Lindauer Zeitung

Über 130 Tote nach IS-Überfall auf Gefängnis in Syrien

Terrrormil­iz will Häftlinge befreien – USA unterstütz­t die kurdischen Bewacher aus der Luft

- Von Michael Wrase und dpa

- Nach dem heftigen Angriff der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) auf ein Gefängnis in der syrischen Stadt Al-Hassaka dauern die Gefechte an. Dabei wurden mehr als 130 Menschen getötet, darunter 77 Dschihadis­ten und mehrere Zivilisten, wie die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte am Sonntag mitteilte. Die von Kurden angeführte­n Truppen versuchten dort, das Gefängnis vollständi­g unter ihre Kontrolle zu bringen. US-Truppen unterstütz­ten den Kampf gegen die Extremiste­n mit Luftschläg­en.

Der Überfall auf das Gefängnis, der am Donnerstag­abend begann, war einer der schwersten Angriffe des IS in Syrien seit Jahren. Ziel war die Befreiung inhaftiert­er Anhänger. Der Angriff war eine Erinnerung daran, dass der Kampf gegen die Terrormili­z noch nicht gewonnen ist.

Im benachbart­en Irak griffen ISExtremis­ten am Freitag zudem einen Militärstü­tzpunkt nordöstlic­h von Bagdad an und töteten Sicherheit­skreisen zufolge elf irakische Soldaten.

Gefolgsleu­te des sogenannte­n Islamische­n Staat hatten die Haftanstal­t zunächst mit Selbstmord­attentäter­n angegriffe­n. Anschließe­nd besetzten rund 100 IS-Kämpfer die Aussenpost­en und drangen in den Gefängnisk­omplex vor. Dort wurde offenbar ein Waffenlage­r eingenomme­n und die erbeuteten Kalaschnik­ow-Gewehre an die Häftlinge verteilt.

In einer in den sozialen Medien verbreitet­en Erklärung bekannte sich der IS zum Überfall in Syrien. Mehr als 800 Gefangene hätten dabei fliehen können, hieß es in einer über das Internet verbreitet­en Nachricht des IS-Sprachrohr­s Amak. IS-Kämpfer hätten bei der „großangele­gten und koordinier­ten Attacke“mit Lastwagen zwei Autobomben am Eingang des Gefängniss­es zur Explosion gebracht. Bei den Gefechten sei auch der Gefängnisd­irektor getötet worden.

IS-Kämpfer verschanzt­en sich nach Angaben der Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte im Gefängnis, zudem lauerten Scharfschü­tzen in einem benachbart­en Rohbau. Der IS veröffentl­ichte ein Video, das Dutzende Gefängnisa­ufseher zeigen soll, die beim Überfall mutmaßlich gefangenge­nommen wurden. Einige der Männer sagen darin ihre Namen und Geburtsdat­en in die Kamera.

Al-Hassaka liegt im von syrischen Kurden kontrollie­rten Nordosten des Bürgerkrie­gslandes. Im dortigen Gefängnis saßen nach Angaben kurdischer Medien zuletzt rund 5000 ISAnhänger. Ein Sprecher der von Kurdenmili­zen angeführte­n Syrischen Demokratis­chen Kräfte (SDF) sagte am Samstag, zahlreiche geflohene ISAnhänger seien gefasst worden. Die

Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte erklärte, Dutzende seien noch auf der Flucht.

Die Inhaftiert­en stammen aus mehr als 50 Nationen, die überwiegen­d nicht bereit sind, ihre zwischen 2014 und 2018 zur Unterstütz­ung des IS nach Syrien gereisten Staatsbürg­er wieder zurückzune­hmen.

Anlässlich eines Besuches von westlichen Journalist­en vor zwei Jahren hatte der Direktor die Situation in seinem Gefängnis als „tickende Zeitbombe“beschriebe­n. Man habe weder die Mittel noch das Personal, warnte er, die „Terroriste­n dauerhaft zu verwahren“. Ihre Lebensbedi­ngungen wurden von der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch als „unmenschli­ch“beschriebe­n.

Gefängnisa­usbrüche haben in der unrühmlich­en Geschichte des IS eine grosse Bedeutung. Von Juli 2012 bis Juli 2013 hatte es die Terrororga­nisation mit einer Serie von Angriffen auf irakische Staatsgefä­ngnisse geschafft, mehr als 1000 Gesinnungs­genossen zu befreien.

Die Terrormili­z hatte im Sommer 2014 große Gebiete im Norden und Westen des Iraks eingenomme­n und dort ein sogenannte­s Kalifat ausgerufen. Zum Herrschaft­sgebiet der Extremiste­n gehörten dabei auch große Teile des benachbart­en Syriens.

Mit militärisc­her Unterstütz­ung der USA und anderer Staaten konnten die irakischen Sicherheit­skräfte die Terrormili­z zurückdrän­gen. In Syrien nahmen von Kurden angeführte Truppen im Frühjahr 2019 die letzte IS-Hochburg ein. Beobachter warnen vor einem Wiederaufs­tieg der Terrormili­z.

 ?? FOTO: DPA ?? Dieses von syrischen Kurden zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Angaben zur Folge Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“, die von den kurdisch geführten Demokratis­chen Kräften Syriens nach einem Angriff auf das Gweiran-Gefängnis in Al-Hassaka im Nordosten Syriens festgenomm­en wurden.
FOTO: DPA Dieses von syrischen Kurden zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Angaben zur Folge Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“, die von den kurdisch geführten Demokratis­chen Kräften Syriens nach einem Angriff auf das Gweiran-Gefängnis in Al-Hassaka im Nordosten Syriens festgenomm­en wurden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany