Lindauer Zeitung

Kirche der Vergangenh­eit

- Von Patrick Guyton politik@schwaebisc­he.de

Noch-Katholiken zeigen seit einigen Tagen, was sie von ihrer Kirche halten: Sie gehen zu den Standesämt­ern und treten aus. Grund ist das Missbrauch­s-Gutachten für die Diözese München-Freising, in dem das Grauen detaillier­test zu lesen ist: Wie Kinder und Jugendlich­e von Geistliche­n sexuell missbrauch­t worden sind, wie die Taten verschleie­rt, die Täter gedeckt wurden.

Der Münchner Kardinal Marx prangert dies schonungsl­os an, man nimmt ihm sein Entsetzen und die Ernsthafti­gkeit seiner Entschuldi­gung ab. Doch die Gegner, das erkennt er selbst, sitzen im eigenen Apparat. Marx spricht selbst von „systemisch­er Struktur“und einer „Sonderwelt“.

Es ist aber zu wenig zu erkennen, dass da tatsächlic­h aufgeräumt und an einer zukunftwei­senden Kirche gearbeitet wird, die sich offen, warm und den Menschen zugewandt gibt. Weiterhin herrscht viel zu viel Vergangenh­eit. Reinhard Marx mag man eine Wende zutrauen, vielen seiner Kollegen aber nicht. sich das kirchliche Arbeitsrec­ht vor. Es sei notwendig, jegliches „Erpressung­spotenzial“zu beseitigen, sagte Marx.

Mehrfach betont der Kardinal, dass er sein Amt im vergangene­n Jahr habe abgeben wollen, Papst Franziskus das aber nicht akzeptiert hat. Gerade jetzt stehe er in der Verantwort­ung: „Ich bemühe mich um eine Erneuerung.“Der Betroffene Richard Kick hatte vor zwei Tagen einen eindringli­chen Brief an Marx geschriebe­n mit der Bitte, „mit weit geöffneten Armen“auf die Missbrauch­s-Geschädigt­en zuzugehen. Hat der Kardinal das hinbekomme­n? Kick gibt sich skeptisch. Aber er sagt über Marx: „Wir brauchen ihn.“

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