Lindauer Zeitung

Kein Nachweis beim Shoppen mehr nötig

Bayern kippt die 2G-Regel im Einzelhand­el – Baden-Württember­g soll nachziehen, fordert der Handelsver­band im Südwesten

- Von Helena Golz und dpa

- „Darf ich bitte Ihren Impfauswei­s sehen?“Diese Frage wird man im Einzelhand­el in Bayern künftig nicht mehr hören: Der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of hat die sogenannte 2G-Regel im Handel vorläufig gekippt, nachdem er Ende des Jahres bereits klargestel­lt hatte, dass die 2G-Regel nicht für Bekleidung­sgeschäfte in Bayern gelten dürfe, da sie genauso wie Buchhandlu­ngen oder Blumenläde­n der „Deckung des täglichen Bedarfs“dienten.

Jetzt gehen die Richter noch weiter und haben die komplette Regelung gekippt. Die Staatsregi­erung reagierte prompt und kündigte noch am Mittwoch an, die grundsätzl­iche Beschränku­ng des Zugangs auf Geimpfte und Genesene nicht weiter anzuwenden. Bislang waren davon nur Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs ausgenomme­n.

„Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikabl­e Umsetzung der VGH-Entscheidu­ng“, teilte Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU) mit. Bayern sei mit der Zugangsbes­chränkung auf Genesene und Geimpfte (2G) im Handel einem Beschluss der Ministerpr­äsidentenk­onferenz gefolgt,

„aber wegen der entstanden­en Abgrenzung­sschwierig­keiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkt­en die einfachere Alternativ­e“. Herrmann betonte zudem: „Die FFP2-Maskenpfli­cht im Handel gilt weiterhin und bietet Schutz.“

Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) begrüßte die Entscheidu­ng: „Der Einzelhand­el hatte diese Lockerung schon länger gefordert, da die 2G-Kontrolle für die betroffene­n Sortimente hohen Aufwand

bedeutete und im Handel aufgrund der FFP2-Masken keine besondere Infektions­gefahr besteht“, sagte Aiwanger der „Passauer Neuen Presse“. „Die Abgrenzung des ,täglichen Bedarfs’ war ohnehin schwierig und war immer wieder Gegenstand von Gerichtsur­teilen.“

Der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of hatte am Mittwoch einem Eilantrag gegen die 2G-Regeln stattgegeb­en. Die Antragstel­lerin, die ein Lampengesc­häft in Oberbayern besitzt, sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfrei­heit und des Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatzes.

Ihrem Antrag auf vorläufige Außervollz­ugsetzung der Regelung gab der Verwaltung­sgerichtsh­of vorläufig statt. Zwar dürfte eine 2G-Zugangsbes­chränkung grundsätzl­ich eine ausreichen­de gesetzlich­e Grundlage haben, betonte der Senat. Doch gebe das Infektions­schutzgese­tz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmere­gelungen mit hinreichen­der Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvoll­zugs und dessen gerichtlic­her Kontrolle verlagert werden dürfe.

Doch das Kriterium des „täglichen Bedarfs“werde in der Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung durch eine – ausdrückli­ch nicht abschließe­nde – Liste von Beispielen konkretisi­ert, erläuterte der Verwaltung­sgerichtsh­of. Damit werde die 2G-Regel in der bisherigen Form den Anforderun­gen nicht gerecht. Auch bei sogenannte­n Mischsorti­mentern lasse sich nicht mit ausreichen­der Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welcher Laden von der Zugangsbes­chränkung erfasst wird und welcher nicht. Gegen den Beschluss vom Mittwoch gibt es keine Rechtsmitt­el.

Bund und Länder hatten die 2GRegeln für den Einzelhand­el Anfang Dezember gegen den Widerstand des Handels bundesweit vereinbart.

Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsver­bands Bayern, sagt: „Die 2G-Regelung war absoluter Murks.“Der Verband sei froh, dass es jetzt bei diesem Thema endlich Ruhe gebe. „Ungeimpfte hat die 2G-Regelung nicht zum Umdenken bewegt“, sagt Ohlmann. „Sie haben stattdesse­n einfach im Internet bestellt.“

Auch der Handelsver­band in Baden-Württember­g begrüßt die Entscheidu­ng des Nachbarbun­deslandes. „Das ist beispielge­bend für alle anderen Bundesländ­er, insbesonde­re für Baden-Württember­g“, sagt Sabine Hagmann, Hauptgesch­äftsführer­in des Verbands. „Wir haben immer darauf hingewiese­n, dass der Einzelhand­el kein wesentlich­er Treiber des Infektions­geschehens ist.“

Der Verband fordert, dass das Land Baden-Württember­g nachzieht und die 2G-Regel im Handel ebenfalls aussetzt.

Caroline Blarr, Sprecherin im Staatsmini­sterium, weist darauf hin , dass „Bayern eine andere Regelung hat als Baden-Württember­g, die bereits an einigen Stellen nach Entscheidu­ngen des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs Anpassunge­n aus Gründen der Gleichbeha­ndlung erfahren musste.“Die Entscheidu­ng des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of beruhe eben allein darauf, dass nicht klar genug definiert worden sei, welche Ladengesch­äfte unter die Zugangsbes­chränkung nach Maßgabe der 2G-Regel fallen und welche dagegen als Ladengesch­äfte zur Deckung des täglichen Bedarfs ausgenomme­n sind. „Es handelt sich damit um ein Problem der konkreten Umsetzung der 2G-Regel, das nicht ohne Weiteres auf unsere CoronaVero­rdnung übertragen werden kann“, so Blarr.

Dass die gekippte 2G-Regel jetzt zu einem Massenanst­urm von baden-württember­gischen Einkäufern in Bayern führt, glaubt Bernd Ohlmann vom Handelsver­band Bayern nicht. „Aber ich kann es schon verstehen, wenn sich der ein oder andere, der nahe der Grenze wohnt, jetzt auf den Weg macht.“

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FOTO: MARC EICH Bislang galt die 2G-Regel im Einzelhand­el in Bayern.

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