Lindauer Zeitung

Flucht nach vorn

Prinz Andrew stellt sich dem Gericht – Er streitet weiter alle Missbrauch­svorwürfe ab

- Von Christoph Meyer und Benno Schwingham­mer

(dpa) - Der britische Prinz Andrew will sich im Rechtsstre­it um Missbrauch­svorwürfe einem Geschworen­enprozess stellen. Das geht aus einem Dokument hervor, das seine Anwälte am Mittwoch vor Gericht in New York einreichte­n. Er streitet die Vorwürfe weiterhin vehement ab. Noch scheint es nicht zu spät für eine außergeric­htliche Einigung. Doch das liegt nicht in Andrews Hand.

Klägerin Virginia Giuffre wirft Andrew vor, sie als Minderjähr­ige mehrfach missbrauch­t zu haben. Sie gibt an, Opfer eines von dem US-Multimilli­onär Jeffrey Epstein und seiner Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell aufgebaute­n Missbrauch­srings geworden zu sein. Nach eigenen Angaben wurde sie dabei zum Missbrauch an den Royal vermittelt.

Die mit Andrew viele Jahre befreundet­e Maxwell war erst vor Kurzem von einem Gericht in einem USStrafver­fahren in mehreren Punkten schuldig gesprochen worden und muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchu­ngshaft das Leben.

Nun gibt sich der Prinz kämpferisc­h. In dem vor einem Bundesgeri­cht in Manhattan eingereich­ten Dokument werden die Vorwürfe erneut zurückgewi­esen und elf Gründe aufgeliste­t, warum die Zivilklage abgewiesen werden sollte.

Unter anderem führen Andrews Anwälte ins Feld, Klägerin Giuffre habe sich selbst schuldig gemacht – eine Behauptung, die bei deren Anwälten auf heftigen Gegenwind stieß. „Wir freuen uns darauf, Prinz Andrew bei seiner Vernehmung und im Prozess mit seinem Leugnen (der Vorwürfe; Anm. d. Red.) und den Versuchen, Frau Giuffre für ihren Missbrauch verantwort­lich zu machen, zu konfrontie­ren“, teilte Klägeranwa­lt David Boies mit.

Ob es der 61 Jahre alte Prinz im Jahr des Platin-Thronjubil­äums seiner

Mutter Queen Elizabeth II. (95) tatsächlic­h auf einen Prozess ankommen lassen will, ist unklar. Eine außergeric­htliche Einigung sei noch nicht ausgeschlo­ssen, sagte USRechtsex­perte Neama Rahmani der Deutschen Presse-Agentur. Giuffre klagt auf Schadeners­atz in unbestimmt­er Höhe. Spekulatio­nen zufolge könnte es um einen Millionenb­etrag gehen.

Sollte es zum Prozess kommen, werde sich Andrew detaillier­ten Fragen sexueller Natur stellen müssen, warnte Medienanwa­lt Mark Stephens der Nachrichte­nagentur PA zufolge. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Königsfami­lie ihm erlaubt, das durchzuzie­hen und das Platin-Jubiläum damit überschatt­en zu lassen“, sagte Stephens. Ansonsten könnte die gesamte Monarchie infrage gestellt werden, warnte er.

Doch trotz Andrews kämpferisc­hem Auftreten liegt es nicht in seiner Hand, den Fortgang des Verfahrens zu bestimmen. Es sei Virginia Giuffres „verfassung­smäßiges Recht, einen Geschworen­enprozess zu haben, wenn sie das verlangt“, sagte USOpferanw­ältin Lisa Bloom der BBC zufolge. Den Äußerungen Giuffres nach zu urteilen, könnte es sein, dass sie sich nicht mit einer Geldzahlun­g dazu bringen lassen wird, die Klage fallen zu lassen. „Mein Ziel war immer, zu zeigen, dass die Reichen und Mächtigen nicht über dem Gesetz stehen und zur Verantwort­ung gezogen werden müssen“, hatte sie erst vor knapp zwei Wochen auf Twitter geschriebe­n.

Gegen Andrew gibt es – offiziell zumindest – bisher keine strafrecht­lichen Ermittlung­en. Doch der Schaden für seinen Ruf und den des Königshaus­es ist schon jetzt beträchtli­ch. Bereits Ende 2019 legte Andrew seine öffentlich­en Aufgaben für die Royals nieder. Organisati­onen, denen er als Schirmherr gedient hatte, distanzier­ten sich reihenweis­e von ihm. Zuvor hatte er in einem BBC-Interview versucht, sich zu rechtferti­gen – doch der Schuss ging nach hinten los. Seine Erklärunge­n klangen unglaubwür­dig und verschlimm­erten die Lage nur noch.

Zuletzt ging auch die Queen auf Distanz – Berichten zufolge auf Druck von Thronfolge­r Prinz Charles (73) und dessen Sohn Prinz William (39), die sich um den Fortbestan­d der Monarchie sorgen. Sie entzog Andrew auch noch seine militärisc­hen Dienstgrad­e. Auch auf die Anrede „Königliche Hoheit“muss er verzichten.

Andrew werde sich in dem USProzess als privater Bürger verteidige­n und weiterhin keine öffentlich­en royalen Aufgaben mehr übernehmen, teilte der Buckingham-Palast Mitte Januar mit.

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FOTO: STEVE PARSONS/DPA Will sich im Rechtsstre­it um Missbrauch­svorwürfe einem Geschworen­enprozess stellen: Prinz Andrew.

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