Lindauer Zeitung

71-Jähriger entscheide­t sich gegen ein Auto

Im Mai 2021 verkauft der Rentner sein Auto – Wie es ihm mit der Herausford­erung geht

- Von Ronja Straub

- Während viele im Alter weniger mobil werden, ist es bei einem 71-Jährigen Wasserburg­er genau andersheru­m: Mit 70 Jahren beschließt Johannes Enders, sein Auto zu verkaufen und nur noch Zug oder mit dem Rad zu fahren. Er bereut seine Entscheidu­ng nicht.

„Im letzten Sommer stand mein Auto nur herum“, sagt Johannes Enders. Als er vor zehn Jahren vom Ruhrgebiet an den Bodensee nach Wasserburg gezogen ist, hatte er seinen Plan schon vage im Kopf: Er stellte sich einen Alltag ohne Auto vor. Und plötzlich wirkte es ganz einfach: Metzger, Bäcker und die Bank – viele Stationen für den täglichen Bedarf sind, von der Residenz der Stiftung Liebenau, in der er wohnt, um die Ecke. Die Wege sind kurz, der Rentner fährt gerne Rad, für Notfälle kann er sich ein Auto leihen.

Im Mai 2021 stand die Entscheidu­ng dann fest: Weil sowieso gerade wieder Reparature­n an seinem Auto anstanden und Enders nicht noch mehr Geld investiere­n wollte, verkaufte er das Fahrzeug. Ganz sicher war er sich aber noch nicht. Im Sommer hatte er schon einmal für vier Monate sein Auto stehen lassen. Das war einfach. Dass es in den Wintermona­ten eine Herausford­erung werden würde, war ihm klar.

Und wie meistert er sein neues Leben? „Bisher läuft es gut“, sagt der 71-Jährige. Mit einer guten Ausrüstung, wie Regenhose, warme Kleidung, könne man gut durchkomme­n. Wenn es kalt ist, müsse man sich eben anziehen. Schon lange hat der 71-Jährige einen Bezug zum Rad. In seiner Freizeit trifft er sich seit vielen Jahren zum Rennradfah­ren. Das Gute: So sehe er mehr von der Umgebung, sei näher an den Menschen dran. „Es gibt gewisse Lösungen“, erklärt Johannes Enders. „Man muss kreativ sein und muss Dinge verlagern.“

Strecken unter fünf Kilometern seien ohnehin sinnvoller mit dem Fahrrad zurückzule­gen. Mittlerwei­le hat er sich auch ein Pedelec zugelegt. Zum Einkaufen zum Beispiel radelt Johannes Enders, am Gepäckträg­er seines Fahrrads baumeln links und rechts zwei große Taschen. „In die passt alles rein.“Schwere Getränkekä­sten könne man sich einfach zuliefern lassen, sagt der fitte Rentner. Um auf den Wertstoffh­of zu fahren, leiht er sich ab und zu das Auto eines

Nachbarn aus, den Gelben Sack könne man auch mit dem Rad wegbringen. Macht er Wanderausf­lüge, lässt er sich von anderen mitnehmen.

Was aus Enders’ Mund ganz einfach klingt, ist für andere aber nicht so leicht zu stemmen. Das weiß der Wasserburg­er auch. Familien mit Kindern zum Beispiel hätten einen viel größeren Aufwand. Er räumt ein: „Wenn ich zur Arbeit müsste, ginge es nicht.“Denn als Sozialarbe­iter musste er oft in der ganzen Umgebung umherfahre­n, zum Beispiel zwischen Amtsgerich­t und Klienten.

Aber als Rentner habe er Zeit, sich in die Thematik reinzufuch­sen. Denn ein autofreies Leben erfordert mehr Planung und Zeit. Zugverbind­ungen müssen rausgesuch­t werden – das macht er mit Apps auf dem Smartphone. Enders hat eine E-Card des Verkehrsve­rbunds BodenseeOb­erschwaben (Bodo), damit ist er mobil und kann unkomplizi­ert in der nahen Umgebung Zug fahren, sagt er. Teilweise fahre er auch eine Strecke mit dem Zug und zurück mit dem Rad. Um weitere Ziele zu erreichen, zum Beispiel um nach München zu kommen, nutzt Enders das BayernTick­et der Deutschen Bahn. „Mit dem Auto hätte ich solche Ausflüge gar nicht gemacht.“

Enders weiß aber auch, dass andere in seinem Alter zum Beispiel kein Handy haben, sondern – wenn überhaupt – nur einen Computer. Das macht es schon komplizier­ter, spontan von unterwegs eine Verbindung herauszusu­chen. „Aber man kann das alles lernen“, findet der Senior.

Eigentlich hätte Enders auch gerne eine Car-Sharing-Gemeinscha­ft gegründet und sich mit anderen Menschen ein Auto geteilt. Aber dafür ließen sich in der Nähe nicht genug Menschen finden, die mitmachen wollten. Um Geld geht es dem Rentner nicht. Wie die finanziell­e Bilanz

aussieht, könne er nicht genau sagen. Wie die finanziell­e Bilanz aussieht, könne er nicht genau sagen. Der Rentner gibt im Monat rund 100 Euro für ÖPNV aus. Die Kosten mit einem Auto sind da deutlich höher. Sprit, Versicheru­ng oder Reparature­n haben ihn schon um die 400 Euro gekostet.

Mit seinem autofreien Leben ist Enders glücklich. „Die meisten Leute wollen ein Auto vor der Tür, um spontan zu sein“, meint er. Würde man sich aber mehr mit dem Thema auseinande­rsetzen, ginge es oft auch anders.

„Leute, die sich jahrelang auf das Auto fixiert haben, kommen nur schwer wieder raus.“Für ihn steht der Bedarf an einem Auto nicht in Relation zu den Ressourcen, die dafür aufgewandt werden müssen. Hauptsächl­ich der Umwelt zuliebe verzichtet Enders auf sein Auto. „So wie es aktuell ist, kann es nicht weitergehe­n“, sagt er. „Wir müssen umdenken.“

(lz/jule) - Ein Apotheker hat am Mittwochab­end die Polizei gerufen. Er war von einem Mann verletzt worden, der ihm offenbar einen gefälschte­n Impfpass unterjubel­n wollte.

Gegen 17.40 Uhr verständig­te ein Apotheker aus der Bregenzer Straße die Lindauer Polizeiins­pektion und teilte mit, dass er von einem Kunden angegriffe­n und verletzt wurde. Bei den Ermittlung­en stellte sich heraus, dass vermutlich ein Schweizer in die Apotheke kam und ein digitales Impfzertif­ikat beantragte. Bei der

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FOTO: RONJA STRAUB Leben ohne Auto: Johannes Enders bewältigt seine Wege nur noch mit dem Fahrrad und dem Zug. Im Notfall leiht er sich ein Auto von seinem Nachbarn.
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