Kirche der Vergangenheit
Noch-Katholiken zeigen seit einigen Tagen, was sie von ihrer Kirche halten: Sie gehen zu den Standesämtern und treten aus. Grund ist das Missbrauchs-Gutachten für die Diözese München-Freising, in dem das Grauen detailliertest zu lesen ist: Wie Kinder und Jugendliche von Geistlichen sexuell missbraucht worden sind, wie die Taten verschleiert, die Täter gedeckt wurden.
Der Münchner Kardinal Marx prangert dies schonungslos an, man nimmt ihm sein Entsetzen und die Ernsthaftigkeit seiner Entschuldigung ab. Doch die Gegner, das erkennt er selbst, sitzen im eigenen Apparat. Marx spricht selbst von „systemischer Struktur“und einer „Sonderwelt“.
Es ist aber zu wenig zu erkennen, dass da tatsächlich aufgeräumt und an einer zukunftweisenden Kirche gearbeitet wird, die sich offen, warm und den Menschen zugewandt gibt. Weiterhin herrscht viel zu viel Vergangenheit. Reinhard Marx mag man eine Wende zutrauen, vielen seiner Kollegen aber nicht. sich das kirchliche Arbeitsrecht vor. Es sei notwendig, jegliches „Erpressungspotenzial“zu beseitigen, sagte Marx.
Mehrfach betont der Kardinal, dass er sein Amt im vergangenen Jahr habe abgeben wollen, Papst Franziskus das aber nicht akzeptiert hat. Gerade jetzt stehe er in der Verantwortung: „Ich bemühe mich um eine Erneuerung.“Der Betroffene Richard Kick hatte vor zwei Tagen einen eindringlichen Brief an Marx geschrieben mit der Bitte, „mit weit geöffneten Armen“auf die Missbrauchs-Geschädigten zuzugehen. Hat der Kardinal das hinbekommen? Kick gibt sich skeptisch. Aber er sagt über Marx: „Wir brauchen ihn.“