Veranstalter rechnet mit der Oberschwabenschau in Ravensburg
Abgesagte Januar-Messen Rückschlag für RVG – Chef will aber trotz Corona-Krise Personal aufstocken
(len) - Keine Hochzeitsmesse, keine Seniorenmesse: Die Corona-Pandemie vermasselt der noch recht jungen Ravensburger Veranstaltungsgesellschaft (RVG) seit ihrer Gründung immer wieder die bereits geplanten Veranstaltungen, auch in diesem Monat. Doch deren Chef Stephan Drescher kann seine Mitarbeiter zurzeit nicht in Kurzarbeit schicken. Im Gegenteil. Er will weiteres Personal einstellen. Nach desaströsen Monaten für die Veranstaltungsbranche setzt er jetzt darauf, dass die nächste Oberschwabenschau stattfinden kann.
Die Hochzeitsmesse „Ewig Dein“hätte am 15. und 16. Januar in der Oberschwabenhalle stattfinden sollen. Ein halbes Jahr Planungszeit hatte die RVG schon in diese Veranstaltung investiert, als sie diese wegen einer neuen Verordnung absagen musste. Die Aussteller bekommen alle bereits bezahlten Gebühren voll zurück, wie Drescher sagt. Doch die Zeit, die Mitarbeiter in die Planung investiert hatten, ist weg. Plakate waren gedruckt, zum Teil schon aufgehängt – auch die Kosten dafür muss die RVG trotz der Absage begleichen. Viel investiert und nichts verdient: eine Rechnung, die sich ein
Unternehmen nicht allzu oft erlauben darf. Doch Drescher bleibt optimistisch: „Wenn ich nicht grundlegend davon überzeugt wäre, dass die Veranstaltungswirtschaft zu alter Größe zurückfinden kann, müsste ich sofort aufhören.“Er sagt: „Wir werden die Pandemie durchstehen.“
Dafür nennt er zwei Gründe. Zum einen das Entgegenkommen von Partnern, wie zum Beispiel eines Sicherheitsunternehmens, das für eine abgesagte Messe schon gebucht war und die Stornierung akzeptiert hat, ohne Geld zu verlangen. „Die Branche rückt zusammen. Sonst würde es auch uns nicht mehr geben“, sagt Drescher.
Zum Zweiten nennt er als Grund, dass die RVG schon drei größere Veranstaltungen durchziehen konnte. Da war die Landwirtschaftsmesse Agraria – das ist eine Agrarmesse, die in den Pandemiejahren 2021 und 2020 stattgefunden hat, als die Oberschwabenschau als größte Messe der Region ausfallen musste. Auch für die Genussmesse Gusto, die sonst in der Oberschwabenhalle stattfand, hat die RVG ein neues Konzept entwickelt und die Veranstaltung nach Bärenweiler bei Kißlegg verlagert. „Wenn wir unsere Veranstaltungen durchführen durften, waren wir sehr erfolgreich“, sagt Drescher. „Auflagen können wir alle erfüllen, da sind wir Profis.“
Vom 8. bis 10. April fällt die Seniorenmesse aus, stattdessen soll die eigentlich auch schon für Januar geplante Baumesse Hausplus stattfinden – wenn es die Corona-Lage dann zulässt.
Denn Drescher beklagt, dass seiner Firma die häufige Veränderung der Corona-Verordnungen und die Kurzfristigkeit, mit der neue Regeln kommuniziert werden, zu schaffen macht. Veranstaltungen gewisser Größe waren zeitweise gar nicht erlaubt. „Bei einem behördlichen Verbot
können wir auch gar nicht veranstalten. Da müssen wir nicht diskutieren, sondern respektieren das“, sagt er. Seine Mitarbeiter waren bisher nur im Januar, Februar und März 2021 in Kurzarbeit. Die Gründung der RVG erfolgte nach der ersten Pandemiewelle im Juli 2020.
Drescher hat die Ravensburger Veranstaltungsgesellschaft mit sechs Mitarbeitern an den Start gebracht, nachdem er seine alte Stelle als Prokurist der „Live in Ravensburg“(Lira) verloren hatte.
Die Lira war eine hundertprozentige Tochter der Stadt, die jährlich Miese machte und deshalb von der Stadt aufgrund gestiegenen Spardrucks
im Juni 2020 aufgelöst wurde. Das Bespielen der Oberschwabenhalle gehört seitdem zu den Aufgaben des Kulturamts.
Drescher machte sich daraufhin selbstständig und stellte seine früheren Mitarbeiter nun selbst ein. Deren Anzahl soll sich noch im laufenden Jahr auf zehn erhöhen. Denn die Belastung ist trotz der Absage beziehungsweise Verschiebung der Januar-Messen aktuell hoch. „Ich habe jetzt auch nicht die Option, Leute in Kurzarbeit zu schicken. Wir müssen jetzt die Oberschwabenschau planen. Wenn wir abwarten und zögerlich sind, ist es zu spät“, sagt Drescher über die lange Vorlaufzeit einer so großen Verbrauchermesse. Bis zu 100 000 Besucher kamen in den Jahren vor der Pandemie.
Drescher geht davon aus, dass die Oberschwabenschau stattfinden kann. Außerdem bahne die RVG derzeit mehrere Projekte an, deren Veranstaltungsorte jenseits der Ravensburger Stadtgrenzen liegen. Über den Veranstaltungsort Ravensburg hinauszudenken, war während der Lira-Zeit nicht Teil seiner Aufgabe. Jetzt begreife er das aber als Chance für sein Unternehmen. „Unser Kurs ist nicht auf Konsolidierung, sondern auf Wachstum ausgelegt.“
Veranstaltungsabsagen seien vorerst noch miteinzukalkulieren. Die RVG sei bei der Gründung mit ausreichend Kapital ausgestattet gewesen, um die Zeit durchzustehen, eine nicht zurückzuzahlende staatliche Unterstützung habe auch geholfen.
Die Stimmung im Team sei gut, die Lust der potenziellen Besucher auf Veranstaltungen werde wiederkommen. Wenn er bei der Gründung gewusst hätte, wie lange die Pandemie andauert, hätte er sich vielleicht gegen die Selbstständigkeit entschieden, sagt Drescher. „Aus heutiger Sicht war es aber die richtige Entscheidung.“