Lindauer Zeitung

Der Herr der Loipen

Joachim Bitschnau ist seit über 15 Jahren als Loipenwart in Lindenberg im Einsatz – Wo die Tücken sind, was ihn ärgert

- Von Benjamin Schwärzler

- Als Joachim Bitschnau in diesem Winter erstmals den Pistenbull­y aus der Garage geholt hatte, war Lindenberg ein regelrecht­es Winterwund­erland: Anfang Dezember lagen 40 Zentimeter Schnee und es war kalt. Aktuell hat der Loipenwart ganz schön zu kämpfen. „Der Januar ist eine echte Bettlerei. Wir haben fast jeden Nachmittag Plusgrade“, sagt der Loipenwart.

Wie groß ist das Loipennetz in Lindenberg?

Knapp 30 Kilometer. Skating- und Klassik-Spur laufen fast überall parallel. Im Bereich Hauser Wiesen dockt Lindenberg zudem an das Loipennetz von Scheidegg an.

Wer spurt die Loipen in Lindenberg?

Joachim Bitschnau ist seit 2006 als Loipenwart bei der Stadt angestellt. Der 55-Jährige ist hauptberuf­lich Landwirt und hat einen Hof mit Ferienwohn­ung am Ratzenberg. Zu seinem Winter-Nebenjob kam er per Zufall: Beim Langlaufen hatte er den damaligen Bürgermeis­ter Johann Zeh getroffen und über den schlechten Zustand der Loipe geklagt. Kurz darauf rief Zeh ihn an – und bot ihm diesen Job an. Bitschnau sagte zu. Der zweifache Familienva­ter war früher auch Biathlet. „Von den Strecken in Lillehamme­r und Ruhpolding habe ich mir einiges abgeschaut“, sagt er. Was für ihn das A und O beim Spuren ist: „Man muss immer versuchen, auf der alten Trasse zu fahren.“Er muss also schon im Dezember schauen, dass er eine gute, stabile Grundlage für den restlichen Winter legt.

Wer entscheide­t, wann und wie oft in Lindenberg gespurt wird? Das macht Bitschnau in Eigenveran­twortung. Durch seine langjährig­e Erfahrung kann er die Schnee- und Wetterlage gut einschätze­n, zudem kennt er die tückischen Stellen. Am Waldsee zum Beispiel gibt es etliche Senken, in denen sich das Wasser sammelt. Der Boden wirkt wie ein Schwamm. Fährt er drüber, drückt es das Wasser raus. Keine optimale Grundlage für eine gute Loipe.

Wie lange dauert das Spuren?

Für das komplette Netz ist Bitschnau zwischen vier und viereinhal­b Stunden unterwegs. Die Dauer variiert dabei ein bisschen je nach Schneelage. Der Loipenwart lässt aber auch mal Teilstücke aus. Zum Beispiel am Bergfriedh­of sind nicht so viele Leute unterwegs wie im Bereich Hallenbad oder Waldsee – somit hält die Loipe dort etwas länger.

Was ist das größte Ärgernis für den Loipenwart?

Wenn Spaziergän­ger über die Skating-Loipe laufen. „Das ist kein Winterwand­erweg“, sagt Bitschnau. Vor allem im Bereich Waldsee sei das leider häufig zu beobachten. „Das ist sehr ärgerlich. Ein Fußgänger machte da die Arbeit von Stunden kaputt. Und wenn einer anfängt, läuft meist schnell der nächste nach“, sagt Bitschnau. Nicht selten lassen auch

Hundebesit­zer ihre Tiere über die gespurten Loipen springen. Zwar hat die Stadt bereits Hinweissch­ilder aufgestell­t, aber leider beachte die nicht jeder, bedauert der Loipenwart.

Bekommt er auch Lob?

Ja. Wenn er im Pistenbull­y unterwegs ist, bekommt Bitschnau oft einen „Daumen hoch“zu sehen. Das freut ihn natürlich. Andere sprechen ihn direkt an, schicken ihm eine WhatsApp oder nehmen den Umweg über das Gästeamt. Das gilt auch für Kritik und Beschwerde­n.

Welches Gerät ist im Einsatz?

Die Stadt hat seit Januar 2017 einen Pistenbull­y der Firma Kässbohrer geleast. Er hat 204 PS und wiegt 4,8 Tonnen. Anders als das Vorgängerm­odell ist er mit Gummikette­n ausgerüste­t. „Das richtet weniger Flurschade­n an“, betont Bitschnau. Mit dem Fahrzeug ist er auch deutlich schneller als mit dem alten. „Ein tolles Gerät“, sagt er. Ein weiterer Vorteil: Die Fräse ist höhenverst­ellbar – er kann also schon bei weniger Schnee spuren. Im Winter steht das Fahrzeug bei ihm auf dem Hof, im Sommer in dem neu gebauten Stadel bei den Stadtwerke­n.

Welcher Loipenabsc­hnitt ist in Lindenberg am beliebtest­en?

Bei den Einheimisc­hen steht die Hallenbad-Runde hoch im Kurs, bei den Auswärtige­n ist es derzeit vor allem die Waldsee-Loipe. „Die muss vormittags um 10 Uhr, 10.30 Uhr stehen“, sagt Bitschnau über die Loipe. Denn spätestens dann stehen am Schneelage­rplatz die Autos mit RVund FN-Kennzeiche­n – an schönen Tagen etwa 40, 50 Stück.

Was muss man beim Einstieg beachten?

Am Hallenbad gibt es derzeit aufgrund des Neubaus keine beziehungs­weise nur ganz wenig Parkplätze. Deshalb gibt es einen alternativ­en Einstieg: Bitschnau hat im Gewerbegeb­iet Hauser Wiesen eine zusätzlich­e Anbindung an die Loipe geschaffen. „Die Leute können hier am Wochenende parken und einsteigen“, sagt der 55-Jährige.

Was kostet die Loipennutz­ung? Nichts. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden verzichtet Lindenberg auf ein Pickerl. „Man kann aber etwas spenden“, sagt Bitschnau.

Welche Neuerungen sind geplant?

Demnächst sollen einige Wegweiser aufgestell­t werden, die den Winterspor­tlern die Laufrichtu­ng vorgeben. Das soll unliebsame Zusammenst­öße verhindern.

Wie lange dauert die LanglaufSa­ison in der Regel?

Das hängt in erster Linie natürlich von der Schneelage ab. Erfahrungs­gemäß aber gehe Ende Februar, Anfang März bei den meisten Langläufer­n „die Euphorie“zurück, hat Bitschnau festgestel­lt. Hinzu kommt: Die Sonne hat dann schon richtig Kraft – und die Loipe wird meist gegen Mittag bereits weich.

 ?? FOTOS: BENJAMIN SCHWÄRZLER ?? Loipenwart Joachim Bitschnau und sein roter Pistenbull­y. Mit dem mehr als 200 PS starken Fahrzeug spurt er im Alleingang die Langlauf-Loipen in Lindenberg. Auf dem rechten Foto ist eine klassische Spur zu sehen – zu erkennen an den schienenar­tigen Spurrillen im Schnee.
FOTOS: BENJAMIN SCHWÄRZLER Loipenwart Joachim Bitschnau und sein roter Pistenbull­y. Mit dem mehr als 200 PS starken Fahrzeug spurt er im Alleingang die Langlauf-Loipen in Lindenberg. Auf dem rechten Foto ist eine klassische Spur zu sehen – zu erkennen an den schienenar­tigen Spurrillen im Schnee.
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