Kein Geld für die Periode
Tampons und Binden können sich nicht alle Frauen leisten – Thema im Bezirkstag
- Die Periode gehört zum Leben dazu. Doch nicht alle können sie sich leisten. Vor allem wohnungslose Menschen und Sozialhilfeempfängerinnen leiden unter sogenannter Periodenarmut – statt Tampons nutzen sie zum Beispiel Toilettenpapier oder Stoffreste. Ein Antrag im Bezirkstag Schwaben bringt das Thema nun in der Region auf den Tisch. Gestellt haben ihn Linken-Politiker Frederik Hintermayr aus Augsburg und die Kemptenerin Daniela Busse von der FDP. Busse sagt: „Die Periode darf kein Tabuthema mehr sein.“Knapp 2000 Euro gibt eine Frau in ihrem Leben für Tampons, Binden und Co. aus. Zählt man auch Schmerzmittel und neue Unterwäsche dazu, sind es laut der Hilfsorganisation „Plan International“durchschnittlich etwa 500 Euro im Jahr. Ein Unding für Busse: „Toilettenpapier oder Desinfektionsmittel wird in öffentlichen Gebäuden auch zur Verfügung gestellt. Warum nicht auch Tampons?“Einen ersten Erfolg erzielte die Bezirksrätin bereits mit ihrem Antrag: In den Bezirkskliniken Schwaben wird es künftig kostenfreie Periodenprodukte für Patientinnen geben.
„Das gehört zu unserem Versorgungsauftrag“, sagt Sprecher Georg Schalk auf Anfrage. Wie nach Zahnpasta und Duschgel können Patientinnen auf ihrer Station nach Menstruationsartikeln fragen. Das gelte ebenso für ambulante Patientinnen.
Neben kranken Menschen sieht Busse auch bei Studenten Bedarf. Sie verweist auf eine Umfrage, die die Universität Passau vor etwa einem Jahr durchgeführt hat. 20 Prozent der 400 Studierenden gaben an, nicht genug Geld für Periodenprodukte zu haben. Seitdem liegen Tampons und
Binden dort kostenlos auf Toiletten aus. Auch die Hochschule Kempten unterstütze diese Idee grundsätzlich, sagt Sybille Adamer, zuständig für Hochschulkommunikation: „Wir wollen das auf jeden Fall in Angriff nehmen.“Allerdings gebe es praktische Fragen, die man zuerst klären müsse. Zum Beispiel zur Finanzierung.
Diesbezüglich wünscht sich Renate Piekenbrock, Sozialpädagogin und Vorsitzende von Profamilia in Kempten, eine klare Regelung. Für eine Ausgabe von Periodenprodukten, wie es sie bereits für Verhütungsmittel und Babytaschen gibt, fehle der Beratungsstelle die Kapazität.
Doch vor allem Alleinerziehende, Sozialhilfeempfängerinnen und Obdachlose würden diesbezüglich Unterstützung brauchen. Piekenbrock sagt: „Bei der staatlichen Unterstützung wird die Periode nicht beachtet.“
Damit Periodenarmut auch über den Bezirkstag hinaus diskutiert wird, will Busse das Thema zusammen mit FDP-Kollegin Iris Hiltensberger
auch im Kreisverband der Partei einbringen. Sie sagt: „Andere Staaten und Städte machen es uns bereits vor.“Vor allem auf kommunaler Ebene sehe Busse Umsetzungsmöglichkeiten.
In der Stadt Kempten gibt es laut der Gleichstellungsbeauftragten Katharina Simon bereits Überlegungen, kostenlose Menstruationsartikel in öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen. „Die Stadträtinnen sind sich fraktionsübergreifend einig, dass dafür Möglichkeiten geschaffen werden sollen“, sagt Simon. Ein entsprechender Antrag werde aktuell auf den Weg gebracht. Auch für Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung sollen Tampons und Binden künftig zur Verfügung stehen. Konkrete Schritte werden laut Simon nun geprüft.
„Ohne Menstruationsartikel ist man vom öffentlichen Leben ausgeschlossen“, sagt Busse. Sie hofft, das kostenlose Tampons und Binden schon bald zum Alltag gehören: „Aber allein, dass wir darüber sprechen, ist schon ein wichtiger Schritt.“