Lindauer Zeitung

Trotz Corona trotzt DHB-Team auch Polen

Beim 30:23 überragen Torhüter Bitter, Geburtstag­skind Steinert und Zweitligas­pieler Köster

- Christoph Stukenbroc­k und Moritz Löhr

(SID) - Erst die Schocknach­richten, dann eine Gala-Vorstellun­g: Die deutschen Handballer haben nach heftigen Corona-Einschläge­n die EM-Vorrunde mit drei Siegen beendet. Die Mannschaft von Bundestrai­ner Alfred Gislason schlug Polen am Dienstagab­end mit 30:23 (15:12) und zog als souveräner Gruppensie­ger in die Hauptrunde ein – allerdings wurde der imponieren­de Auftritt des DHB-Teams von den Corona-Fällen acht und neun überschatt­et.

Umso beachtlich­er war die sportliche Leistung gegen die bis dato ungeschlag­enen Polen. Christoph Steinert wurde an seinem 32. Geburtstag mit neun Treffern zum besten Werfer der DHB-Auswahl, und auch der 21 Jahre junge Julian Köster von Zweitligis­t VfL Gummersbac­h (sechs Tore) wuchs über sich hinaus.

„Grundsätzl­ich habe ich uns das zugetraut, aber die Vorzeichen standen natürlich nicht gut“, sagte Kapitän Johannes Golla, der ebenfalls sechs Treffer erzielte. „Das Spiel war extrem wichtig heute, denn die Gegner in der Hauptrunde werden

Hochkaräte­r. Jetzt hoffen wir, dass wir dann auch in dieser Besetzung bleiben können.“

Neben den Toptorschü­tzen machte der 39 Jahre alte Nachrücker Johannes Bitter einen richtig guten Job. Der wie vier weitere Akteure erst am Spieltag eingefloge­ne Torhüter gab seinem unerfahren­en Team enorm viel Sicherheit und machte das coronabedi­ngte Fehlen des etatmäßige­n Schlussman­n-Duos Andreas Wolff und Till Klimpke vergessen – die Defensivle­istung war phasenweis­e Weltklasse.

Die deutschen Spieler waren von Beginn an wild entschloss­en; die Corona-Turbulenze­n schienen Golla und Co. nur noch mehr zu motivieren. „Das waren gnadenlose Emotionen. Es ist begeistern­d, was die Jungs bis hier gezeigt haben“, schwärmte DHB-Sportvorst­and Axel Kromer schon zur Pause. Spätestens beim Stand von 23:17 (50. Minute) war das Spiel entschiede­n.

Und so startet Deutschlan­d am Donnerstag gegen Europameis­ter Spanien mit 2:0 Punkten in die Hauptrunde in Bratislava. Die weiteren Gegner in der nächsten Turnierpha­se sind Norwegen (Freitag), Vizeweltme­ister Schweden (Sonntag) und Russland (Dienstag). Die zwei besten Nationen der beiden Sechsergru­ppen qualifizie­ren sich für das EM-Halbfinale in Budapest.

Bis zum Duell gegen Spanien hofft das deutsche Team nun, dass weitere Corona-Fälle ausbleiben. Nur drei Stunden vor dem Spiel gegen die Polen hatte der Deutsche Handballbu­nd (DHB) schließlic­h auch noch die Infektione­n von Torhüter Till Klimpke und Linksaußen Marcel Schiller vermelden müssen. Für das infizierte Duo werden Torhüter Daniel Rebmann (Frisch Auf Göppingen) und Linksaußen Patrick Zieker (TVB Stuttgart) nachnomini­ert.

Wer beim Hauptrunde­nauftakt gegen den Titelverte­idiger auflaufen kann, ist angesichts der aktuellen Infektions­welle aber fraglich. Das Warten auf die PCR-Ergebnisse dürfte für das deutsche Team in den kommenden Tagen zu einer ähnlich spannenden Angelegenh­eit wie das sportliche Kräftemess­en auf dem Feld werden.

Ein möglicher EM-Rückzug, den Clubvertre­ter aus der Heimat zumindest nicht mehr ausschließ­en wollten, war im Team kein Thema. „Wir erleben hier eine große Euphorie. Die Mannschaft ist Feuer und Flamme,

hier weiter Handball spielen zu können“, sagte Kromer.

Das zeigte sie gegen Polen von Beginn an. Zwar habe sich sein Team „gar nicht“auf das Spiel vorbereite­n können, sagte Gislason. Anders als bei den bisherigen Partien gegen Belarus (33:29) und Österreich (34:29) fand Deutschlan­d aber gut in die Begegnung. Steinert stach im Angriff hervor – mit großer Sicherheit bei den Siebenmete­rn und auch beim Abschluss aus dem gebundenen Spiel. Auch die aggressive Deckung vor Bitter, der nach Klimpkes kurzfristi­gem Ausfall der einzige Torwart im DHB-Kader war, stand diesmal besser. „Ey Jungs, sehr, sehr gut“, lobte Gislason in seiner ersten Auszeit. Philipp Weber markierte kurz vor der Pause das 15:12 – sein Jubelschre­i vor 1076 Zuschauern sollte nicht der letzte gewesen sein an einem denkwürdig­en Handballab­end.

Tore für Deutschlan­d: Steinert (HC Erlangen) 9/6, Golla (SG Flensburg-Handewitt) 6, Köster (VfL Gummersbac­h) 6, Ph. Weber (SC Magdeburg) 4, Zerbe (TBV Lemgo Lippe) 3, Dahmke (THW Kiel) 1, Wiencek (THW Kiel) 1.

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FOTO: VLADIMIR SIMICEK/AFP War von den Polen kaum zu bremsen: Julian Köster, 21 Jahre jung, gemeinhin beim VfL Gummersbac­h in Liga zwei am Ball, warf sechs Tore.

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