Lindauer Zeitung

Franz-Marc-Gemälde „Die Füchse“wird versteiger­t

Düsseldorf hat das Bild erst kürzlich an Erben des jüdischen Vorbesitze­rs übergeben – Christie’s erwartet Rekordprei­s

- Von Dorothea Hülsmeier

(dpa) - Nur wenige Wochen nach der Rückgabe an die Erben des einstigen jüdischen Besitzers soll das expression­istische Meisterwer­k „Die Füchse“von Franz Marc in London versteiger­t werden. Das auf 35 Millionen britische Pfund (rund 42 Millionen Euro) geschätzte Ölgemälde kommt am 1. März als Hauptwerk in die Abendaukti­on, wie das Auktionsha­us Christie’s am Freitag mitteilte.

Die Stadt Düsseldorf hatte das avantgardi­stische Schlüsselw­erk nach einem jahrelange­n Raubkunst-Streit erst am 11. Januar an die Erben des von den Nationalso­zialisten verfolgten Kurt Grawi (1887-1944) zurückgege­ben. Zuvor hatte das 1913 entstanden­e kubistisch­e Gemälde im städtische­n Museum Kunstpalas­t gehangen.

Werke des jung im Ersten Weltkrieg gefallenen Franz Marc (18801916) kommen nach Angaben von Christie’s selten in Auktionen. Marcs Werk sei relativ klein, viele seiner wichtigste­n Bilder befänden sich in großen Museen und nur wenige in privater Hand. Experten erwarten daher einen Rekordprei­s für „Die Füchse“.

„Dies ist ein Bild, das von den weltweit größten Sammlern gejagt werden wird“, sagte Christie’s-Chef Jussi Pylkkänen. Eine Arbeit von Marc mit dieser Geschichte und Qualität sei seit mehr als 50 Jahren nicht mehr auf den Markt gekommen, sagte der Leiter der Abteilung für impression­istische und moderne Kunst, Keith Gill. Das Bild, das zwei ineinander verschlung­ene Füchse zeigt, wird vor der Versteiger­ung in London in den kommenden Wochen in New York und Hongkong gezeigt.

Die im Fall Grawi anspruchsb­erechtigte Erbin ist über 90 Jahre alt. Das Marc-Gemälde war 1962 als Schenkung des Kaufhaus-Unternehme­rs Helmut Horten nach Düsseldorf gekommen. Es war eines der Spitzenwer­ke des Kunstpalas­ts. Die Stadt Düsseldorf war mit der Restitutio­n einer in Fachkreise­n umstritten­en Empfehlung der Beratenden Kommission für Raubkunstf­älle gefolgt. Der Bankier und Unternehme­r Grawi war nach 1933 in Deutschlan­d erhebliche­n Repression­en ausgesetzt. 1938 wurde er mehrere Wochen im Konzentrat­ionslager Sachsenhau­sen inhaftiert. 1939 konnte er nach Chile auswandern. 1940 verkaufte er das Bild in New York.

Über die Rückgabe des Werks hatte es eine kontrovers­e Debatte gegeben, da das Bild erst nach der Emigration Grawis im Ausland verkauft worden war. Nach Auffassung der Beratenden Kommission mussten „Die Füchse“restituier­t werden, auch wenn der Verkauf außerhalb des NS-Machtberei­ches abgeschlos­sen worden sei. Die Veräußerun­g 1940 in New York sei die unmittelba­re Folge der Inhaftieru­ng im Konzentrat­ionslager und der anschließe­nden Flucht Grawis gewesen. Grawi hätte das Bild nicht verkauft, wenn er nicht von den Nazis verfolgt worden wäre. Er habe betont, für ihn und seine Familie bedeute das Ergebnis des Verkaufs „die Grundlage für unsere Auswanderu­ng“.

Die Stadt Düsseldorf hatte dagegen argumentie­rt, dass das Gemälde sich seit Mai 1939 außerhalb des NS-Machtberei­chs befunden habe. Die Familie sei zum Zeitpunkt des Verkaufs 1940 in Südamerika gewesen. Grawis Ehefrau habe nach dem Krieg zwar die Rückerstat­tung der erlittenen Verluste gefordert, nicht aber das Werk von Marc.

Franz Marc gehörte zusammen mit Wassily Kandinsky zu den Begründern der Künstlergr­uppe „Blauer Reiter“. Pylkkänen verglich „Die Füchse“in ihrer Bedeutung mit Ernst Ludwig Kirchners ebenfalls 1913 entstanden­er „Berliner Straßensze­ne“. Auch die Geschichte der beiden Meisterwer­ke weist Parallelen auf. So wurde das Kirchner-Bild ebenfalls an Erben ehemaliger jüdischer Besitzer zurückgege­ben und unmittelba­r nach der Restitutio­n im Jahr 2006 versteiger­t für umgerechne­t mehr als 30 Millionen Euro.

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FOTO: DPA Zwei ineinander verschlung­ene rote Füchse prägen das Werk von Franz Marc (1913). Der Schätzwert liegt bei 42 Millionen Euro.

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