Kein Geld ohne Booster
Beschäftigte ohne Auffrischimpfung könnten Lohnfortzahlung bei Quarantäne verlieren
- Arbeitnehmer und Selbstständige könnten ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung verlieren, wenn sie keinen vollen Impfschutz durch eine Corona-Drittimpfung haben und in Quarantäne müssen. Das geht aus einem Kurzgutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hervor, das der Bundestag im Internet veröffentlicht hat und über das die „Bild“-Zeitung zuerst berichtet hatte. „Das Fehlen der Covid-19-Auffrischungsimpfung würde dann zum Ausschluss des Entschädigungsanspruchs führen“, zitiert die Zeitung aus dem Papier. Schließlich hätte man den Arbeitsausfall mit einer „öffentlich empfohlenen“dritten Impfung verhindern können.
Noch sei das Gutachten der Bundestagsjuristen aber in der Bundesregierung nicht konkret diskutiert worden, heißt es. Die „Bild“will aber aus Regierungskreisen erfahren haben, dass ein Wegfall von Lohnfortzahlungen für Arbeitnehmer ohne BoosterImpfung möglich sein könnte.
Eigentlich gewährt das Infektionsschutzgesetz Personen, die infiziert sind oder unter Infektionsverdacht stehen und denen deshalb eine Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit verboten ist, seit Anfang November einen Entschädigungsanspruch in Form von Geld. Davon ausgenommen sind ungeimpfte Arbeitnehmer. Den Bundestagsjuristen zufolge könne nun auch das Fehlen einer Auffrischoder Booster-Impfung zum Ausschluss der Entschädigung für den Verdienstausfall führen, wenn diese eine öffentlich empfohlene Impfung sei.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte am 18. November des vergangenen Jahres allen Personen ab 18 Jahren eine Covid-19-Auffrischimpfung
empfohlen und am 21. Dezember den Abstand für das Boostern von sechs auf drei Monate reduziert. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) besteht nämlich bereits ab 15 Wochen nach der zweiten Impfung kein ausreichender Schutz mehr gegen die Omikron-Variante.
Allerdings kommt es laut dem Gutachten der Parlamentsexpertinnen und -experten noch auf die Länder an: Erst wenn die obersten Landesgesundheitsbehörden auf Grundlage der Empfehlung der Stiko eine öffentliche Empfehlung zur Auffrischimpfung aussprechen, handele es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung im Sinne des Infektionsschutzgesetzes. Eine Übersicht über die Empfehlungen der Landesgesundheitsbehörden oder der Zahl möglicher Betroffener enthält die zweiseitige Expertise nicht.
Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“beim Gesundheitsministerium in Stuttgart bestätigte ein Sprecher, dass Baden-Württemberg die Stiko-Empfehlung zur Covid-19-Auffrischimpfung übernommen habe. Damit hätten Arbeitnehmer und Selbstständige im Südwesten, so sie nicht geboostert sind, im Quarantänefall keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung – sollte das Gutachten der Bundestagsjuristen Realität werden.
Die Impfquote bei Booster-Impfungen liegt laut RKI bei 48,3 Prozent (Stand 20. Januar). Damit wären Millionen Deutsche betroffen. Zahlreiche Impfwillige lassen sich noch nicht boostern, weil sie auf einen angepassten Omikron-Impfstoff warten. Unternehmen wie Biontech, Moderna oder Valneva arbeiten mit Hochdruck an einem entsprechenden Vakzin.