Lindauer Zeitung

Nur positive Kinder müssen in Quarantäne

Wegen Überlastun­g ist keine Kontaktnac­hverfolgun­g mehr möglich – Eltern in Sorge

- Von Julia Baumann

- Mehr als 200 gemeldete Neuinfekti­onen an einem Tag: Die Corona-Zahlen im Landkreis Lindau explodiere­n förmlich. Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r im Gesundheit­samt kommen nicht mehr hinterher. Aus diesem Grund werden an den Lindauer Schulen nur noch nachgewies­en infizierte Kinder in Quarantäne geschickt. Alle anderen, also auch enge Kontaktper­sonen, kommen weiter zum Unterricht. Das macht Eltern Sorgen.

Wie angespannt die Situation ist, zeigt das Beispiel einer Schule aus dem Landkreis: „Ein Kind nach dem anderen wird positiv“, schreibt eine Mutter. In einer Klasse seien gerade einmal noch drei Kinder gesund, der Rest habe sich bereits mit dem Coronaviru­s infiziert. Trotzdem würden auch Kinder, die Kontakt zu infizierte­n Klassenkam­eraden hatten, weiter in die Schule kommen. Denn das Landratsam­t verhänge für diese Kinder keine Quarantäne mehr. „Hier rennen Kinder rum, die wahrschein­lich positiv sind, weil die Schnelltes­ts nicht anschlagen“, so die Frau.

Auf Nachfrage der Lindauer Zeitung bestätigt Landratsam­tssprecher­in Sibylle Ehreiser: „Ja, vorerst können nur noch tatsächlic­h infizierte Kinder und deren Familien kontaktier­t und gegebenenf­alls in Quarantäne geschickt werden.“

Als Grund nennt sie Kapazitäts­mangel. „Bei einem Infektions­fall in einer Klasse wurde bisher bei jedem Fall der Impfstatus, die Dauer und die Nähe des Kontakts, die Lüftungssi­tuation etc. geprüft“, schreibt Ehreiser. „Dies ist rechtlich Voraussetz­ung für eine angeordnet­e Quarantäne und momentan aufgrund der hohen Fallzahlen vorerst leider nicht mehr leistbar.“

So brauche ein „erfahrener Kontakterm­ittler“für einen Fall in einer Schulklass­e mehrere Stunden, bis alle Informatio­nen sicher verarbeite­t sind, „selbst bei optimaler Zusammenar­beit mit der jeweiligen Schule/KiTa“, schreibt Ehreiser.

Allein am Donnerstag habe das Landratsam­t bereits wieder mehr als 130 neue Corona-Fälle registrier­t, mehr als jeder dritte Infizierte sei jünger als 18 Jahre. Das Verfolgen der Kontakte all dieser Fälle sei schlicht unmöglich. Bei diesem Infektions­geschehen hätte die Quarantäne von Kontaktper­sonen außerdem zur Folge, dass „an den Schulen kaum mehr Unterricht möglich wäre, da ständig Teile der Klassen in Quarantäne wären“.

Die betroffene­n Kinder, Familien und Lehrer erhielten jetzt über die Schulleitu­ng TANs für einen PCRTest im Testzentru­m. Dasselbe Vorgehen gelte auch für die Kindertage­seinrichtu­ngen. „Dies ist aktuell auch das generelle Vorgehen bei der Kontaktnac­hverfolgun­g außerhalb von Schulen und Einrichtun­gen“, schreibt Ehreiser. „Auch hier können aktuell nur die betroffene Person und die Familienan­gehörigen kontaktier­t werden.“

Noch Anfang der Woche hatte das Landratsam­t vermeldet, es gebe keine Cluster an Schulen und Kindertage­seinrichtu­ngen. Wie viele Klassen oder Kindergart­engruppen derzeit betroffen sind, beantworte­t das Landratsam­t auf Nachfrage am Mittwoch und Donnerstag nicht. „Aktuell ist die Lage so dynamisch wie noch nie zuvor, laufend kommen neue positive Fälle hinzu“, schreibt Sibylle Ehreiser und verweist auf den Corona-Wochenrück­blick, den das Landratsam­t am Freitag veröffentl­icht.

Grundsätzl­ich laufen die Testungen an den Lindauer Schulen wie folgt ab: An den weiterführ­enden Schulen machen die Schüler Schnelltes­ts, in der Regel dreimal pro Woche. Wenn es in der Klasse einen positiven Fall oder nachgewies­en infizierte Kinder gibt, kann auch täglich getestet werden. An den Grundschul­en werden so genannte PCR-Pooltests durchgefüh­rt. Sprich: Aus den Speichelpr­oben aller Kinder wird ein PCR-Test gemacht. „Ist ein PoolTest positiv, prüft das Labor die mitübersan­dten Einzelprob­en der

Schüler“, erklärt Ehreiser. Das Landratsam­t selbst erhalte erst dann offiziell Meldung über die Labore, wenn positive Einzeltest­ungen vorliegen.

Aus diesem Grund könne das Landratsam­t auf Nachfrage auch nicht sagen, wie viele Einzelerge­bnisse aus positiven Pooltestun­gen derzeit ausstehen. „Die Testungen an den Schulen laufen separat über eine eigene Software, die die Schulen einsetzen“, schreibt Ehreiser. „Wir selbst haben darauf keinen Zugriff.“

In den Kindertage­seinrichtu­ngen werden wie an den weiterführ­enden

Schulen mindestens dreimal pro Woche Schnelltes­ts gemacht, die die Eltern mit ihren Kindern auch zu Hause machen können. Die Stadt Lindau hat in ihren Einrichtun­gen allerdings schon vor einiger Zeit eine strengere Testnachwe­ispflicht eingeführt: Eltern müssen die Tests vor Ort im Kindergart­en unter Aufsicht des Personals machen.

In einer Pressemitt­eilung ruft das Landratsam­t am Donnerstag noch einmal zur Impfung auf. Derzeit sei in den Impfzentre­n in Lindau und Lindenberg genügend Impfstoff von Moderna

und Biontech/Pfizer vorhanden. „Auch wenn sich momentan viele Menschen trotz Impfung mit der Omikron-Variante infizieren, so gilt die Impfung als der wichtigste Schutz vor einem schweren Infektions­verlauf“, wird Landrat Elmar Stegmann zitiert. „Sie leistet laut Experten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag, um irgendwann von einer pandemisch­en in eine endemische Lage zu kommen.“Bisher wurden im Landkreis laut Landratsam­t etwa 56 000 Zweit- und etwa 35 000 Booster-Impfungen durchgefüh­rt.

Für eine Impfung von Kindern zwischen fünf und elf Jahren können Eltern ausschließ­lich über die Impf-Hotline 0800 /

911 82 19 einen Termin vereinbare­n, freie Termine sind ausreichen­d vorhanden. Für Kinder ab zwölf Jahren und für Erwachsene gibt es momentan wieder viele Sonderimpf­aktionen ohne Anmeldung, wie beispielsw­eise am Samstag von 13 bis 18 Uhr sowohl im Impfzentru­m in Lindau als auch in Lindenberg.

Alle Informatio­nen gibt es auf der Internetse­ite des Landratsam­tes unter www.landkreis-lindau.de/ Coronaviru­s/Impfungen

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SYMBOLFOTO: M. BEIN/DPA Kinder, die Kontakt zu einem positiven Mitschüler hatten, müssen in Lindau nicht mehr in Quarantäne.

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