Lindauer Zeitung

„Die einzige Chance, den Sozialstaa­t nachhaltig zu finanziere­n“

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- Die Automatisi­erung, und damit auch der Einsatz von Robotern, schreitet in vielen Berufszwei­gen rasch voran. Der Professor für Volkswirts­chaftslehr­e Thomas

Straubhaar (Foto: Christian Augustin) ist für eine

Reform des Sozialvers­icherungss­ystems, um so menschlich­e Arbeitnehm­er zu entlasten. Wie das durch die Arbeit von Maschinen gelingen soll, erklärt der Wirtschaft­sexperte im Gespräch mit Yasmin Nalbantogl­u. sollten durch höhere Abgaben zur Finanzieru­ng der Rente einbezogen werden. In dem Moment, in dem dank des Einsatzes von Robotern und Maschinen die Produktivi­tät der Firmen und die Wettbewerb­sfähigkeit steigen, steigen auch die Gewinne. Und die würde ich höher als heute besteuern. Das ist keine Roboterste­uer, sondern eine Wertschöpf­ungssteuer.

Wie würde das konkret funktionie­ren?

Nicht die Art und Weise, wie Einkommen entsteht, wird besteuert, sondern das Einkommen, unabhängig ob es ein Mensch oder ein Roboter erzeugt hat. Die Sozialabga­ben der Menschen würden dann verzichtba­r.

Würde das nicht auf Gegenwind der Arbeitgebe­r stoßen?

Doch, das wird Widerstand der Arbeitgebe­r und derjenigen, die vom heutigen System profitiere­n, hervorrufe­n. Doch das Modell würde die Situation der meisten Menschen, die unselbstst­ändig beschäftig­t sind und heute sowohl Lohnsteuer als auch Lohnabgabe­n für die Sozialvers­icherung entrichten, verbessern. Und das ist die Mehrheit.

Wie definieren Sie Roboter? Roboter steht im Prinzip für jede Art von Maschine.

Glauben Sie, Roboter haben das Potenzial, den Fachkräfte­mangel in der Pflege zu beseitigen? Natürlich. Aber nicht so, dass Roboter in Pflegeheim­en eingesetzt werden und dadurch Fachkräfte gespart werden. Die Pflege ist ein Bereich, in dem noch in sehr hohem Maße Menschen gefordert sind. Weil es um empathisch­e Kompetenze­n geht, die Roboter nicht mitbringen. Im Bankwesen, im Finanzwese­n, bei Transportd­ienstleist­ungen – in vielen Dingen wäre es heute schon möglich, Fachkräfte durch Maschinen einzuspare­n. Die könnten dann in jenen Bereichen tätig werden, wo Menschen noch von Vorteil sind.

Warum brauchen wir die Wertschöpf­ungssteuer?

Es ist die einzige Chance, den Sozialstaa­t von heute nachhaltig zu finanziere­n. Alles andere führt zu einer Reihe von Folgeeffek­ten für kommende Generation­en. Man kann doch nicht von einem Generation­envertrag sprechen, wenn die Jungen ihn nie unterschri­eben haben. Ein Vertrag ist immer etwas, was beide Seiten unterschre­iben müssen und nicht nur die ältere Generation von heute einfach anordnet.

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