Lindauer Zeitung

Wenn streikende Technik zum Schwarzfah­ren zwingt

Abenteuer Stadtbus: E-Card-Lesegeräte oft kaputt, teilweise auch Fahrschein­automaten defekt

- Von Evi Eck-Gedler

- Ob nun Bahn oder Bus: Vom Auto in den ÖPNV umsteigen. Das klingt ökologisch gut. Doch es gibt Momente, da ist das viel leichter gesagt als getan. Dann kostet es nämlich vor allem eines: Nerven. Das berichten Menschen in Lindau immer wieder – vor allem dann, wenn der gute Wille zum Stadtbusfa­hren schon an einer Fahrkarte scheitert.

„Wir wollen das Problem nicht schönreden“, gibt die Pressespre­cherin der Stadtwerke und des Lindauer Stadtbusse­s, Manuela Schlichtli­ng, unumwunden zu: „Es ist schlicht unbefriedi­gend, so wie es ist.“Denn immer öfter bekommt sie oft Klagen und Kritik von Stadtbus-Nutzern zu hören. Vor allem von jenem Teil der Kundschaft, die keine Monats- oder Jahreskart­e brauchen, die aber gerne einfach spontan per ÖPNV in Lindau von A nach B wollen. Deren Problem: die defekte Technik in den Bussen, wenn sie einen Fahrschein lösen wollen.

Das Wetter ist mies, das Auto soll zu Hause bleiben. Also einfach den nächsten Stadtbus nutzen. In der Jackentasc­he steckt ohnehin eine ECard des Verkehrsve­rbunds Bodo, die jederzeit bargeldlos­es Nutzen des öffentlich­en Nahverkehr­s (ÖPNV) ermöglicht. Bei der Bahn ist das Ein- und Auschecken mit der gelben Karte an den Bahnhöfen schon lange Alltag. Die Regionalbu­sse sind einige Zeit danach ebenfalls mit Geräten für diese Variante ausgestatt­et worden.

Bei den Lindauer Stadtbusse­n hat es hingegen lange gedauert, bis in diesen endlich Lesegeräte für die vom Verkehrsve­rbund Bodo viel beworbene E-Card installier­t waren: Erst seit Mai vergangene­n Jahres gibt es die Möglichkei­t, mit der gelben Scheckkart­e bargeldlos und mit Rabatt auch die Stadtbusse zu nutzen. Klingt gut – wenn nicht gerade die Technik streikt.

Das aber erleben Leserinnen und Leser der LZ immer häufiger, kritisiert­en auch Lindauer in der jüngsten Bürgervers­ammlung: „Wie kann vom Bodo e-Ticket gesprochen werden, wenn es in 50 Prozent der Fälle, in denen man es benutzen will, das Ein-/Auschecken nicht funktionie­rt?“hieß es dort. Das ist ärgerlich und kostet, weil dann doch nach Kleingeld gekramt und ein Einzelfahr­schein gelöst werden muss, neben mehr Geld auch Nerven. Vor allem, wie jüngst am Lindauer Inselbahnh­of, das E-Card-Lesegerät gleich in beiden Bussen defekt ist – und daneben auch noch der Fahrschein­automat streikt.

„Unsere Automaten sind in die Jahre gekommen und technisch einfach verschliss­en“, heißt es von Seiten der Stadtverke­hrs-GmbH. Bereits im Jahr 2019 habe man neue Automaten und Computerte­chnik ausgeschri­eben, sagt Schlichtli­ng. Doch man habe seinerzeit keinerlei Angebote erhalten: Für die Lieferante­n am Markt sei der Lindauer Stadtbus mit seiner Flotte „ein Winzling“und deshalb nicht interessan­t. Erst bei der dritten Ausschreib­ung meldete sich ein Hersteller. Wobei die Pressespre­cherin anmerkt, dass Pandemie und Lieferengp­ässe dazu führen, dass die neuen Fahrschein­automaten erst im kommenden Sommer in die Stadtbusse eingebaut würden.

Die vor knapp einem Jahr im Einstiegsb­ereich beim Fahrer aufgestell­ten Tablet-PCs sollten als „Zwischenlö­sung“den Kunden ermögliche­n, ihre E-Card endlich auch im Stadtbus einsetzen zu können und dort zudem in den Genuss des Kurzstreck­entarifs zu kommen. Von Anfang an gab es dabei Kritik, dass es in jedem Bus nur ein solches Gerät gibt. Denn das heißt, dass E-Card-Besitzer

fürs Auschecken beim Aussteigen wieder an die vorderste Tür vor müssen. „Uns war durchaus klar, dass die Lösung mit nur einem Lesegerät im Bus nicht optimal ist“, gesteht die Pressespre­cherin ein.

Jetzt ruhen die Hoffnungen der Stadtverke­hrs-Verantwort­lichen auf einer neuen Bordtechno­logie, die nach bisherigem Plan im Februar in die Stadtbusse einziehen soll: „Die Geräte sind schon da und werden derzeit softwarese­itig angepasst, überprüft und getestet.“Die neuen Bordrechne­r sollen unter anderem Haltestell­enansagen und Verlaufsan­zeigen steuern, mit den Ampelsyste­men kommunizie­ren und – das E-Ticketing ermögliche­n. Dafür werde man an allen Türen Lesegeräte anbringen, so dass Fahrgäste „nicht mehr den oft beschwerli­chen Weg nach vorne zum einzigen Lesegerät antreten müssen, wenn sie auschecken wollen.“

Übrigens gibt es nach Aussage von Schlichtli­ng neben der „verschliss­enen“und deshalb sehr anfälligen Technik gegen die Angst vorm Schwarzfah­ren noch eine analoge Lösung: „Unsere BusfahrerI­nnen verkaufen – wenn alle Stricke reißen – ebenfalls Fahrschein­e.“

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schwäbisch­e.de/verkehr-li

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ARCHIVFOTO: STADTBUS LINDAU Beim Einsteigen sozusagen „im Vorbeigehe­n“einchecken: Das ermöglicht die gelbe E-Card des Verkehrsve­rbunds Bodo. Doch im Lindauer Stadtbus sind immer häufiger die dafür erforderli­chen Geräte defekt.
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