Ein wahrer Unterwasserkoloss
gleich in unserer Runde diskutiert – man hat sich gefragt, was genau passiert ist und was noch passieren könnte“, berichtet Riedel. Als erstes habe er eine Satellitenanimation der Eruption gesehen: „Die hat mich so sehr beeindruckt und auch fassungslos gemacht, mit welcher Wucht so ein Vulkan ausbrechen kann. Wenn man sich die Satellitenbilder anschaut, könnte man meinen, dass eine große Atombombe in diesem Bereich gezündet wurde“, schildert er. Seine Einschätzungen bestätigt ein Twitter-Auszug von „Faszination Wetter“, mit einem Screenshot hat er festgehalten, dass Wissenschaftler der amerikanischen Weltraumbehörde NASA die Stärke des Vulkanausbruchs auf ein „Äquivalent“von circa zehn Megatonnen TNT-Sprengstoff schätzen, was „mehr als dem 500-fachen der Sprengkraft der Hiroshima-Atombombe“entspreche.
Timo Riedel konnte „in dem Satellitenfilm sogar eine Druckwelle beobachten, die sich auf dem ganzen Globus ausbreitete“. Daraufhin habe er auf Twitter weiter recherchiert und erfahren, „dass Japan eine Tsunami-Warnung ausgegeben hatte“. Von der japanischen Hauptstadt Tokio nach Nuku’alofa, in die Hauptstadt des Inselreichs Tonga, sind es knapp 8000 Kilometer übers Meer.
„Parallel verfolgte ich den Fernsehsender NHK World“, erzählt Riedel weiter, „um auf dem aktuellen Stand der Tsunami-Warnung zu bleiben“. Für umliegende Inseln und Küsten im Pazifik sei eine Welle von bis zu drei Metern Höhe vorhergesagt worden. In Isny hätten ihn „nach ein paar Stunden zum Beispiel Meldungen über einen Wasserrückgang an den Küsten von Chile erreicht, der ein Indiz für einen Tsunami sein könnte“. Zudem habe es eine Meldung aus Alaska gegeben, „in der berichtet wurde, dass die Schockwelle dort deutlich zu hören war“. Von Tonga bis nach Anchorage, der größten Stadt in Alaska, sind es Luftlinie rund 9400 Kilometer.
Der Isnyer Naturbeobachter war endgültig gefesselt: „Nun fragte ich mich, ob man vielleicht diese Schockwelle auch in Europa, in Deutschland hören beziehungsweise spüren würde.“Weil zwischen Isny
Laut eines Online-Berichts des Fernsehsenders SRF ist der Unterwasservulkan Hunga-TongaHunga-Ha'apai rund 1800 Meter hoch und etwa 20 Kilometer breit. Er habe erstmals 2009 bei einer Eruption die Meeresoberfläche durchbrochen, zum Jahreswechsel 2014/15 wieder zu brodeln begonnen und anschließend wochenlang Schlamm- und Aschefontänen aus dem Pazifik gespuckt. Die Eruption habe damals monatelang Material an
und Tonga ziemlich genau 17 000 Kilometer liegen, waren akustische Wahrnehmungen eher unwahrscheinlich. Riedel überlegte deshalb, und auch, weil er kein Infraschall-Messgerät besitzt, „ob man die Druckwelle, die Druckdifferenzen des Vulkanausbruchs, eventuell mit einem Barometer erfassen und messen könnte“.
Erst habe er Zweifel gehabt, ob die „langsame Abtastrate meiner Wetterstation“die Schockwelle überhaupt erfassen würde. „Doch als die erste Meldung gegen 20 Uhr mit Luftdruckschwankungen aus Hamburg eintrudelte, blickte ich zunehmend auf mein Barometer“, berichtet Riedel über spannende Minuten. Er hatte Berechnungen gefunden, nach denen „diese Art von die Oberfläche befördert, bis schließlich eine neue, circa zwei Kilometer lange Insel entstanden war – die sich zum Erstaunen von Experten über die Jahre stabilisierte.
Durch den erneuten gewaltigen Ausbruch am vergangenen Samstag sei diese Insel nun wieder fast vollständig verschwunden. Die Satellitenbilder der vergangenen Tage zeigen nur noch knapp eine Handvoll winziger Inseln.
(sts)
Schockwelle“ungefähr 15 Stunden vom Südpazifik bis ins Allgäu benötigen würde, was als „Zeitfenster“21 bis 23 Uhr bedeutet hätte. Er selbst rechnete mit etwa 20 Uhr, denn die Eruption war gegen 5 Uhr Mitteleuropäischer Zeit erfolgt.
„Gegen 20.20 Uhr fing mein Barometer zu steigen an“, erzählt Riedel, der Luftdruck sei „innerhalb weniger Minuten“um 1,3 Hektopascal (hPa) angestiegen und kurz darauf wieder um 2,4 hPa gefallen: „Für mich war das ein Zeichen, dass sich am Anfang der Schockwelle ein Überdruck aufgebaut hatte, und kurz darauf ein Unterdruck (Vakuum) folgte.“Seine Wetterstation hat diese Spitze, den „Peak“, und das anschließende Tal genau erfasst.
In Deutschland sei „die Schockwelle messtechnisch zuerst in Hamburg registriert worden, die Wellenausbreitung musste aus Norden gekommen sein“, fährt Riedel fort. Bemerkenswert sei indes gewesen, dass in der zweiten Nachthälfte eine weitere Welle aus der entgegengesetzten Richtung in Isny angekommen sei, allerdings nicht mehr so ausgeprägt wie die erste. Die Schockwellen „rollten“tatsächlich rund um den Globus.
„Für mich war es einfach nur noch faszinierend, dass man die Ausläufer eines so extremen Vulkanausbruchs, ein Naturereignis, eine Naturkatastrophe auf der anderen Seite der Welt, auch hier im Allgäu spüren konnte“, schließt Timo Riedel seine Schilderungen.