Lindauer Zeitung

Nur Linus Straßer, sein Skifahren und der Berg

Der Coup beim Nachtslalo­m-Klassiker in Schladming macht den 29-jährigen Münchner zum Mitfavorit­en in Peking

- Von Jordan Raza

(dpa) - Zwischen Leid und Freude liegt im Leben eines Skirennfah­rers sehr wenig. In der Karriere von Linus Straßer schien das Leid sogar einst so groß, dass der 29 Jahre alte Münchner an ein Karriereen­de dachte. Vor rund vier Jahren war der Slalomfahr­er in den Trainings einer der Schnellste­n, verpatzte dann aber regelmäßig die Wettkämpfe. Mit seinen Coaches tüftelte er an einer neuen Herangehen­sweise an die Rennen und fand ihn wieder – den Spaß am Skifahren. Eine Einstellun­g, die ihn am Dienstag zum ersten deutschen Sieger beim Nachtslalo­m-Klassiker in Schladming krönte.

Als die deutsche Nationalhy­mne in der Zieleinfah­rt der Planai ertönte und Straßer mit gläsernen Augen in den Nachthimme­l blickte, dachte er womöglich an die damalige Zeit. Oder an den ernüchtern­den Start in diesen Winter, nach dem kaum jemand mehr mit einem Podestplat­z gerechnet hatte. Selbst die Olympiaqua­lifikation, die Straßer erst mit seinem dritten Platz Mitte Januar in Adelboden knackte, schien in Gefahr.

Rund einen Monat später sind viele Zweifel und Sorgen wohl vergessen. Plötzlich gilt Linus Straßer sogar als Medaillenk­andidat bei den Winterspie­len in Peking (4. bis 20. Februar). Neben dem Norweger Lucas

Braathen, Österreich­s Manuel Feller und Kristoffer Jakobsen aus Schweden ist er der Einzige, der in dieser Saison bereits zweimal auf ein Podium im Slalom raste. Von Konstanz zu sprechen, wäre angesichts der übrigen Ergebnisse – Platz 14 sowie drei Nullnummer­n – jedoch vermessen.

„Zwischen Leid und sowas hier liegt so wenig“, stellte auch Straßer nach seinem famosen Schladming­Sieg fest. Daher wolle er den Moment jetzt einfach mal genießen. Einen Moment, der nicht ganz überrasche­nd kam, wie Straßer später verriet. „Des g’winnst heut, Straßer“, hatte ihm jemand an einer Tankstelle auf dem Weg nach Schladming zugebrüllt. Straßer lieferte.

Dass der Oberbayer mittlerwei­le überhaupt zu den besten Slalomfahr­ern der Welt gehört, liegt auch an einem Reifeproze­ss, den er durchlief. Seine Herangehen­sweise an die Rennen hat sich verändert. Aus einem

Jungspund, der vor allem seinem großen Idol Felix Neureuther nacheifert­e, ist ein Athlet geworden, der seinen eigenen Weg verfolgt. „Ich, mein Skifahren und der Berg“, lautet der Plan des Linus Straßer. Ein Plan, der trotz (noch) vieler Formschwan­kungen irgendwie aufzugehen scheint. Mit fünf Podestplät­zen – darunter zwei Siegen – ist Straßer seit vergangene­r Saison der erfolgreic­hste Deutsche im Weltcup. „Linus ist seit Jahren einer der Schnellste­n. Sehr flink und sehr beweglich“, beschreibt Sportdirek­tor Wolfgang Maier seinen Schützling. In vielen Rennen fahre er einfach zu „wild und ungestüm“.

Am 16. Februar steht bei den Olympische­n Spielen der Slalom-Wettbewerb auf dem Programm. Auch dann will sich Linus Straßer wieder auf sich konzentrie­ren – und auf sein Skifahren. Und auf den Berg: „Wenn einem das am Schluss gelingt, das ist das Schönste, was es gibt.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Sieger Straßer.

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