Friedrichshafens Graffiti-Problem
Polizei und Stadt können gegen die vielen Schmierereien nur bedingt etwas tun
- Illegale Graffiti an den unterschiedlichsten Stellen werden in Friedrichshafen zunehmend zum Problem. Laut Polizei nehmen die Schmierereien in letzter Zeit zu. Für die Stadt sind die Sachbeschädigungen ein teures Ärgernis – gegen das aber nur wenig unternommen werden kann.
Anfang Januar waren nicht nur Mitglieder der katholischen Gemeinde schockiert, nachdem Unbekannte die Fassade der Ailinger Haldenbergkapelle mit großflächigen Graffiti verschmiert hatten. Kein Einzelfall in Friedrichshafen und seinen Ortsteilen. Wer die Berichte des Polizeipräsidiums Ravensburg im Auge behält, kann fast alle paar Tage einen Vorfall, der mit solcher „StreetArt“zu tun hat, nachlesen. „Wenngleich Graffiti über das Jahr verteilt immer wieder auftauchen, so war im Stadtgebiet Friedrichshafen und auch in den umliegenden Gemeinden in den letzten Wochen ein gewisser Anstieg bei den Graffiti- und Farbschmierereien zu verzeichnen“, sagt Simon Göppert, Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg.
Die Stadt Friedrichshafen muss sich schon lange mit Graffiti im öffentlichen Raum herumschlagen. Von Straßenschildern oder Bushaltestellen über Hauswände und Unterführungen bis hin zu Mauern im Uferbereich. „In den öffentlichen WC-Anlagen und insbesondere auch bei der Musikmuschel und dem Pavillon
im Uferpark haben wir durchgängig mit Graffiti in unterschiedlichen Ausmaßen zu kämpfen“, sagt Andrea Kreuzer, Sprecherin der Stadt Friedrichshafen. Aktuell falle aber auf, dass weitere Gebäude wie Schulen, Hallen oder öffentliche Gebäude in den Fokus von GraffitiSprühern rückten, erklärt die Sprecherin weiter. So sei durch die Schmierereien allein in den vergangenen vier Monaten eine Schadenssumme von etwa 12 000 Euro entstanden. „Es ist eine Tendenz zu erkennen, dass die Schadensfälle zunehmen. Nicht nur durch Graffiti, sondern auch durch Vandalismus allgemein“, sagt Kreuzer.
Eine bestimmte Gruppe, die für die vielen Graffiti verantwortlich ist, lässt sich laut Stadt und Polizei nicht ausmachen. Vielmehr vermute man unterschiedliche Personen dahinter, jugendliche Cliquen, aber auch Einzelpersonen. Eine Rückverfolgung gestaltet sich schwierig: „Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass in den meisten Fällen lediglich inhaltlich augenscheinlich belanglose Texte oder Zeichen angebracht werden“, so Polizeisprecher Göppert. „Individualmerkmale“und sich wiederholende Schriften, die eine eindeutige Zuordnung zulassen würden, gebe es nur selten. „Darüber hinaus agieren die Täter vorwiegend im Verborgenen und wählen gezielt Tatorte und Tatzeiten, an denen sie mutmaßlich nicht beobachtet werden“, sagt der Polizist.
Für die Aufklärung dieser Straftaten seien Zeugen, die der Polizei Hinweise geben, deshalb besonders wichtig. Sie sollten sich unbedingt melden. „Sofern der Täter noch am Werk ist, auch über Notruf 110“, sagt Simon Göppert. Die Polizei dokumentiere sämtliche Graffiti, um Rückschlüsse auf Schmierfinken zu ziehen. „Jedes einzelne Graffiti kann möglicherweise die Spur zum Täter einer ganzen Serie sein“, erklärt der Sprecher.
Aus dem Stadtbild verschwinden werden die Sachbeschädigungen auf absehbare Zeit wohl nicht. „Leider gibt es wenig dauerhaft erfolgversprechende Maßnahmen“, sagt
Stadtsprecherin Andrea Kreuzer. Sofern möglich, würden Graffiti entfernt – entweder vom Bauhof, von den Schulhausmeistern oder von Fachfirmen. Schwierig werde es im Uferbereich, gerade bei Natursteinmauern. „Technisch erscheint hier eine Beseitigung der Graffiti nahezu unmöglich, da solche Bereiche mit Reinigungsgeräten wie Hochdruckreinigern oft nicht zugänglich sind. Außerdem könnten bei der Entfernung auch Farbrückstände in den See gelangen, was kritisch ist“, sagt Kreuzer. Gleiches gelte für den Einsatz von Reinigungs- und Lösungsmitteln.
Damit es überhaupt nicht erst zum Graffiti kommt, würden „besonders neuralgische Punkte“verstärkt kontrolliert – auch mithilfe eines privaten Sicherheitsdiensts. Die Polizei nimmt diese Art der Straftaten ebenfalls in den Fokus: Sogenannte „Jugendschutzstreifen“seien vermehrt unterwegs, auch als Sondereinsätze in den Nachtstunden, so Polizeisprecher Simon Göppert. Der Grund: „Jugendtypische Delikte“wie Sachbeschädigung, aber auch Körperverletzungsdelikte hätten das Häfler Polizeirevier im vergangenen Jahr „sehr beschäftigt“, sagt der Polizist.
Um Graffiti von vornherein zu verhindern, setzen Stadt und Polizei zudem auf Prävention. So veranstaltet das Polizeipräsidium Ravensburg regelmäßig Workshops, vorwiegend für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 7 oder 8 aus dem Bodenseekreis. Bei diesen werde verdeutlicht, dass die Schmierereien strafbar sind und ernste Konsequenzen haben können. Aber auch „alternative Sprayerplätze“, also Orte, an denen legal gesprüht werden kann, sind bei den Workshops Thema, so Simon Göppert.
Die Stadt Friedrichshafen hat in der Vergangenheit im Jugendhaus Molke immer wieder Graffiti-Workshops angeboten. Zurzeit finden diese zwar nicht statt, man plane aber, sie bald wieder anzubieten, sagt Sprecherin Andrea Kreuzer. Aber: Mehr Flächen für das legale Sprühen bereitzustellen, plant die Stadt derzeit nicht.