Lindauer Zeitung

Briten und Dänen wieder ohne Maske

Trotz Omikron verabschie­den sich beide Länder von quasi allen Corona-Maßnahmen

- Von Larissa Schwedes und Christoph Meyer

(dpa) Trotz Zehntausen­der Neuinfekti­onen pro Tag wollen Dänemark und England künftig fast ohne CoronaMaßn­ahmen auskommen. In England sind am Donnerstag erneut die Masken gefallen, in Dänemark soll es in der kommenden Woche soweit sein. Beide Regierunge­n verlassen sich darauf, dass Omikron die meisten Infizierte­n von schweren Verläufen verschont.

Vom kommenden Dienstag, dem 1. Februar an, müssen die Dänen an den meisten Orten keine Masken mehr tragen oder Impfnachwe­ise zeigen, wie die dänische Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n am Mittwochab­end in Kopenhagen sagte. Damit folgt ihre Regierung den Weisungen der zuständige­n Kommission, die empfohlen hatte, die Notfallmaß­nahmen zur Bekämpfung der Pandemie – und damit die meisten Beschränku­ngen – auslaufen zu lassen.

Frederikse­n bezeichnet­e den Schritt als Meilenstei­n. „Wir sagen ,Auf Wiedersehe­n‘ zu den Einschränk­ungen und ,Hallo‘ zu dem Leben, das wir vor Corona kannten“, sagte die Regierungs­chefin. Die hohe Impfbereit­schaft habe sich als „Superwaffe“herausgest­ellt, so Mette Frederikse­n weiter. Omikron rufe seltener schwere Krankheits­verläufe hervor, und die Zahl der Krankenhau­seinweisun­gen sei verhältnis­mäßig gering, sagte Frederikse­n. In Dänemark sind mehr als 80 Prozent der Gesamtbevö­lkerung zweifach geimpft. Die Hälfte der Dänen hat bereits eine Auffrischu­ngsimpfung erhalten.

Die Ministerpr­äsidentin mahnte die Menschen aber auch dazu, Rücksicht zu nehmen auf Risikogrup­pen wie Ältere, gesundheit­lich Geschwächt­e und Menschen mit chronische­n Erkrankung­en. „Jeder muss sich auch in einem offenen Dänemark sicher fühlen“, sagte die sozialdemo­kratische Politikeri­n. Bleiben sollen vorerst eine Testpflich­t für einige Einreisend­e sowie nicht verpflicht­ende Empfehlung­en zu Tests und anderen Vorsichtsm­aßnahmen.

Ab nächstem Monat sollen nun in Dänemark Diskotheke­n wieder normal öffnen und Großverans­taltungen ungehinder­t über die Bühne gehen können – obwohl das Land derzeit Tag für Tag Rekordwert­e an Neuinfekti­onen zählt. Am Mittwoch wurden 46 747 neue Corona-Fälle gemeldet. Nach Einschätzu­ng der Regierung

werden die Zahlen im Februar weiter steigen, bevor sie wieder fallen.

Experten zeigten sich teilweise skeptisch. Der Mathematik­er und Epidemiolo­ge Viggo Andreasen von der Universitä­t Roskilde unterstütz­t die Lockerunge­n im Prinzip, hätte sich aber für eine leichte Verzögerun­g ausgesproc­hen. Er fürchtet, dass bei noch höheren Infektions­zahlen so viele Menschen gleichzeit­ig krank sind, dass es Probleme für Krankenhäu­ser, Pflegeheim­e oder Schulen geben könnte.

In England, wo durch die Omikron-Welle hindurch relativ große Freiheiten galten, fallen nun auch die bislang noch angewandte­n Maßnahmen: Ab Donnerstag gilt im größten britischen Landesteil in den meisten Innenräume­n keine Maskenpfli­cht mehr. Und auch die (ohnehin nur bei Großverans­taltungen und in Clubs eingesetzt­en) Impf- oder Testnachwe­ise müssen nicht mehr kontrollie­rt werden. Die Empfehlung, von zu Hause aus zu arbeiten, ist ebenfalls Geschichte. Es ist der Freedom Day 2.0 – allerdings ohne großen Knall wie im vergangene­n Jahr, da das Land sich völlig im Sog der Partygate-Affäre um Premier Boris Johnson befindet.

Johnsons stark unter Druck stehende Regierung hat die wegen der Omikron-Variante eingeführt­en, sogenannte­n Plan-B-Maßnahmen auslaufen lassen, nachdem die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen seit Anfang Januar rapide gefallen war. Er hatte die Beschränku­ngen im Dezember nur mit Unterstütz­ung der Opposition gegen den Widerstand in seiner eigenen Partei durchs Parlament gebracht.

In der britischen Hauptstadt London gilt weiterhin in Bahnen und Bussen eine Maskenpfli­cht. Auch einige Supermärkt­e rufen ihre Kunden weiterhin dazu auf, eine Maske zu tragen. Ansonsten wird es wieder zur Privatsach­e, wer sich wo und wie vor dem Virus schützen will. In den vergangene­n Tagen haben sich die Neuinfekti­onen im Vereinigte­n Königreich auf hohem Niveau eingepende­lt – täglich werden zwischen 80 000 und 100 000 Neuinfekti­onen gemeldet, die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei rund 945 (Stand: 21. Januar). Schottland, Wales und Nordirland entscheide­n eigenständ­ig über ihre Corona-Politik und wählen einen etwas vorsichtig­eren Weg.

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FOTO: JUSTIN TALLIS/AFP Menschen in London unterwegs zur Arbeit – ohne Mund-Nasen-Schutz. Der ist jetzt wieder Privatsach­e.
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FOTO: FRANCIS DEAN/IMAGO IMAGES Auch in Kopenhagen wird man bald keine Masken mehr sehen – in Dänemark laufen die Notfallmaß­nahmen zum 1. Februar aus.

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