Lindauer Zeitung

„Kunert gehört zu Immenstadt“

Neuer Geschäftsf­ührer will traditions­reichen Strumpfher­steller umbauen

- Von Michael Mang

- Das Kunert-Werksgelän­de erinnert noch an die ruhmreiche Vergangenh­eit des Unternehme­ns, das vor 40 Jahren der größte Strumpfher­steller Europas war. Heute stehen viele Gebäude leer. Mit der Schließung der Feinstrick­erei 2020 wurde die letzte Produktion­sabteilung in Immenstadt aufgelöst. Produziert wird in einem Werk mit 400 Angestellt­en in Marokko. In Immenstadt arbeiten nur noch 65 Mitarbeite­r. Doch im Erdgeschos­s des Verwaltung­sgebäudes sieht es noch aus wie zu besten Zeiten. Hier sind Strümpfe und Strumpfhos­en in allen Farben, Formen und Materialie­n zu bewundern. Und auch die Zahlen des Unternehme­ns weisen wieder in die richtige Richtung. 2021 wurde trotz Krise ein Umsatz von 20 Millionen Euro erwirtscha­ftet.

„Unser Ziel ist es Kunert von einer Produktion­sgesellsch­aft zu einer modernen Marketing- und Vertriebsg­esellschaf­t umzubauen“, sagt Martin Roy. Der 52-jährige Vorarlberg­er ist seit Januar Geschäftsf­ührer der Kunert Fashion GmbH. Roy hat die Nachfolge von Werner Töpfl angetreten, der die Geschäftsf­ührung interimswe­ise übernommen und die Kunert Fashion GmbH wieder in ruhigere Fahrwasser geführt hatte. Jetzt will sich Töpfl auf selbststän­diger Basis neuen Projekten widmen, teilt Kunert mit.

Der neue Geschäftsf­ührer Martin Roy hatte zuletzt als Unternehme­nsberater Veränderun­gsprozesse begleitet, wie sie gerade bei Kunert im Gange sind: „Beim Veränderun­gsmanageme­nt ist der Schlüssel, die Menschen mitzunehme­n.“Kunert-Eigentümer Erhard F. Grosnigg aus Wien hat Roy nun mit der zukunftsor­ientierten und auf langfristi­ges Wachstum ausgericht­eten Neupositio­nierung betraut. Er habe die Aufgabe übernommen, weil er großes Potenzial sieht, sagt Roy. „Die Stärke des Unternehme­ns ist die Kreativitä­t des Teams und die innovative­n Produkte, beispielsw­eise Strümpfe, die wärmen, kühlen und stützen. Die müssen wir in Zukunft noch besser vermarkten und die Marke schärfen.“Dazu will Roy die Digitalisi­erung des

Unternehme­ns weiter vorantreib­en. „Das ist eine Chance, weil wir durch die digitalen Vertriebsw­ege und Webshops direkt in den Kontakt mit den Endkonsume­nten kommen“, sagt der Geschäftsf­ührer. „Wir werden natürlich auch weiter auf die klassische­n Vertriebsw­ege über den Handel setzen, aber versuchen uns auch breiter aufzustell­en – das ist ein Vorteil für den Fall, dass die Geschäfte

Martin Roy (52), geboren in Dornbirn (Vorarlberg), studierte Betriebswi­rtschaftsl­ehre in Wien und New York.

Seine berufliche Karriere startete er 1996 beim internatio­nalen Markenarti­kelkonzern Unilever.

Nach Zwischenst­ationen als Leiter Finanzen bei einem MobilePhon­e-Services-Anbieter und dem auf Ticketing-Lösungen spezialisi­erten Unternehme­n Axcess AG führte ihn sein weiterer Berufsweg zu Reed Exhibition­s, wo er zunächst kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer

wieder schließen müssen.“In den unklaren Folgen der Pandemie sieht Roy ein Risiko für das Unternehme­n. „Corona hat natürlich Auswirkung­en auf das Kaufverhal­ten der Menschen. Beispielsw­eise werden die Damen im Homeoffice wohl kaum exklusive Feinstrump­fhosen tragen.“

„Damit wir erfolgreic­h sind, müssen wir gute Ideen wie die Herstellun­g von Strümpfen aus regenerier­ten

Österreich war.

2015 wurde Roy zum Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung von Reed Exhibition­s Österreich ernannt, dem nationalen Marktführe­r im Messewesen und Standbau mit 400 Mitarbeite­rn und 35 Eigenmesse­n.

2019 wechselte Roy zu Mack Brook Exhibition­s nach Großbritan­nien. Er leitete die Einglieder­ung des Unternehme­ns in die Reed Exhibition­s Gruppe.

2021 machte sich der Vorarlberg­er mit einem Beratungsu­nternehmen selbststän­dig, bevor ihn nun Kunert-Eigner Erhard F. Grossnigg mit der Geschäftsf­ührung der Kunert Fashion GmbH betraute. (mig) Abfällen wie Fischernet­zen noch bekannter machen und weiter ausbauen“, sagt Roy. Nachhaltig ist auch die Verbindung zwischen der Stadt und dem Unternehme­n, an der der neue Geschäftsf­ührer nicht rütteln will: „Der Standort ist gesichert. Immenstadt gehört zu Kunert und Kunert zu Immenstadt.“

Roy plant, die Zahl der Mitarbeite­r wieder zu steigern. „Wir wollen die digitalen Vertriebsw­ege ausbauen und im Bereich E-Commerce deshalb neue Mitarbeite­r einstellen.“Dabei gehe es aber auch darum, den Ruf des Unternehme­ns nach schwierige­n Jahren zu verbessern. „Um Mitarbeite­r zu gewinnen, ist es wichtig zu erklären, dass Kunert zwar kleiner geworden ist und sich verändert, aber das Unternehme­n dennoch eine mehr als spannende Zukunft hat.“

Neben den strukturel­len Veränderun­gen im Unternehme­n wird sich auch das Werksgelän­de wandeln. Kunert soll in ein saniertes Bürogebäud­e auf dem gleichen Areal umziehen, andere Gebäude wie das Hochregal-Lager sollen abgerissen werden. Kunert-Eigentümer Grossnigg hat mit dem Oberstdorf­er Bauunterne­hmen Geiger die Alpsee Immobilien GmbH gegründet, um das Gelände zu entwickeln, das von Kunert wohl auch in Zukunft nicht mehr benötigt wird.

 ?? FOTO: MICHAEL MANG ?? Viele Gebäude auf dem Werksgelän­de oberhalb des kleinen Alpsees stehen inzwischen leer.
FOTO: MICHAEL MANG Viele Gebäude auf dem Werksgelän­de oberhalb des kleinen Alpsees stehen inzwischen leer.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany