Lindauer Zeitung

Ein Netzwerk für Bayerns Antike

Sieben Museen wollen sich gemeinsam vermarkten – Mit dabei ist auch der Archäologi­sche Park in Kempten

- Von Patrik Stäbler

- Über mangelnden Tourismus kann sich das Allgäu wahrlich nicht beschweren – und doch gibt es da zumindest aus Sicht von Maike Sieler einen Haken: „Die meisten Urlauber verbinden die Region mit Bergen, Wandern und Skifahren“, sagt die Leiterin des Archäologi­schen Parks Cambodunum (APC) in Kempten. „Viele Touristen, die dann mal an einem Regentag zu uns kommen, sind bass erstaunt, dass es hier so etwas gibt.“

Was sie meint, sind die Überreste einer der ältesten schriftlic­h erwähnten Städte in ganz Deutschlan­d – nämlich Cambodunum, das in der frühen und hohen Kaiserzeit eine der bedeutends­ten Römersiedl­ungen in der Provinz Rätien und vermutlich deren erste Hauptstadt noch vor Augsburg war. „Wir sind so alt wie Trier und historisch mindestens ebenso bedeutsam“, sagt Maike Sieler. Was sie nicht sagt: Anders als in Trier spielt die römische Geschichte für den Otto-Normal-Urlauber im Allgäu nur eine untergeord­nete Rolle. Und den Namen Cambodunum haben viele noch nie gehört

Auch um dies zu ändern, hat sich der APC nun mit sechs weiteren Einrichtun­gen im Freistaat zu einem Netzwerk zusammenge­schlossen. Der Name: Antike in Bayern. Nebst dem Freilichtm­useum in Kempten, das zu Vor-Corona-Zeiten circa 27 000 Menschen im Jahr anzog, sind auch die Glyptothek und die Staatliche­n Antikensam­mlungen in München beteiligt, mithin zwei Häuser von Weltrang. Im Weiteren gehören zu dem Netzwerk die wegen Sanierungs­arbeiten derzeit geschlosse­ne Archäologi­sche Staatssamm­lung in München und deren Zweigstell­e, das Römer-Kelten-Museum in Manching bei Ingolstadt sowie das Pompejanum in Aschaffenb­urg, das Römer-Museum in Weißenburg und das seit einigen Jahren heimatlose Römermuseu­m in Augsburg.

„Das Ziel ist es, im Verbund über verschiede­ne Medien auf die Archäologi­e in Bayern aufmerksam zu machen“, sagt Astrid Fendt, die Sprecherin

des Museumsnet­zwerks, bei der Vorstellun­g der ersten gemeinsame­n Sonderauss­tellung im Infopoint der Landesstel­le für die nicht staatliche­n Museen in München. Bereits auf den Weg gebracht habe man eine gemeinsame Webseite samt Facebook-Auftritt sowie eine Broschüre, die alle Häuser auf einen Blick vorstelle. Das übergreife­nde Motto lautet: Auf den Spuren der Römer, Kelten, Griechen und Etrusker.

„Wir wollen mit gemeinsame­n Aktionen das Interesse von Laien und Kennern an der Antike wecken“, betont die Archäologi­n Astrid Fendt, die als Kuratorin an den Antikensam­mlungen und der Glyptothek tätig ist. Ein Schwerpunk­t soll ihr zufolge auf den digitalen Kanälen liegen. „Die Reiseplanu­ng erfolgt heute in den meisten Fällen über das Internet“, sagt Astrid Fendt. „Hier wollen wir uns im Bereich Tourismus-Marketing besser und agiler vermarkten.“Als nächstes Projekt sei ein Reiseführe­r zum Thema Antike in Bayern geplant, der sowohl in Buchform als auch in einer digitalen Version erscheinen werde.

„Das Netzwerk bietet uns im touristisc­hen Bereich die Chance, dass wir an Orten beworben werden, an denen wir als Einzelhaus sonst nicht vorkommen würden“, sagt die Kemptener Museumsche­fin Maike Sieler. Sorgen, dass der Zusammensc­hluss der durchaus unterschie­dlichen Einrichtun­gen das Profil ihres Freilichtm­useums verwässern könnte, habe sie nicht, betont die Leiterin. „Wir haben darüber im Vorfeld lange diskutiert. Aber ich denke, dass die einzelnen Museen mit ihren verschiede­nen Schwerpunk­ten voneinande­r profitiere­n.“Dazu komme der fachliche Austausch untereinan­der, sagt Maike Sieler, der gerade in Zeiten von Corona extrem wertvoll sei.

Schließlic­h leidet auch der Archäologi­sche Park Cambodunum – ebenso wie alle Museen – an den Folgen der Pandemie. „Unsere Besucherza­hlen sind fast um die Hälfte zurückgega­ngen“, sagt die Museumslei­terin. Dabei sei ihr Haus noch in der vergleichs­weise komfortabl­en Situation, dass man ohnehin nur von März bis November geöffnet habe – und weite Teile der Ausstellun­g im Freien liegen. So wurde erst 2020 ein neuer Erlebnisru­ndweg mit 15 Stationen eröffnet, auf dem die Besucherin­nen und Besucher mittels einer Handy-App in die Zeit der Römer eintauchen können.

Als Nächstes, kündigt Maike Sieler an, werde man im Mai eine neue Dauerausst­ellung eröffnen. Sie soll dazu beitragen, dass im APC alsbald wieder ein ähnlich großer Andrang herrscht wie vor der Corona-Krise. Und: dass der Name Cambodunum künftig auch den meisten Allgäuurla­ubern zum Begriff wird.

 ?? FOTO: NETZWERK ANTIKE BAYERN ?? Maike Sieler, Leiterin des Archäologi­schen Parks Cambodunum in Kempten, will gemeinsam mit der Glyptothek in München und anderen Museen auf die antiken Spuren in Bayern aufmerksam machen.
FOTO: NETZWERK ANTIKE BAYERN Maike Sieler, Leiterin des Archäologi­schen Parks Cambodunum in Kempten, will gemeinsam mit der Glyptothek in München und anderen Museen auf die antiken Spuren in Bayern aufmerksam machen.

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