Lindauer Zeitung

„Ein zentrales Impfregist­er hätte Vorteile“

Stiko-Chef Mertens über Daten zur Kinderimpf­ung und den Genesenens­tatus

- Von Katja Korf

- Vor wenigen Tagen haben das RKI und Gesundheit­sminister Lauterbach den Genesenens­tatus nach einer Corona-Infektion halbiert: Von sechs auf drei Monate. Stiko-Chef Thomas Mertens zeigt sich im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung überrascht von dieser Entscheidu­ng.

Der Genesenens­tatus gilt jetzt nur noch drei Monate. Der Impfstatus dagegen weiter sechs. Warum dieser Unterschie­d?

Ich war offen gesagt auch überrascht über diese Entscheidu­ng des Robert-Koch-Instituts und Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums. Die Stiko hat mit dieser Entscheidu­ng auch nicht direkt zu tun. Solche Entscheidu­ngen gehören in das Aufgabenge­biet des RKI. Diese Regelungen zum Status (genesen/geimpft) sind letztlich rechtliche Regelungen, die leider komplizier­ter werden und auch in europäisch­e Reiseregel­ungen eingebunde­n sind.

Die Stiko hat in ihrer aktualisie­rten 16. Empfehlung den Mindestabs­tand einer möglichen Auffrischi­mpfung (3. Impfung oder sogenannte­r Booster) auf drei Monate verkürzt. Dies geschah wegen der augenblick­lichen Infektions­welle durch die Omikron-Virusvaria­nte, um einen raschen Booster ab 3 Monate nach der 2. Impfung zuzulassen – kürzer sollte der Abstand zwischen 2. und 3. Impfung aus Gründen der Wirksamkei­t

im Regelfall nicht sein. Aus Studien ist bekannt, dass der Schutz vor Omikron-Infektion drei Monate nach der zweiten Impfung bereits sehr weit verloren gegangen ist. Das bedeutet nicht, dass die Impfungen nicht sehr sinnvoll sind, da der Schutz vor Erkrankung länger anhält und nach dem Booster auch wieder sehr gut vorhanden ist.

Geimpfte mit dem Johnson & Johnson-Vakzin verlieren schneller ihren Impfstatus. Warum?

Durchbruch­sinfektion­en und auch Durchbruch­serkrankun­gen kommen nach der einmaligen Impfung mit dem J&J Impfstoff sehr viel häufiger vor. Daher hat die Stiko zur Optimierun­g der Grundimmun­isierung allen Personen mit nur einer J&J Impfung dringend eine rasche weitere 2. Impfung im Abstand von mindestens vier Wochen mit einem mRNA-Impfstoff empfohlen. Danach kann eine Auffrischi­mpfung (dritte Impfung) nach mindestens drei Monaten erfolgen. Die Auffrischi­mpfung erfolgt am besten wieder mit einem mRNAImpfst­off, kann aber bei Unverträgl­ichkeit oder auf besonderen Wunsch wieder mit J&J-Impfstoff erfolgen.

Brauchen wir aus Ihrer Sicht ein Impfregist­er?

Ein zentrales Impfregist­er hätte aus meiner Sicht mehrere Vorteile: Man könnte rasch genau feststelle­n, wie viele Menschen geimpft sind. Man kann seltene Nebenwirku­ngen rascher identifizi­eren und auch die Schutzwirk­ung der Impfungen gut direkt erfassen. Manche Länder in Europa haben solche Impfregist­er und gute Erfahrunge­n damit gemacht. Dagegen sprechen eigentlich nur die Kosten, der Aufwand bei der Erstellung und Sorgen um den Datenschut­z.

Gibt es absehbar genug Daten, um die Impfempfeh­lung für Kinder noch einmal zu prüfen und gegebenenf­alls zu erweitern?

Ja, es gibt neue Daten zur Verträglic­hkeit der Impfung fünf bis Elfjährige­r Kinder und diese werden derzeit genau analysiert. Nach Abschluss der Datenanaly­se und Bewertung wird die Stiko ihre bestehende Empfehlung, wie übrigens immer, überprüfen.

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