„Natürlich ist Florian nicht perfekt. Aber wer ist das schon?“
- Als Florian Köbach elf Jahre alt ist, verhält er sich wie ein Junge aus einer anderen Welt. Den die Behörden als geistig behindert einstufen. Der nicht richtig sprechen kann und der nur ein paar wenige Worte beherrscht. Der vor seinem Pflegevater Herbert Köbach sitzt und oft sagt: „Flugzeug.“Weil der Blick zum Himmel ihm alles bedeutet. Der beobachtet, wie die Flieger auf dem blauen Hintergrund ihre weißen Streifen malen, um plötzlich aus dem Sichtfeld zu verschwinden und der Wasserdampf ganz langsam in sich zerfällt. Bis ein neues Flugzeug auftaucht und seine vergänglichen Linien in die Atmosphäre zeichnet. „Flugzeug.“
Die Faszination fürs Fliegen ist Florian Köbach geblieben. Inzwischen ist aus dem Jungen ein selbstbewusster Mann geworden. Kräftig und groß ist der 22-Jährige, mit dem Kopf reicht er beinahe an die niedrigen Decken des alten Hauses, in dem er in Riesbürg, 30 Kilometer östlich von Aalen, zusammen mit Herbert Köbach wohnt. Und auch um Worte ist er schon lange nicht mehr verlegen, im Gegenteil. „Ich weiß nicht, warum die Menschen mich so behandeln“, sagt er. „Ich bin nicht geistig behindert.“Weil das aber nicht alle so sehen, soll es nun zum Gerichtsprozess kommen.
Doch was genau bedeutet eigentlich „geistig behindert“? Entscheidend für die Diagnose ist eine verlangsamte Entwicklung der kognitiven Leistungsfähigkeit, wie es im Wissenschaftsdeutsch heißt, also beim Denken, Lernen, Wahrnehmen oder bei der Aufmerksamkeit. Als Maßstab gilt der Intelligenzquotient (IQ), die meisten Menschen erreichen einen Wert zwischen 85 und 115 Punkten. Liegt er zwischen 50 und 70 ist die Rede von einer leichten Intelligenzminderung – also einer leichten geistigen Behinderung. Florian Köbach kommt im Grundschulalter
Der Betreuer Herbert Köbach
sortiert Müll, erkennt seine handwerkliche Begabung und steigt zum Schulsprecher auf. Und dann? Dann steht er vor einer Zukunft in einer Behindertenwerkstatt. Entlohnt durch nicht wesentlich mehr als ein Taschengeld. „Da wäre er vermutlich ein Leben lang dringeblieben“, sagt Herbert Köbach.
Florian hegt jedoch andere Pläne. Er sagt: „Ich mag das Arbeiten. Und ich mag das Lernen.“Bei einem Maurer absolviert er ein Praktikum, schnuppert bei der Deutschen Bahn als Zugbegleiter rein und beginnt schließlich beim Kolping-Werk in Donauwörth eine Ausbildung zum Schreinergehilfen, danach will er zum Vollschreiner lernen. Und verfolgt gleichzeitig ein für ihn nicht minder wichtiges Ziel. Denn genauso wie er im Berufsleben