Vom Bürger gleich zum Meister
Eines der Phänomene in der Kommunalpolitik ist der Bürgermeister respektive die Bürgermeisterin. Denn obwohl es für die Spitzenposition im Rathaus überhaupt keinen geregelten Ausbildungsweg gibt, steigen sogar Laien in Sachen Verwaltung sogleich zum Meister auf. Ein Umstand, von dem jeder Installateur nur träumen kann. Immerhin erfährt sein Berufsbild durch eine neue Bezeichnung zumindest etwas Aufwertung, darf er sich doch nun „Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“nennen.
Aber zurück zum Bürgermeister, für den es keinerlei Meisterschule gibt. Seine Lehre ist der Alltag, sein Klassenzimmer die Amtsstube, seine Lehrmeister Versuch und Irrtum. Freilich ist es nur schwer nachzuvollziehen, warum die wichtigste Position einer Stadt einer oder einem Ungelernten überlassen wird. Aber so funktioniert nun einmal Demokratie: Man wählt jemanden, weil man ihn oder sie für kompetent, sympathisch oder am wenigsten ungeeignet hält – und hat dann sechs (Bayern) bis acht (Baden-Württemberg) Jahre Zeit, um zu sehen, ob das eine gute Idee war.
Dass diese Methode nicht ganz verkehrt sein kann, zeigt die hohe Quote an wiedergewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Aber Obacht: Dieses Modell sollte man nicht unbesehen auf andere Berufsbilder übertragen. Etwa jenes der Friseure. Denn sechs bis acht Jahre im Zweifel mit einem verunglückten Pony durchs Leben zu wandeln, würde zwar vielleicht nicht das Vertrauen in die Demokratie destabilisieren, aber jenes in die Friseurinnung sehr wohl. (nyf )