Ampel macht mehr Tierwohl zur Priorität
Agrarpolitiker wollen Investitionen fördern und bürokratische Hürden abbauen
- Am Donnerstag präsentieren die Regierungsfraktionen aus SPD, Grünen und FDP in ihrem ersten gemeinsamen Antrag die Schwerpunkte ihrer zukünftigen Agrarpolitik. Wie will die Ampel die Transformation der Landwirtschaft begleiten und lenken, welche Akzente will sie in der Ernährungspolitik setzen? Der Antragstext, in dem nach Angaben aus Fraktionskreisen bis zur letzten Minute um einzelne Formulierungen gerungen wurde, liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor. Oberste Priorität hat dabei mehr Tierwohl, das durch ein verbindliches Tierhaltungskennzeichen noch in diesem Jahr erreicht werden soll.
Ein solches Label, mit dem Verbraucher auf einen Blick erkennen sollen, woher das Steak auf dem Teller kommt und unter welchen Bedingungen es gelebt hat, ist schon lange im Gespräch. Im vergangenen Jahr wollte die damalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ein Tierwohllabel auf freiwilliger Basis einführen, was die SPD ablehnte. Die Sozialdemokraten bestanden darauf, dass jedes Stück Fleisch entsprechend gekennzeichnet werden muss, ob der Hersteller das möchte oder nicht. Die beiden Koalitionspartner sehen das genauso. Das Kennzeichen soll auch Transport und Schlachtung umfassen.
Mehr Tierwohl bedeutet unter anderem größere Ställe. Das kostet
Geld, das die unter Preisdruck stehenden Bauern nicht zusätzlich aufbringen können. Dafür will die Ampel ein „durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System entwickeln, mit dessen Einnahmen zweckgebunden die laufenden Kosten landwirtschaftlicher Betriebe ausgeglichen und Investitionen gefördert werden“, heißt es in dem Antrag. Der Handel soll damit nicht bürokratisch belastet werden. „Die tiergerechte Weiterentwicklung der Nutztierhaltung trägt zukünftig der Markt“, sagt der agrarpolitische Sprecher der FDP, Gero Hocker.
Den Parlamentariern ist zudem wichtig, dass die Abgabe für mehr Tierwohl zweckgebunden ist. Bedeutet: Das zusätzliche Geld soll nicht in den Staatshaushalt fließen, sondern möglichst direkt an die
Landwirte. Möglich wäre dies zum Beispiel über eine Tierwohlabgabe, die Verbraucher bezahlen müssen.
Neben der Finanzierung stellen für Bauern oft auch bürokratische Hürden ein Problem dar, das die Ampel entschärfen will. „Eine entsprechende Anpassung des Bau- und Genehmigungsrechts ermöglicht endlich, dass Tierwohlställe auch tatsächlich gebaut werden können“, sagt Hocker. Weitere Prioritäten aus Sicht der Agrarpolitiker von SPD, Grünen und FDP stellen ein Ausbau des ökologischen Landbaus, ein umweltfreundlicherer Pflanzenschutz sowie eine nachhaltige, gesündere Ernährungsstrategie speziell mit Blick auf Kinder bis 2023 dar. Speziell an unter 14-Jährige gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel soll verboten werden.