Ein Netzwerk für Bayerns Antike
Sieben Museen wollen sich gemeinsam vermarkten – Mit dabei ist auch der Archäologische Park in Kempten
- Über mangelnden Tourismus kann sich das Allgäu wahrlich nicht beschweren – und doch gibt es da zumindest aus Sicht von Maike Sieler einen Haken: „Die meisten Urlauber verbinden die Region mit Bergen, Wandern und Skifahren“, sagt die Leiterin des Archäologischen Parks Cambodunum (APC) in Kempten. „Viele Touristen, die dann mal an einem Regentag zu uns kommen, sind bass erstaunt, dass es hier so etwas gibt.“
Was sie meint, sind die Überreste einer der ältesten schriftlich erwähnten Städte in ganz Deutschland – nämlich Cambodunum, das in der frühen und hohen Kaiserzeit eine der bedeutendsten Römersiedlungen in der Provinz Rätien und vermutlich deren erste Hauptstadt noch vor Augsburg war. „Wir sind so alt wie Trier und historisch mindestens ebenso bedeutsam“, sagt Maike Sieler. Was sie nicht sagt: Anders als in Trier spielt die römische Geschichte für den Otto-Normal-Urlauber im Allgäu nur eine untergeordnete Rolle. Und den Namen Cambodunum haben viele noch nie gehört
Auch um dies zu ändern, hat sich der APC nun mit sechs weiteren Einrichtungen im Freistaat zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Der Name: Antike in Bayern. Nebst dem Freilichtmuseum in Kempten, das zu Vor-Corona-Zeiten circa 27 000 Menschen im Jahr anzog, sind auch die Glyptothek und die Staatlichen Antikensammlungen in München beteiligt, mithin zwei Häuser von Weltrang. Im Weiteren gehören zu dem Netzwerk die wegen Sanierungsarbeiten derzeit geschlossene Archäologische Staatssammlung in München und deren Zweigstelle, das Römer-Kelten-Museum in Manching bei Ingolstadt sowie das Pompejanum in Aschaffenburg, das Römer-Museum in Weißenburg und das seit einigen Jahren heimatlose Römermuseum in Augsburg.
„Das Ziel ist es, im Verbund über verschiedene Medien auf die Archäologie in Bayern aufmerksam zu machen“, sagt Astrid Fendt, die Sprecherin
des Museumsnetzwerks, bei der Vorstellung der ersten gemeinsamen Sonderausstellung im Infopoint der Landesstelle für die nicht staatlichen Museen in München. Bereits auf den Weg gebracht habe man eine gemeinsame Webseite samt Facebook-Auftritt sowie eine Broschüre, die alle Häuser auf einen Blick vorstelle. Das übergreifende Motto lautet: Auf den Spuren der Römer, Kelten, Griechen und Etrusker.
„Wir wollen mit gemeinsamen Aktionen das Interesse von Laien und Kennern an der Antike wecken“, betont die Archäologin Astrid Fendt, die als Kuratorin an den Antikensammlungen und der Glyptothek tätig ist. Ein Schwerpunkt soll ihr zufolge auf den digitalen Kanälen liegen. „Die Reiseplanung erfolgt heute in den meisten Fällen über das Internet“, sagt Astrid Fendt. „Hier wollen wir uns im Bereich Tourismus-Marketing besser und agiler vermarkten.“Als nächstes Projekt sei ein Reiseführer zum Thema Antike in Bayern geplant, der sowohl in Buchform als auch in einer digitalen Version erscheinen werde.
„Das Netzwerk bietet uns im touristischen Bereich die Chance, dass wir an Orten beworben werden, an denen wir als Einzelhaus sonst nicht vorkommen würden“, sagt die Kemptener Museumschefin Maike Sieler. Sorgen, dass der Zusammenschluss der durchaus unterschiedlichen Einrichtungen das Profil ihres Freilichtmuseums verwässern könnte, habe sie nicht, betont die Leiterin. „Wir haben darüber im Vorfeld lange diskutiert. Aber ich denke, dass die einzelnen Museen mit ihren verschiedenen Schwerpunkten voneinander profitieren.“Dazu komme der fachliche Austausch untereinander, sagt Maike Sieler, der gerade in Zeiten von Corona extrem wertvoll sei.
Schließlich leidet auch der Archäologische Park Cambodunum – ebenso wie alle Museen – an den Folgen der Pandemie. „Unsere Besucherzahlen sind fast um die Hälfte zurückgegangen“, sagt die Museumsleiterin. Dabei sei ihr Haus noch in der vergleichsweise komfortablen Situation, dass man ohnehin nur von März bis November geöffnet habe – und weite Teile der Ausstellung im Freien liegen. So wurde erst 2020 ein neuer Erlebnisrundweg mit 15 Stationen eröffnet, auf dem die Besucherinnen und Besucher mittels einer Handy-App in die Zeit der Römer eintauchen können.
Als Nächstes, kündigt Maike Sieler an, werde man im Mai eine neue Dauerausstellung eröffnen. Sie soll dazu beitragen, dass im APC alsbald wieder ein ähnlich großer Andrang herrscht wie vor der Corona-Krise. Und: dass der Name Cambodunum künftig auch den meisten Allgäuurlaubern zum Begriff wird.