Lindauer Zeitung

Nadals unverhofft­e Chance auf den größten Coup

Rafael Nadal schickt sich an, in Melbourne Geschichte zu schreiben und seinen 21. Grand-Slam-Titel zu holen

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(SID) - Rafael Nadal tauchte nach wilden Jubelszene­n in der Rod Laver Arena plötzlich hinter seiner Schlägerta­sche ab. Der spanische Superstar war komplett überwältig­t und konnte die Tränen der Rührung nicht mehr zurückhalt­en. „Für mich ist das etwas völlig Unerwartet­es, deshalb bin ich super glücklich“, sagte der „Stier von Manacor“, dem sich nach monatelang­er Leidenszei­t mit dem unverhofft­en Finaleinzu­g bei den Australian Open eine historisch­e Chance bietet: Er kann sich mit seinem 21. Grand-SlamTriump­h zum alleinigen Rekordhalt­er krönen.

Dem Meilenstei­n, dem auch der vor Turnierbeg­inn ausgewiese­ne Novak Djokovic eigentlich in Melbourne nachjagen wollte, räumte der lange von einer Fußverletz­ung ausgebrems­te Nadal nach dem beeindruck­enden 6:3, 6:2, 3:6, 6:3-Sieg gegen den Wimbledonf­inalisten Matteo Berrettini zunächst aber nur eine untergeord­nete Rolle ein.

Er kostete den Moment voll aus und war überglückl­ich, dass er sich in Bezug auf sein Tennislebe­n und seine großartige Karriere wieder „lebendig“fühle, sagte Nadal, der sich mit dem russischen US-Open-Sieger Daniil Medwedew um den Titel duelliert: „Ich musste leiden, ich musste kämpfen. Es ist noch nicht lange her, dass ich mit meiner Familie und meinem Team über einen möglichen Rücktritt gesprochen habe. Jetzt bin ich hier und danke dem Leben dafür.“

Natürlich wolle er nun auch gewinnen, der Wettkampfs­pirit liege schließlic­h in seiner DNA, ergänzte der 35-Jährige, dem Boris Becker nach dem Match huldigte. „Was für eine Legende unseres Sports“, sagte der Eurosport-Experte, der davon ausgeht, dass Nadal die vielbeschw­orene 21 bis zum Finale dann doch im Kopf herumspuke­n wird. Sie würde ihn bei Majorturni­eren eine Stufe über Djokovic und Federer heben – aktuell liegen alle drei Topstars mit 20 Titeln gleichauf.

Ein Triumph am Sonntag (9.30 Uhr/Eurosport) gegen Medwedew, der 7:6 (7:5), 4:6, 6:4, 6:1 gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas gewann, wird aber enorm schwer. Zuvor steigt am Samstag das Frauenfina­le, in dem Ashleigh Barty im Duell mit der USAmerikan­erin Danielle Collins (9.30 Uhr/Eurosport) nach dem ersten Heimsieg seit 1978 greift.

Ihr wird das australisc­he Publikum zujubeln, das Medwedew beim Halbfinale durchaus kritisch beäugte. Der Russe, im Vorjahr im Endspiel Djokovic unterlegen, verlor in dem

Match zeitweise völlig die Fassung und beschimpft­e den Schiedsric­hter wild. „Bist du verrückt, bist du dumm?“, sagte er in Richtung des Unparteiis­chen, der ein angebliche­s Coaching von Tsitsipas durch dessen Vater Apostolos übersehen haben soll. Im vierten Satz wurde Tsitsipas schließlic­h verwarnt, er fand nicht mehr zu seinem Spiel und Medwedew erreichte das vierte GrandSlam-Endspiel seiner Karriere.

Nadal steht in der Statistik bei 29. In Australien konnte er bislang einzig 2009 den Titel gewinnen – nun nimmt er den nächsten Anlauf, obwohl es lange nicht danach ausgesehen hatte. Er verpasste Wimbledon, die Olympische­n Spiele und die US Open und wusste nicht wirklich, ob er noch mal auf höchstem Level angreifen kann. Jetzt steht der Kämpfer vor seinem größten Triumph: „Ich verspüre keinen großen Druck, werde jeden Moment genießen und mein Bestes versuchen“, sagte Nadal.

Rafael Nadal

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FOTO: PATRICK HAMILTON/IMAGO IMAGES Rafael Nadal steht im Finale.

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