„Wir arbeiten oft bis Mitternacht“
AllgäuLab in Kempten hat mit PCR-Tests alle Hände voll zu tun - Pooltests könnten unter Umständen helfen
- Kistenweise Teströhrchen werden am Mittwochvormittag ins AllgäuLab in Kempten gebracht. Sie enthalten die PCR-Pooltests von 900 Grundschulklassen – also Abstriche von etwa 18 000 Schülern. Für die Mitarbeiter des medizinischdiagnostischen Labors ist das Alltag. Sie sortieren und etikettieren die Proben. Dann geht es an die Auswertung. Vor der Pandemie hatten PCRAnalysen, beispielsweise wegen Grippeviren, weniger als ein Zehntel der Arbeit des Labors ausgemacht. Nun arbeiten ebenso viele Mitarbeiter in der PCR-Abteilung wie im Hauptlabor, sagt Virologe Matthias Lapatschek, einer der beiden Eigentümer. „Wir haben massiv Leute eingestellt.“Mit ausreichend Vorlauf sei es auch möglich, Kapazitäten noch weiter auszubauen. Und doch: Weil viele Labore in Deutschland an der Belastungsgrenze sind, haben Bund und Länder beschlossen, dass bei Engpässen künftig Priorisierungen für PCR-Tests vorgenommen werden sollen.
Die Tests sollen demnach auf „vulnerable Gruppen und Beschäftigte, die diese betreuen und behandeln“konzentriert werden. Beispielsweise auf das Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Laut Gesundheitsminister-Konferenz wird ansonsten weitestgehend mit Schnelltests gearbeitet. So soll ein positiver Schnelltest künftig nicht mehr mit einem PCR-Test bestätigt werden, sondern mit einem zweiten überwachten Schnelltest eines anderen Fabrikats. Ab wann dies gilt, ist noch unklar. „Die Abstimmungen zur neuen Testverordnung sind aktuell noch nicht abgeschlossen“, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium.
In einer Phase, in der die Inzidenzen wie jetzt hoch sind, hält Matthias Lapatschek die Konzentration auf Schnelltests durchaus für sinnvoll. Diese seien sensibel genug, um zumindest hochansteckende Personen zu erkennen. Zudem halte sich die Zahl falsch-positiver Tests statistisch gesehen in Grenzen und ein zweiter Test von einem anderen Hersteller bringe in der Regel Klarheit. „Wichtig ist, die vom Paul-EhrlichInstitut als verlässlich eingestuften Fabrikate zu verwenden.“Dass die Laborkapazitäten in Deutschland in Sachen PCR-Tests an ihre Grenzen stoßen, kann Lapatschek nur bedingt bestätigen. Im Norden des Landes sei das zum Teil der Fall. In Bayern gestalte sich die Situation etwas anders, weil es hier lange Zeit kostenlose PCR-Bürgertests gegeben habe und die Labore entsprechend gut aufgestellt seien. „Wir haben trotzdem sehr viel zu tun und arbeiten unter der Woche oft bis Mitternacht.“
Doch wie kommt es, dass in anderen Ländern, beispielsweise in Österreich, die Kapazitäten viel größer zu sein scheinen? „Die PCR-Testkapazität ist nicht gottgegeben. Es kommt immer auf die Strategie an. Und in Deutschland liegt der Fokus eben schon länger auf den Schnelltests.“In Österreich würden zudem bei den PCR-Bürgertests meist Pooltests durchgeführt. Das heißt, dass die Proben von mehreren Personen vermischt und dann gemeinsam ausgewertet werden.
In Bayern gibt es das bislang nur in der Grundschule: Die Kinder geben laut Lapatschek zwei Teststäbchen ab. Eines kommt in ein Sammelröhrchen, das zweite wird extra verpackt. Im Labor wird dann zunächst nur das Sammelröhrchen ausgewertet, das Proben aller Kinder enthält. Ist das Ergebnis negativ, werden die zweiten Abstriche entsorgt. Nur bei einem positiven Fall werden die sogenannten Rückstellproben einzeln überprüft. Solche Pooltests hält Lapatschek auch für weiterführende Schulen oder in Betrieben für sinnvoll, um Kapazitäten zu schonen – zumindest in einer Phase, in der die Inzidenzen überschaubar sind und nicht die Gefahr besteht, dass in den meisten Fällen die Rückstellproben ausgewertet werden müssen.
Ein weiterer Faktor, der es den Laboren erschwere, mehr PCRTests durchzuführen, sei die überbordende Bürokratie in diesem Bereich: „Wir könnten schneller arbeiten, wenn wir nicht mit so viel Papierkram beschäftigt wären“, stellt Lapatschek fest. Es gebe derzeit zum Beispiel allein sechs unterschiedliche Abrechnungsmodelle. „Die Testverordnung gehört in dieser Hinsicht entrümpelt“, fordert der Kemptener Virologe eindringlich.