Lindauer Zeitung

Corona-Boni bringen Grüne in Bedrängnis

Eine Woche vor den Wahlen für den neuen Vorstand ermittelt die Staatsanwa­ltschaft

- Von Dorothee Torebko

- Eigentlich hatten die Bundesvors­itzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck das Thema Corona-Boni zu den Akten gelegt. Doch nun sind die Grünen-Chefs in den Fokus der Justiz geraten. Es geht um Glaubwürdi­gkeit und einen Skandal, der für die Grünen angesichts der Wahl des neuen Bundesvors­tands in einer Woche zu einem ungünstige­n Zeitpunkt kommt. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Worum geht es?

Die Berliner Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen die sechs Mitglieder des grünen Bundesvors­tands. Dazu zählen neben Robert Habeck und Annalena Baerbock auch Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner, Schatzmeis­ter Marc Urbatsch, Jamila Schäfer und Ricarda Lang. Die Vorstandsm­itglieder sowie alle Mitarbeite­r der Bundesgesc­häftsstell­e hatten 2020 einen Corona-Bonus in Höhe von 1500 Euro erhalten. Grund für die Prämie war die höhere Belastung im Homeoffice und der Umbau der Geschäftss­telle während der Pandemie.

Warum ist das problemati­sch? Das Pikante: Der Vorstand hat sich die Gelder selbst bewilligt und ausgezahlt. Das kritisiert­en bereits im vergangene­n Jahr parteiinte­rne Rechnungsp­rüfer. Zudem hätten die Vorstände maximal einen tariflich geregelten Bonus von 300 Euro bekommen dürfen. Laut „Spiegel“-Informatio­nen sind in der Staatsanwa­ltschaft Berlin mehrere Anzeigen von Privatpers­onen eingegange­n.

Die Anwälte ermitteln nun, ob Baerbock, Habeck und Co. Geld zum Nachteil der Partei veruntreut haben.

Was sagen die Beschuldig­ten? Grünen-Chef und Wirtschaft­s- und Klimaminis­ter Habeck reagierte am Donnerstag bei einer Pressekonf­erenz mit Bayerns Ministerpr­äsident Söder genervt. „Die Corona-Boni sind längst zurückgeza­hlt“, sagte er. „Ansonsten wird das jetzt noch einmal staatsanwa­ltlich ermittelt und aufgeklärt“, ergänzte er. Dann sei das Kapitel „endgültig abgeschlos­sen“. Der Vorstand wolle nun vollumfäng­lich mit der Staatsanwa­ltschaft kooperiere­n, sagte ein Sprecher. Bundesland­wirtschaft­sminister Cem Özdemir geht davon aus, „dass das Verfahren am Ende so endet, dass da wenig dabei herauskomm­t“, sagte er .

Wie schlimm ist das für die Partei?

Für die Grünen kommt das Verfahren zur Unzeit. Kommende Woche wollen sie den neuen Bundesvors­tand wählen. Ricarda Lang, die sich um den Vorsitz bewirbt, ist in die Ermittlung­en verwickelt. Dass dies ihre Wahl als Vorsitzend­e zusammen mit dem Bundestags­abgeordnet­en Omid Nouripour gefährden könnte, gilt als unwahrsche­inlich. Dennoch setzt es den künftigen Vorstand unter Zugzwang. Die Corona-Boni waren mit zu spät gemeldeten Nebeneinkü­nften der Kanzlerkan­didatin Baerbock ein Baustein, der den Grünen den Wahlkampf verhagelte und die Chancen aufs Kanzleramt zunichte machte. Nouripour kündigte deshalb am Donnerstag an, dass er den Wahlkampf aufarbeite­n wolle, um Lehren für die Zukunft zu ziehen.

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FOTO: MALTE OSSOWSKI/SVEN SIMON/ MAGO IMAGES Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen den Grünen-Bundesvors­tand: Marc Urbatsch, Ricarda Lang, Robert Habeck, Annalena Baerbock, Michael Kellner und Jamila Schäfer (v.l.)

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