Der Schutzengel passt gleich doppelt auf
Hündin Paula und ihr Frauchen überqueren kopflos eine stark befahrene Straße
- Ute Scherrieb wird den 4. Januar bestimmt nicht mehr vergessen. Denn an diesem Tag stand sie furchtbare Angst um ihre geliebte Hündin Paula aus. Diese war der Dame ausgebüxt und zur Hauptverkehrszeit quer über die Häfler Friedrichstraße gerannt. Gleichzeitig ist dieser 4. Januar aber auch ein Tag mit glücklichem Ende.
Doch der Reihe nach: Gegen 11.15 Uhr ist Ute Scherrieb mit Paula unterwegs. Und wie immer ist der Jack-Russell-Terrier angeleint, denn die putzige Hundedame verfügt über einen ausgeprägten Jagdinstinkt. Dann allerdings passiert ein Missgeschick: „Paula und ich waren auf der Wiese im Uferpark“, berichtet ihre Besitzerin. „Dann lief sie unter einen Busch, um nach Mäusen zu wühlen.“
Die Leine bleibt im Busch hängen und Ute Scherrieb zieht an ihr: „Plötzlich hatte ich die Leine ohne den Hund in der Hand.“Der Karabinerhaken muss sich gelöst haben, vermutet die Hundebesitzerin. Paula fackelt nicht lange und nimmt – ihrem Jagdtrieb folgend – so richtig Fahrt auf. Ihre flinken Beinchen tragen sie in Richtung Kreuzung Friedrichstraße/Riedleparkstraße.
„Ich dachte, jetzt läuft sie in ihren Tod und habe nur noch auf das fürchterliche Quietschen von Reifen gewartet“, erzählt Ute Scherrieb, denn die Straße ist um diese Uhrzeit stark befahren. Zum Glück kommt es aber nicht dazu. Im Schockzustand läuft die Hundehalterin ebenfalls auf die Friedrichstraße. Sie ruft dabei laut nach ihrer Paula, die die andere Straßenseite unversehrt erreicht hat.
Kaum zu glauben, auch Ute Scherrieb bleibt unverletzt, denn offensichtlich sind an diesem Morgen viele umsichtige und mitfühlende Menschen unterwegs. „Auto-, Busund Lastwagenfahrer, auch Fahrradfahrer – alle haben aufgepasst. Niemand hat geschimpft“, sagt sie dankbar. Auch viele Passanten seien ihr zur Hilfe gekommen und hätten ihr gut zugeredet und sie beruhigt.
Und Paula? Die läuft zunächst in ein Geschäft, kommt schnell wieder heraus und überquert nochmal die Straße. Zurück im Uferpark reagiert die wartende Freundin geistesgegenwärtig und leint die zurückkommende Hündin wieder an. Von jugendlichem Leichtsinn lässt sich bei der siebeneinhalb Jahre alten Jack-Russell-Dame übrigens nicht mehr sprechen.
Auch wenn Paula eine umgängliche Familienhündin ist, die sich gerne streicheln lässt – bei Spaziergängen darf sie nie von der Leine. Mit drei Monaten sei sie als Welpe im Hause Scherrieb eingezogen. „Wir waren mit ihr in einer Welpenschule und haben auch mit einem privaten Hundetrainer zusammengearbeitet“, erzählt die erfahrene Besitzerin.
„Den Jack-Russel-Terrier darf man nicht unterschätzen“, sagt Andera Baasch, Tierpsychologin und Hundetrainerin aus Friedrichshafen. Die Rasse sei ursprünglich für die Fuchsjagd gezüchtet worden. Damit sind ihre Vertreter meist sehr aktive und eigenständige Hunde mit häufig stark ausgeprägtem Jagdtrieb.
„Ein Jack-Russell-Terrier benötigt eine solide Grunderziehung und will nicht nur körperlich, sondern auch mental ausgelastet werden“, erklärt die Expertin. Sie empfiehlt zur Beschäftigung Apportieren, Suchspiele oder sogenanntes Mantrailing. Hunde nehmen dabei über einen spezifischen Geruchsträger die Spur einer bestimmten Person auf.
In Zukunft wird Ute Scherrieb für das Anleinen ihrer Paula sicherheitshalber einen zweiten Karabinerhaken verwenden. Ihre Erleichterung ist jedenfalls riesengroß, denn die kleine Hündin gehört fest zur Familie. „Mein Hund und ich haben bestimmt mehr als einen Schutzengel gehabt“, sagt sie. „Aber vor allem waren an diesem Tag tolle Menschen unterwegs, die im richtigen Moment vorbildlich und schnell reagiert haben. Dafür möchte ich mich von ganzem Herzen bedanken. Das war das schönste Geschenk in meinem Leben.“
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