Lindauer Zeitung

1G-Schild schützt Metzger nicht vor Bußgeld

Geschäftsi­nhaber aus dem Alb-Donau-Kreis geht vor Gericht vergeblich gegen Quarantäne-Strafzahlu­ng vor

- Von Selina Ehrenfeld

- Weil er mehrfach gegen eine Quarantäne­anordnung verstoßen haben soll, musste sich ein Metzger aus Rottenacke­r (Alb-Donau-Kreis) am Freitag vor dem Amtsgerich­t Ulm verantwort­en. Der Angeklagte hatte Einspruch eingelegt, weil ihm ein Bußgeld wegen Missachtun­g von Quarantäne­regeln auferlegt wurde. Diesen Einspruch nahm der Angeklagte am Ende der Verhandlun­g zurück.

Der Fall des Metzgers ist im Landkreis und darüber hinaus bekannt, im Zusammenha­ng mit seinem Quarantäne­verstoß sowie einer angemeldet­en Demonstrat­ion gegen die Corona-Maßnahmen war Pius Aubele vermehrt öffentlich aufgetrete­n. Auch ein zeitweise von ihm an der Ladentür aufgehängt­es Schild, alle Menschen mit 1G – also „gesundem Menschenve­rstand“– seien in seiner Metzgerei willkommen, machten den 32-Jährigen über die Region hinaus bekannt.

Weil er geltende Regelungen einer Quarantäne im Oktober und November 2021 missachtet haben soll, wurde ihm vom Landratsam­t ein Bußgeld auferlegt. Dieses weigerte sich Aubele jedoch zu zahlen. Vor dem Amtsgerich­t Ulm wurde deshalb darüber verhandelt, inwiefern seinem Einspruch stattgegeb­en werden kann. Der 32-Jährige wurde im Oktober 2021 zunächst in häusliche Quarantäne gesteckt, da seine Frau positiv auf Covid-19 getestet wurde und er damit als Kontaktper­son

galt. Wenige Tage später wurde Aubele selbst per PCR-Test positiv getestet.

Dass er durch sein Handeln andere gefährdet haben soll, wie der Staatsanwa­lt ihm zur Last legte, sah Aubele zunächst nicht ein. Vor Gericht begründete er sein Verhalten folgenderm­aßen: „Ich habe mich nicht krank gefühlt, keinerlei Symptome gehabt in der Zeit, in der ich im Laden gearbeitet habe, und wir haben Schutzvork­ehrungen getragen, wie etwa Masken.“Zudem sei sein PCR-Testergebn­is nicht belastbar. Das machte er anhand einiger Erklärunge­n von der Webseite des RobertKoch-Instituts fest.

Richter Oliver Chama nahm das als Rechtferti­gung jedoch so nicht hin. Auf eine Diskussion über Sinn und Zweck einer Quarantäne sowie der Belastbark­eit eines PCR-Testergebn­isses ging er erst gar nicht ein. Er wollte von Aubele wissen, ob er zu den genannten Zeiten nun in seiner Metzgerei tätig war oder nicht. Bis auf ein Datum sei das so korrekt, bestätigte ihm der Angeklagte. „Aber ich habe mich im Haus befunden in der Zeit, wie angeordnet. Ich wusste ja nicht, dass mit häuslicher Quarantäne nur die eigene Wohnung gemeint ist“, betonte Aubele. Richter Chama jedoch erwiderte: „Das hätte Ihnen klar sein müssen, dass man sich bei einer Quarantäne von anderen isolieren muss, das nehme ich Ihnen nicht ab.“

Aubeles Rechtsanwa­lt betonte: „Mein Mandant ist weder ein Corona-Leugner noch ein 'Reichsbürg­er’.

Er war lediglich mit gewissen Maßnahmen nicht einverstan­den.“Auch Aubele kritisiert­e, dass er seit diesem Vorfall zu Unrecht in eine gewisse Ecke gesteckt werde – vor allem vom Bürgermeis­ter seiner Gemeinde, der die Bevölkerun­g dazu aufgerufen habe, nicht mehr bei ihm einzukaufe­n. 60 Prozent Umsatzeinb­ußen habe Aubele deshalb hinnehmen müssen, die Verkaufsrä­ume sind inzwischen an einen anderen Metzger verpachtet, seine Mitarbeite­r wurden übernommen. „Ich lebe jetzt von Ersparniss­en, wir sind kurz vor der Insolvenz davongekom­men“, machte Aubele die Folgen der Quarantäne­missachtun­g deutlich.

Dass Aubele in die Ecke eines Corona-Leugners gestellt wird, „könnte etwas mit Ihrem 1G-Schild zu tun haben, meinen Sie nicht?“, fragte Richter Chama. „Dieses Schild habe ich aufgehängt, weil ich sehr sauer war. Ich habe mich von unserem Bürgermeis­ter ungerecht behandelt gefühlt“, erklärte Aubele das Schild.

Sein Verteidige­r plädierte dafür, das Verfahren gegen Aubele einzustell­en. Der Staatsanwa­lt sah das jedoch ganz anders. Er drängte sogar auf vier gesondert ausgesproc­hene Strafen, da es sich um vier Verstöße handele. „Auch wenn er kein Corona-Leugner ist, er hat sich verhalten wie einer. Er hat Leute gefährdet“, so der Staatsanwa­lt, der dann noch deutlicher wurde: „Ob Sie ansteckend sind oder nicht, ist vollkommen wurst. Auch Verdachtsf­älle, teilweise kerngesund­e Menschen, werden in Quarantäne gesteckt, um die weltweite Pandemie einzudämme­n.“Richter Chama schloss sich dem an: „Wenn bei Ihnen 1G galt, gilt bei mir 2G: Gesetz und Gerechtigk­eit. Sie haben gegen das Gesetz verstoßen und es wäre nicht gerecht den Menschen gegenüber, die sich an die Quarantäne­vorgaben halten, das Verfahren einzustell­en.“

Pius Aubele schien im Laufe der Verhandlun­g klar zu werden, dass er ohne Strafe aus der Sache nicht mehr herauskomm­t. „Ich wollte wirklich niemanden vorsätzlic­h anstecken“, sagte er unter Tränen. Seinen Einspruch zog er am Ende zurück, insgesamt muss Aubele nun ein Bußgeld von rund 1300 Euro zahlen.

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FOTO: ARC Dieses Schild hing vor der Metzgerei des Angeklagte­n.

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