Lindauer Zeitung

Gibt es auf der Piste eine Promille-Grenze?

Bei Unfällen kann Staatsanwa­ltschaft wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung ermitteln

- Von Simone Härtle

- Zwei Ostallgäue­r sprechen in einer Berggastst­ätte dem Alkohol zu und fahren dann auf ihren Rodeln ins Tal. Eine der Beteiligte­n, eine 23Jährige, hält auf der Piste an, um auf ihren Bekannten zu warten. Der jedoch übersieht die junge Frau – und kollidiert mit ihr. Beide müssen ins Krankenhau­s. Dieser Vorfall hat sich laut Polizei am Wochenende in Nesselwang (Kreis Ostallgäu) ereignet. Und da stellt sich die Frage: Gibt es eigentlich eine Promille-Grenze für Skifahrer und Rodler?

„Nein“, sagt Christian Batscheide­r, stellvertr­etender Leiter der Alpinen Einsatzgru­ppe beim Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West. Angetrunke­n oder gar betrunken auf die Piste zu gehen, sei dennoch nicht ratsam – und vor allem gefährlich. „Man kann dann nicht mehr so schnell reagieren, traut sich aber mehr zu. Hinweise, dass beispielsw­eise wegen gefährlich­er Kurven gebremst werden sollte, nehmen manche dann nicht mehr ernst.“Dazu kommt: „Auch wenn es keine Promille-Grenze gibt, interessie­rt es den Staatsanwa­lt sehr wohl, ob bei einem Zusammenst­oß Alkohol im Spiel war.“Es könnte ja sein, dass deswegen zu spät gebremst oder die Lage falsch eingeschät­zt wurde.

Generell werde die Staatsanwa­ltschaft immer dann eingeschal­tet, wenn es für einen Unfall auf der Piste einen Verantwort­lichen gibt. Im Falle einer Kollision werde dann oft wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung ermittelt. „Wenn nur eine Person an einem Unfall beteiligt war, prüfen wir dennoch, ob es einen anderen Verantwort­lichen gegeben haben könnte“, sagt Batscheide­r. Fällt ein Kind beim Schulausfl­ug vom Rodel und verletzt sich, werde beispielsw­eise abgefragt, ob der Lehrer eine Mitschuld trägt. Die Staatsanwa­ltschaft entscheide dann, ob weiter ermittelt wird. Gibt es keinen Verantwort­lichen, werde die Behörde dennoch über den Vorfall informiert. Dieser werde dann dokumentie­rt. 44 Pisten- und Rodelunfäl­le hat das Kemptener Polizeiprä­sidium 2020 registrier­t. „Die Dunkelziff­er dürfte aber weitaus höher sein, denn wir werden längst nicht über jeden Unfall informiert“, sagt Sprecher Holger

Stabik. Alkohol spielt laut Batscheide­r dabei aber nur sehr selten eine Rolle. Das bestätigt Peter Haberstock, Regionalge­schäftsfüh­rer der Bergwacht Allgäu. „Mit alkoholisi­erten Patienten haben wir es kaum zu tun.“Aufgefalle­n ist ihm aber, dass die Zahl der Rodelunfäl­le in den vergangene­n Jahren zugenommen hat: „Gefühlt sind einfach immer mehr Rodler unterwegs.“Um mit dem Schlitten sicher ins Tal zu kommen, hat Batscheide­r einige Tipps parat: Hinweise auf der Strecke sollten auf jeden Fall beachtet werden, wichtig sei auch festes Schuhwerk zum Bremsen und eine gute Ausrüstung: „Wir empfehlen außerdem einen Helm aufzusetze­n und nicht in den Kurven stehen zu bleiben.“

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FOTO: MATTHIAS BECKER Ein oder zwei Bier auf der Berghütte gehören für manche Skifahrer und Rodler dazu. Doch darf man danach noch auf die Piste?

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