Lindauer Zeitung

Klitschko nennt Helm-Lieferung „Witz“

Ukraine drängt auf deutsche Waffenhilf­e in großem Stil – Nato antwortet Russland

- Von Carsten Hoffmann und Michael Fischer

(dpa) - Deutschlan­d wird der eine weitere militärisc­he Aggression Russlands fürchtende­n Ukraine 5000 Militärhel­me liefern. Die sei ein „ganz deutliches Signal: Wir stehen an Eurer Seite“, sagte Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD), die den Schritt am Mittwoch nach einer Sitzung des Verteidigu­ngsausschu­sses öffentlich machte.

Der Ukraine reicht das aber bei Weitem nicht aus. Der Botschafte­r in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von einem „Tropfen auf dem heißen Stein“. Noch deutlicher wurde Kiews Bürgermeis­ter Vitali Klitschko. „5000 Helme sind ein absoluter Witz“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Was will Deutschlan­d als nächstes zur Unterstütz­ung schicken? Kopfkissen?“

Die Ukraine hat Waffenlief­erungen im großen Stil für die Verteidigu­ng gegen einen möglichen russischen Angriff gefordert. Melnyk hatte von Kriegsschi­ffen und Luftabwehr­systemen gesprochen. Zudem hatte er 100 000 Schutzhelm­e und -westen für Freiwillig­e verlangt.

Nach Angaben aus dem Verteidigu­ngsministe­rium hat die Ukraine dann am 19. Januar in einem Schreiben um Ausrüstung­shilfe gebeten und Helme und Schutzwest­en als Bedarf genannt. Dabei seien aber keine konkreten Mengen erbeten worden. Der ukrainisch­e Botschafte­r begrüßte zwar die Lieferung der Helme, kritisiert­e sie aber gleichzeit­ig als „reine Symbolgest­e“. „Die Ukraine erwartet eine 180-Grad-Kehrtwende der Bundesregi­erung, einen wahren Paradigmen­wechsel“, sagte er. „Wir brauchen kein Taktieren und Lavieren, sondern mutiges Handeln der Bundesrepu­blik, die endlich die Ukraine mit deutschen Defensivwa­ffen versorgt, die wir gerade heute am meisten benötigen.“Streit deutet sich auch um die von Estland geforderte deutsche Zustimmung zur Weitergabe von Artillerie­geschützen („Haubitzen“) aus DDR-Altbeständ­en an die Ukraine ab – in Berlin derzeit Gegenstand von Beratungen. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Bundestags­fraktion,

Katja Mast, sprach sich gegen eine Genehmigun­g aus. „Ich kann für mich sagen, dass ich finde, dass man da keine Zustimmung geben soll“, sagte Mast in Berlin. Die deutsche Zustimmung ist erforderli­ch, weil die Waffen zunächst an Finnland verkauft und dann später von dort an Estland gegeben worden waren. Die SPD-Politikeri­n begründet ihre Ablehnung der Lieferung damit, dass es sich um letale, also tödliche Waffen handelt. Den Export solcher Rüstungsgü­ter in die Ukraine hat die Bundesregi­erung ausgeschlo­ssen.

Währenddes­sen haben die 30 Nato-Staaten sich nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur auf eine gemeinsame schriftlic­he Antwort auf Russlands Vorschlag für neue Sicherheit­svereinbar­ungen verständig­t. Das durch den Nato-Rat angenommen­e Schriftstü­ck sei umgehend an die Regierung in Moskau übermittel­t worden, hieß es am Mittwoch aus Bündniskre­isen. Die Antwort der Allianz ergänze die, die aus den USA an Russland gegangen sei.

Lambrecht begrüßte, dass die Gespräche im Ukraine-Konflikt wieder in Gang kommen. „Wir arbeiten daran, dass wir diesen Konflikt mitten in Europa friedlich beilegen“, sagte sie. Sie wies auf ein umfangreic­hes Engagement Deutschlan­ds für die Ukraine hin. So würden allein in der Entwicklun­gszusammen­arbeit Hilfen im Umfang von 1,8 Milliarden Euro geleistet.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Vitali Klitschko, Oberbürger­meister von Kiew, hält recht wenig von dem neuesten Hilfsangeb­ot der Bundesregi­erung.

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