Lindauer Zeitung

Im Bauch der Südsee rumpelt es gewaltig

Zwei Platten im Erdinneren auf Kollisions­kurs – Wie es zum Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai im Pazifik kommen konnte

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Trotzdem ähnelt das Ganze dem Zusammenpr­all zweier Dampfwalze­n in Zeitlupe. Allerdings prallt die pazifische Platte nicht frontal auf die weiter westlich liegenden Platten, sondern taucht schräg unter diesen ab. Im Laufe der Jahrmillio­nen hebt so ihre langsam in die Tiefe gleitende gigantisch­e Masse einen alten Inselbogen im Südpazifik allmählich in die Höhe, aus dem sich eine Reihe von flachen Korallen-Atollen bilden, die Geografen als Tonga-Inseln kennen.

Gleichzeit­ig gleitet die pazifische Platte schräg immer tiefer in das Erdinnere hinein. An der Kollisions­stelle mit der australisc­hen Platte entsteht dabei ein Graben im Meer, dessen Grund im „Witjas-Tief 2“rund 10 800 Meter unter dem Spiegel des Pazifiks liegt. Nur an einer einzigen Stelle der Welt geht es unter Wasser noch ein paar Meter weiter in die Tiefe. Hinter dieser Tonga-Kermadec-Tiefsee-Rinne

taucht die pazifische Platte langsam tiefer unter die australisc­he. Dort aber steigt mit jedem weiteren Kilometer der Druck und presst Wasser aus der absinkende­n Platte in die darüberlie­gende. Diese beginnt dadurch langsam zu schmelzen. Das zähflüssig­e Gestein ist ein klein wenig leichter als das gleiche Volumen festen Gesteins und beginnt daher, langsam in die Höhe zu steigen. „Magma“nennen Geologen diese rot glühende Masse, die schließlic­h oben ankommt und dort nicht nur Schwefelga­s-Fontänen, sondern auch Unterseevu­lkane wie White Island oder Hunga TongaHunga Ha’apai füttert.

Dieser Vulkan bricht offensicht­lich ungefähr alle tausend Jahre mit gewaltigen Eruptionen aus, hat Shane Cronin von der Auckland University in Neuseeland herausgefu­nden. Vor dem gewaltigen Ausbruch am 15. Januar 2022 bildete der Einsturzkr­ater dieses Unterwasse­rvulkans ein etwa vier Kilometer langes und zwei Kilometer breites Oval, das ungefähr 150 bis 200 Meter unter dem Meeresspie­gel lag. Tief unter dieser Caldera sammelte sich das Magma wiederholt immer weiter an. Manchmal erreichte es den Meeresgrun­d, in den Jahren 1912, 1937, 1988, 2009 und 2014 kam es jeweils zu kleineren Eruptionen.

„Um solche Vulkane gut zu überwachen, benötigen wir ein engmaschig­es Netz von Stationen, die kleine Erschütter­ungen aufzeichne­n, wenn das Magma im Untergrund vordringt“, erklärt GEOMAR-Forscher Philipp Brandl. Da von der Kraterwand des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai aber nur zwei kleine Inselchen über die Wellen des Pazifik ragen und Unterwasse­rmessungen sehr komplex und auch teuer sind, gab es dort keine solche engmaschig­e Überwachun­g.

Der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai brach daher am 19. Dezember 2021 unverhofft wieder aus. Nach diesen Eruptionen folgten weitere, bis der Vulkan am 15. Januar mit einem gewaltigen Ausbruch seine Aschewolke bis in die Stratosphä­re jagte.

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3000 Kilometer langen Kette aktiver Vulkane im Südpazifik, zu der auch der Hunga TongaHunga Ha’apai gehört.
FOTO: ROLAND KNAUER White Island vor der Küste Neuseeland­s ist Teil einer rund 3000 Kilometer langen Kette aktiver Vulkane im Südpazifik, zu der auch der Hunga TongaHunga Ha’apai gehört.
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FOTO: MAXAR TECHNOLOGI­ES/DPA Ein Satelliten­bild zeigt Dampf- und Gaswolken über dem Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai. Am 15. Januar hatte es eine gewaltige Eruption gegeben.

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