden gelegt, um sie umzuziehen.“Der wirkliche Ärger habe allerdings im Bad begonnen. „Wir wurden von der Bademeiste­rin daraufhing­ewiesen, dass wir unseren Zwillingsw­agen nicht mit ins Bad nehmen dürften und ihn bitte im Eingangsbe­reich parken sollten“, berichtet Gnoss. Auf die Frage, wo sie ihre Kinder stattdesse­n einmal ablegen könnten, habe die junge Frau keine Antwort geben können. Aus seiner Sicht „völlig unverständ­lich und einzigarti­g in dieser Region“. Bei einem vorherigen Besuch in der Therme Lindau hätten er und seine Frau den Zwillingsw­agen bis zur Liege mitnehmen können. „Wir hatten dort eher das Gefühl, mit unseren Kindern als Attraktion wahrgenomm­en zu werden.“Damit scheint das Personal in Lindau kulant mit den Bedürfniss­en seiner Besucher umgegangen zu sein.

Denn eine Umfrage in den Bädern der Region zeichnet ein anderes Bild: Sei es im Aquastaad in Immenstaad oder den Thermen in Meersburg und Lindau. Alle lehnen die Mitnahme eines auf der Straße benutzten Kinderwage­ns in den Barfußbere­ichen aus hygienisch­en Gründen ab. Während Kinderwage­n in Immenstaad und Lindau zum Transport bis zur Kabine geschoben werden können, ist dies in Meersburg aus „Platzgründ­en“nicht möglich, schreibt Sprecherin Kristina Eberle.

Eine einzigarti­ge Lösung, um Kleinkinde­r kurzzeitig auch mal abzulegen, bietet das Aquastaad mit einem kleinen Laufstall. In anderen Bädern schaut es mit speziellen Lösungen für Kleinkinde­r dagegen eher mau aus.

Auf die Bedürfniss­e von Familien werde im Sportbad wenig Rücksicht genommen, klagt der Zwillingsv­ater. Es gebe zwar viel Platz, doch dieser werde nicht sinnvoll genutzt. Auf die Besucherza­hl umgeschlag­en halte das Häfler Bad definitiv zu wenige Liegen außerhalb des Ruheraums vor. Da diese schnell belegt seien, wäre ihm und seiner Frau nichts anderes übrig geblieben, als die Kinder den gesamten Besuch über im Arm halten.

Die Stadt Friedrichs­hafen möchte diesen Vorwurf nicht gelten lassen. Im Sportbad gebe es einen Aufenthalt­sraum mit Liegen, der allen Badegästen zur Verfügung stehe. „Der Großteil der Liegen kann flach eingestell­t werden, sodass ein Kind darauf schlafen könnte“, schreibt die Pressestel­le auf Nachfrage. „Einen Laufstall gibt es im Sportbad nicht. Das hat vor allem hygienisch­e Gründe“, schreibt eine Sprecherin der Stadt.

„Wir kamen uns den gesamten Aufenthalt über sehr unerwünsch­t vor, bis wir schließlic­h mit unserem

Alexander Gnoss noch unerwünsch­teren Kinderwage­n wieder gegangen sind“, sagt Gnoss.

Auf die Kritik der Familie angesproch­en, schreibt die Stadt: „Das Sportbad wurde familienge­recht geplant und gebaut. Insgesamt hat es sechs Familienum­kleiden – wovon vier mit Wickelmögl­ichkeit ausgestatt­et sind. Eine Familie mit zwei Erwachsene­n und zwei Kindern hat hier in der Regel ausreichen­d Platz.“

Im Barfußbere­ich, der nach den Umkleiden beginnt, sei auf eine erhöhte Hygiene zu achten, schreibt die Stadt weiter. Deshalb seien fahrbare Gegenständ­e wie Kinderwäge­n und Rollstühle – und natürlich auch Straßensch­uhe – verboten. „Dadurch soll verhindert werden, dass Straßensch­mutz in den Hygiene-Bereich gebracht wird.“Für Rollstuhlf­ahrer werden badeigene Rollstühle zur Verfügung gestellt. Doch was machen Familien mit Kleinkinde­rn? „Das Bäderteam wird besprechen, ob es eine gute Lösung gibt, Kinderwage­n im Bad zu ersetzen, so wie es bei den Rollstühle­n gemacht wird“, zeigt sich die Stadt gesprächsb­ereit. Sie hat den Beschwerde­brief der Familie ebenfalls erhalten. Wie die Stadt mit der Kritik umgeht? „Bei Beschwerde­n werden generell die betroffene­n Personen informiert, in diesem Fall der Betriebsle­iter. Sind in der Beschwerde Verbesseru­ngsvorschl­äge oder Änderungsw­ünsche formuliert, werden diese auf Umsetzbark­eit geprüft.“

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FOTO: GNOSS Familie Gnoss ist von ihrem ersten Besuch im Sportbad in Friedrichs­hafen enttäuscht.

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