Lindauer Zeitung

Balance zwischen Partei und Amt

- Von Dorothee Torebko politik@schwaebisc­he.de

Nach Jubel und Konfetti war den Grünen am Wochenende nicht zumute. Schnörkell­os verabschie­deten sie ihre beiden Parteivors­itzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck am Freitag. Schnörkell­os empfingen sie die beiden Neuen, Ricarda Lang und Omid Nouripour, am Samstag im Amt. Tulpen, Dankesrede­n und allerlei Umarmungen, das war’s. Das war Corona geschuldet, klar. Doch nicht nur deswegen fiel die Feier knapp aus.

Für Baerbock und Habeck liegt der Fokus schon längst woanders. Während die Chefdiplom­atin Deutschlan­ds in den vergangene­n Wochen mit den außenpolit­ischen Brandherde­n dieser Welt beschäftig­t war, erklärte der Klimaschut­z- und Wirtschaft­sminister den Bürgern, worauf sie sich energietec­hnisch werden einstellen müssen. Die Grünen sind voll aufs Regieren gepolt. Das Machtzentr­um der Partei hat sich ins Kabinett verschoben.

Das war bereits in der ersten Regierungs­beteiligun­g unter SPDKanzler Gerhard Schröder so. Damals verlor die Partei an Relevanz, die Parteivors­itzenden führten ein Schattenda­sein. Aus diesen Fehlern wollen Lang und Nouripour lernen und es anders machen. Regieren ist besser als nicht regieren: Das wird wohl auch so ziemlich jedes Parteimitg­lied so sehen. Doch zu welchem Preis?

Mit dieser Frage werden Lang und Nouripour oft konfrontie­rt werden. Umso wichtiger ist es, dass sie die richtige Balance aus Eigenständ­igkeit und Loyalität gegenüber der Regierung finden. Sie werden der Basis möglicherw­eise nicht nur schmerzhaf­te Kompromiss­e erklären müssen, sondern auch dafür Sorge tragen, dass das basisdemok­ratische Profil der Partei nicht leidet. Sie werden eigene Akzente setzen, die Minister aber auch glänzen lassen müssen.

Die wichtigste Aufgabe aber ist der Machterhal­t. In vier Jahren soll das mit der Kanzlersch­aft klappen. Darauf werden die Chefs die Partei vorbereite­n müssen. Die Grünen sind keine Programmpa­rtei mehr. Auch das machte der Parteitag deutlich. Die Grünen sind Regierungs­partei – und sie wollen es bleiben.

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