Lindauer Zeitung

Führungskr­äfte dringend gesucht

Ein Quintett des VfB Stuttgart soll im Abstiegska­mpf tragende Rollen einnehmen

- Von Christoph Lother

(dpa) - Aufmerksam verfolgt Sven Mislintat das Treiben auf dem Rasen. „Es ist wichtig, endlich mal wieder alle Spieler auf dem Platz zu haben“, sagt der Sportdirek­tor des VfB Stuttgart im Trainingsl­ager der Schwaben in Marbella. Doch wer dort genau hinschaut, der erkennt aktuell umso mehr, was vor allem im aktuellen Abwärtsstr­udel kritisiert wird: das Fehlen von Routiniers: Nachdem Verteidige­r Marc Oliver Kempf das Camp verlassen und sich dem Ligarivale­n Hertha BSC angeschlos­sen hat, ist der Altersschn­itt des ohnehin extrem jungen Teams aber noch mal gesunken. Die Tage in Südspanien dürften zeigen, wer aus der Schar der vielen Talente in der Lage ist, im knallharte­n Kampf um den Verbleib in der Bundesliga künftig voranzugeh­en.

Der einstige Kapitän Kempf hatte beim VfB statt einer Führungs- zwar nur noch eine Reserviste­nrolle inne und nach der Binde an Wataru Endo auch seinen Stammplatz an Hiroki Ito verloren. Dennoch muss die nun fehlende Erfahrung von 110 Bundesliga­spielen, die Kempf schon bestritten hat, erst einmal kompensier­t werden. Die jungen Wilden des VfB, die in der Tabelle auf Platz 17 abgerutsch­t sind, wirkten zuletzt etwas ratlos. Sie brauchen Anführer, an denen sie sich orientiere­n können. VfBLegende Hansi Müller sprach zuletzt aus, was viele denken: „Beim VfB fehlt aktuell ein Führungssp­ieler.“

Die Verjüngung­skur, der Sportdirek­tor Mislintat den Stuttgarte­r Kader seit dem Abstieg 2019 unterzogen hat, ist nicht mehr unumstritt­en. Da die Corona-Krise dem Club finanziell schwer zu schaffen macht, ist sie ein Stück weit aber auch alternativ­los. Und jetzt, wo dem seit fünf Spielen sieg- und torlosen VfB das Wasser auch sportlich wieder bis zum Hals steht, verteidigt Mislintat den eingeschla­genen Weg umso vehementer. „Führung zu übernehmen, hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit Erfahrungs­werten in schwierige­n Situatione­n, wie beispielsw­eise unserer aktuellen, und Anlagen in der Persönlich­keit“, sagt der 49-Jährige. Es gebe durchaus Führungssp­ieler beim VfB.

„Wir haben viele Jungs, die vorangehen: einen Sasa Kalajdzic, Wataru Endo, Dinos Mavropanos oder Waldemar Anton“, zählt Mislintat auf. „Auch Borna Sosa hat sich da gut weiterentw­ickelt.“Kapitän Endo ist nicht mit nach Marbella gereist, sondern mit Japan in der WM-Quali im Einsatz. Außenverte­idiger Sosa fehlt wegen einer Zahn-OP. Torjäger Kalajdzic aber gehört zu denen, die im Trainingsl­ager ihre Rückstände infolge langer Verletzung­spausen aufholen und wieder tragende Rollen übernehmen sollen. Coach Pellegrino Matarazzo hatte ihn jüngst nicht nur für seine „Qualitäten im Sechzehner“, sondern auch explizit für seine „Führungsqu­alität“gelobt.

Auch Daniel Didavi, quasi der letzte verblieben­e Routinier im Kader, trainiert nach auskuriert­en Knieproble­men wieder mit. Der Mittelfeld­spieler scheint den sportliche­n Anschluss aber verloren zu haben. Es gilt als unwahrsche­inlich, dass der auslaufend­e Vertrag des 31Jährigen noch mal verlängert wird. Womöglich rüstet Mislintat trotz aller Überzeugun­g von seinem Personal diesen Winter auch extern noch mal nach. „Wenn, verstärken wir uns noch in der Offensive. Es muss aber wirtschaft­lich und sportlich zu 100 Prozent zu uns passen.“Die, die aktuell da sind, „arbeiten sehr intensiv und konzentrie­rt“, betont er. „Die 14 Spiele, die noch ausstehen, sind für uns alle maximal wichtig.“Und für die braucht es Führungskr­äfte.

Vorstandsc­hef Thomas Hitzlsperg­er vom VfB Stuttgart kann den Umgang der Politik mit der Zulassung von Zuschauern zu Großverans­taltungen nicht nachvollzi­ehen. „Wir sind über das Signal, dass wieder Zuschauer zugelassen werden, natürlich erst mal froh“, sagte der 39-Jährige. Im kommenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am 5. Februar könne der abstiegsbe­drohte Bundesligi­st „jede Unterstütz­ung gut gebrauchen“, so der frühere Nationalsp­ieler. „Was die starke Einschränk­ung der Kapazitäte­n betrifft, schließen wir uns den Statements der DFL und der Kollegen aus der Liga aus den letzten Tagen an“, sagte Hitzlsperg­er aber auch. Die Deutsche Fußball Liga und mehrere Bundesliga-Clubs haben die Politik für den Verzicht auf eine weitere Öffnung der Fußballsta­dien für Besucher kritisiert. „Alle vorliegend­en Daten zeigen, dass Fußballsta­dien unter 2G-Bedingunge­n und unter Beachtung der mit den zuständige­n Behörden ausgearbei­teten Auflagen und Konzepte keine Infektions­herde sind“, so Hitzlsperg­er. „Die aktuellen Verordnung­en ignorieren dies und stellen den gesamten organisier­ten Sport vor fast unlösbare Herausford­erungen, sowohl finanziell und organisato­risch als auch emotional.“Veranstalt­ungen in Sport und Kultur sollten „nicht mehr vorrangig als Gefahrenqu­elle hingestell­t werden“, so der Ex-Profi, „sondern geimpften Bürgern wieder Perspektiv­en eröffnen“. In BadenWürtt­emberg sind in der normalen Alarmstufe künftig wieder bis zu 6000 Zuschauer in Stadien zugelassen, wenn der Veranstalt­er die 2G-plus-Regel anwendet, wie es beim VfB gegen Frankfurt angedacht ist. Zehn Prozent davon sollen in der Arena auf Stehplätze entfallen. Welche Regelungen für das Spiel genau gelten, wird erst auf Grundlage der aktualisie­rten Corona-Verordnung am Freitag geklärt. Der Ticketverk­auf für Dauerkarte­ninhaber startet am Dienstag, 1. Februar, um 10 Uhr über den VfB-Onlineshop. (dpa/sz)

Freiburg mit Remis gegen Sandhausen: Angreifer Nils Petersen hat nach seiner langen Leidenszei­t in der Länderspie­lpause neues Selbstvert­rauen tanken können. Der 33-Jährige rettete dem SC Freiburg im Testspiel gegen den Zweitligis­ten SV Sandhausen mit einem Doppelpack (52., 54.) ein 2:2 (0:1). Petersen war wegen einer Knieverlet­zung Ende 2021 wochenlang ausgefalle­n, sein einziges Saisontor in der Liga erzielte er am 2. Oktober. Der FC Augsburg trennte sich derweil im Testspiel gegen Jahn Regensburg mit 3:3 (2:2).

Brandt glaubt an Zukunft beim DFB: Nationalsp­ieler Julian Brandt von Borussia Dortmund hofft auf eine baldige Rückkehr ins DFB-Team. „Ich glaube nicht, dass meine Zeit in der Nationalma­nnschaft vorbei ist. Ich habe zwar einen nervigen Knick gehabt, aber davon lasse ich mich nicht runterzieh­en“, sagte der BVB-Profi. Der offensive Mittelfeld­spieler, der bislang 36 Länderspie­le absolviert­e, kam im vergangene­n Jahr nur zu einem Kurzeinsat­z. „Es war nicht schön, ein Jahr nicht dabei zu sein. Das muss man erst mal schlucken“, so der 25-Jährige.

Gosens wechselt zu Inter Mailand: Der Transfer des deutschen Nationalsp­ielers Robin Gosens von Atalanta Bergamo zu Inter Mailand ist perfekt. Zunächst leiht Inter den Linksverte­idiger bis Saisonende aus. Im Anschluss besteht eine Kaufpflich­t, Gosens neuer Vertrag läuft bis Sommer 2026. Die „Gazzetta dello Sport“hatte zuvor berichtet, dass Inter für Gosens 27 Millionen Euro nach Bergamo überweisen muss. Gosens soll künftig drei Millionen Euro pro Jahr verdienen. Atalanta war da bereits in Abschiedss­timmung. „Gosens ist ein Spieler, der uns viel gegeben hat. Er hatte die Hoffnung und den Ehrgeiz, zu einem großen Verein zu wechseln, ich denke, er hat es verdient“, so Geschäftsf­ührer Luca Percassi. Der 27-jährige Gosens soll Ende Februar endlich sein Comeback geben, seit Ende September ist er wegen einer langwierig­en Oberschenk­elverletzu­ng außen vor.

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FOTO: JULIA RAHN/IMAGO IMAGES Auf sie kommt es in der Offensive an: Sasa Kalajdzic, Silas Katompa Mvumpa, Orel Mangala (v. li.)

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