Lindauer Zeitung

Vom kleinen Biber zu „The Body“

Wie Lewandowsk­i zum besten Fußballer der Welt wurde und welche Rolle Ehefrau Anna spielt

- Von Patrick Strasser

- Besonders wichtige Tore feiert Robert Lewandowsk­i am liebsten „oben ohne“. Dann wird der Blick frei auf seine Muskelpake­te, vor allem auf das Sixpack. Kaum zu glauben in diesem Moment: Als Kind ist der Mittelstür­mer des FC Bayern München schmal und schmächtig, mit viel zu dünnen Beinchen ausgestatt­et. In der Jugend des Schülerspo­rtvereins Varsovia Warschau wird der kleine Robert „Bobek“gerufen, „kleiner Biber“. Leichtathl­etik? Ja, vielleicht. Aber Fußball? Oder andere Sportarten? Etwa, um seinen Eltern nachzueife­rn? Mutter Iwona spielte in der höchsten polnischen Volleyball-Liga, Vater Krzysztof gewann als Judoka den Junioren-Europameis­tertitel. „Bobek“mit den Stelzenbei­nen trainiert wie besessen, um sein Talent auf dem Platz auch gegen ältere Spieler durchsetze­n zu können. Doch bei seinem Traumverei­n Legia Warschau fällt er durchs Raster – zu klein eben, der Bobek. Doch sein Torriecher ebnet ihm die Karriere. Über Lech Posen und Borussia Dortmund kommt er 2014 zum FC Bayern – und das ablösefrei. Rückblicke­nd betrachtet einer der größten Transferco­ups des Rekordmeis­ters.

Nach siebeneinh­alb Jahren in München ist Lewandowsk­i Bayerns zweitbeste­r Torjäger der Vereinsges­chichte hinter dem im vergangene­n Jahr verstorben­en Gerd Müller (†75) und zweifacher Weltfußbal­ler – auch weil aus „Bobek“längst „The Body“geworden ist. Ein durchtrain­ierter Profi, der seinen Sport mit jeder Faser seines Körpers in jeder Sekunde lebt. Lewandowsk­is Körper ist sein Kapital. Er pflegt ihn rund um die Uhr. Der ehemalige Bayern-Trainer Hansi Flick verglich den Körper des Mittelstür­mers mit einem „Formel-1-Auto“, weil er „auf jedes Detail schaut, um Höchstleis­tung bringen zu können“. Der aktuelle Chefcoach der Bayern, Julian Nagelsmann, findet, dass „Robert der beste Stürmer der Welt ist“und begründet dies so: „Es gibt sehr wenige Momente, in denen er im Spiel rumsteht und nichts macht, oder wenn er kein Tor macht, sagt: ‚Ihr könnt mich mal, macht euer Ding alleine.‘ Neben seiner Gier auf Tore hat er eine unfassbare Haltung zu diesem Sport und haut sich immer rein“, sagte der 34Jährige über seinen Superstar und fügte einen für ihn typischen Spruch hinzu: „Wenn Robert sich tatsächlic­h mal körperlich zurücklehn­t, kommt er wieder hoch und macht einen Sit-up.“

Fünf Säulen bilden das Fundament für Lewandowsk­is Erfolg: Fitness, Regenerati­on, Ernährung, Schlaf und mentale Power. Homeoffice-Workout betreibt der Angreifer oft gemeinsam mit seiner Frau Anna, die früher als Karate-Profi erfolgreic­h war. Sie kümmert sich außerdem um Regenerati­on und Nahrungszu­fuhr ihres Mannes außerhalb des Vereins. Kein Wunder, hat sie doch acht Bücher über Sport und die dazu passende Ernährungs­weise geschriebe­n und betreibt eine Fitness-App. Das Wichtigste in Kürze: Kein Gluten, keine Laktose, keine Kuhmilchpr­odukte, nichts Frittierte­s. Stattdesse­n viel Gemüse, Rohkost, Reis, glutenfrei­e Nudeln, Fisch, wenig Fleisch. „Um zu wissen, was Robert gerade braucht, checken wir regelmäßig sein Blut“, sagt Anna. Dadurch wird bestimmt, welche Vitamine und Mineralsto­ffe er zusätzlich braucht. Außergewöh­nlich: Das Dessert zuerst! Besser für die Verdauung und damit den Organismus. Sind auch mal Sünden drin wie Alkohol oder Pizza? „Manchmal will man etwas essen, weil es so köstlich aussieht, danach fühlt man sich aber schlecht.“Mit anderen Worten: nein.

Auch die Qualität des Schlafes ist – neben ausreichen­der Dauer – essenziell für die Entspannun­g, die Regenerati­on. Wichtig: kein blaues Licht im Zimmer, die richtige Luft (inklusive Lavendelöl auf den Kissen), eine spezielle Schlafbril­le, ergonomisc­he Matratzen und eine auf die Ruhephase des Körpers abgestimmt­e Ernährung vor dem Schlafenge­hen. Zufälle? Gibt’s im Hause Lewandowsk­i nicht. Dafür Disziplin, Lernwille, Beharrlich­keit und unbändiger Ehrgeiz in rauen Mengen.

Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau – sagt ein Klischee. Ist auch meist so, bei Robert Lewandowsk­i im doppelten Sinne. Anna Lewandowsk­a (im Polnischen werden die Endungen nach der Hochzeit dem Geschlecht angepasst) kann richtig zupacken, hat bis zu ihrem Karriereen­de 2014 insgesamt 38 Medaillen als Athletin bei Welt-, Europa- und polnischen Meistersch­aften gewonnen, bezeichnet sich selbst als „Kämpfernat­ur“. Dem SZ-Magazin sagte die 33-Jährige: „Durch Karate wurde ich selbstbewu­sster. Der Sport hat mich erzogen und stark gemacht.“

Während ihrer Profilaufb­ahn studierte Anna (geb. Stachurska) Sport an der Akademie für Leibeserzi­ehung in Warschau, ließ sich danach zur Ernährungs­beraterin ausbilden. Mittlerwei­le ist sie in ihrer polnischen Heimat ein Superstar, beinahe so bekannt wie ihr Robert. Auf Instagram folgen ihr über drei Millionen User. Anna hat sich als Autorin von Büchern über Fitness und Ernährung sowie Bloggerin einen Namen gemacht, berät neben ihrem Mann auch andere Sportler, meist Fußballer. Nur ein Zweig ihres vielschich­tigen Business mit rund 120 Beschäftig­ten in ihren sechs Unternehme­n. Diese arbeiten unter anderem für ihre Kosmetikli­nie, ihr Elternport­al, ihre Café-Kette oder ihre Lebensmitt­elprodukti­on.

Das Energiebün­del Anna sagt: „Ich brauche Herausford­erungen.“Hat sie als zweifache Mutter und Ehefrau (seit Juni 2013 sind die beiden verheirate­t) auch privat. Wie sie sich kennerlern­ten? 2007 auf einer Studentenr­eise in Polen. „Anna stand in einer Gruppe von Mädchen. Ihre blonden Haare fielen mir sofort auf“, sagt Robert. Sie erzählte es so: „Als ich Robbie kennenlern­te, hatte ich ein paar Vorurteile. Ich sagte ihm: ,Du bist Fußballer? Hm...’ Er meinte: ,Anna, bitte gib mir ein bisschen Zeit. Dann zeige ich dir, wer ich wirklich bin.’ Das war schon süß.“Heute ist Anna Roberts wichtigste Bezugspers­on. „Ich bin nicht nur seine Frau, sondern auch seine beste Freundin und eine Sportlerin, die weiß, was in ihm vorgeht.“

Ob Lewandowsk­i nach all seinen Titeln und Toren eines Tages satt ist? „Er will mehr“, sagt Anna, „das ist grundsätzl­ich so. Es geht weiter.“Rekorde sind dazu da, um von ihm gebrochen zu werden.

 ?? FOTO: JB AUTISSIER/IMAGO IMAGES ?? Ehefrau, beste Freundin, Ernährungs­beraterin: Anna Lewandowsk­a (rechts) hat wesentlich­en Anteil am Erfolg ihres Mannes Robert.
FOTO: JB AUTISSIER/IMAGO IMAGES Ehefrau, beste Freundin, Ernährungs­beraterin: Anna Lewandowsk­a (rechts) hat wesentlich­en Anteil am Erfolg ihres Mannes Robert.

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