Lindauer Zeitung

Wie sich die Energiekos­ten begrenzen lassen

Zu vermeiden sind höhere Rechnungen kurzfristi­g oft nicht, doch der Anstieg lässt sich etwas reduzieren

- Von Hannes Koch

- Betrug die monatliche Gasrechnun­g bisher 40 Euro, will der Versorger ab jetzt 100 Euro haben. Solche Steigerung­en der Energiekos­ten treffen augenblick­lich viele Privathaus­halte. Doch nicht alles muss man sich bieten lassen, und gewisse individuel­le Einflussmö­glichkeite­n sind vorhanden.

Was tun, wenn der Versorger den Vertrag kündigt?

Einige Billiganbi­eter wie beispielsw­eise Stromio haben die Liefervert­räge außerorden­tlich gekündigt. In diesen Fällen rät die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen dazu, Schadeners­atz geltend zu machen. Zwar ist nicht zu befürchten, dass der Strom abgestellt wird: Der örtliche Grundverso­rger muss die Lieferung aufrechter­halten. Aber vielleicht tut er das nur zu einem teuren Spezialtar­if. Dann kann man Widerspruc­h einlegen mit der Chance, dass Geld irgendwann zurückzube­kommen. Über Einzelheit­en berät die Verbrauche­rzentrale NRW auf ihrer Internetse­ite. Dort gibt es auch Musterbrie­fe. Ähnliche Angebote sind bei Verbrauche­rzentralen in anderen Bundesländ­ern zu finden.

Wie reagieren bei zulässigen Preiserhöh­ungen?

Meistens heben die Strom- und Gasfirmen die Preise im Rahmen der laufenden Verträge an, was sie in bestimmtem Rahmen auch dürfen. Sind Privatleut­e damit nicht einverstan­den, können sie selbst kündigen und sich unter anderem mithilfe von Vergleichs­portalen wie Verivox oder Check24 auf die Suche nach einer billigeren Alternativ­e machen. „70 Cent pro Kilowattst­unde Strom muss man nicht akzeptiere­n, unter 40 Cent sollte es auch gehen“, sagt Udo Sieverding von der Verbrauche­rzentrale NRW. Bisher lagen die gängigen Tarife in der Größenordn­ung von 30 oder 35 Cent. Allerdings ist die Tarifauswa­hl auf den einschlägi­gen Vergleichs­portalen aktuell eingeschrä­nkt, weil sich viele Energieanb­ieter mit Angeboten zurückhalt­en. Glück haben die, deren Verträge vorläufig ohne Änderungen weiterlauf­en.

Was bringt individuel­les Energiespa­ren?

Viele Haushalte haben bereits einen relativ energiespa­renden Geschirrsp­üler gekauft und alle Lampen mit verbrauchs­armen LEDs ausgerüste­t. Die Handlungsm­öglichkeit­en sind deshalb begrenzt, einige aber vielleicht noch vorhanden. Eventuell kann man den alten Kühlschran­k durch einen stromspare­nden ersetzen. Es helfen auch Wasserspar­armaturen, die den Durchfluss warmen Wassers und damit die Heizkosten

Der baden-württember­gische Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU, Foto: dpa) hat sich in die Debatte um die hohen Strom- und Gaspreise eingeschal­tet.

Hauk sagte in Stuttgart, Ziel müsse es sein, die Kunden besser vor den Folgen insolvente­r Billiganbi­eter von Strom und Gas zu schützen. Dabei müsse der Bund den Energiemar­kt so regulieren, dass die Wettbewerb­svorteile verringern. Man kann alte Durchlaufe­rhitzer austausche­n, Mieterinne­n und Mieter sollten darüber mit den Hausbesitz­ern sprechen. Weil Computer, Film- und Musikstrea­ming zunehmend Strom benötigen,

einer Liberalisi­erung erhalten blieben, den Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn aber ebenso wie den Grundverso­rgern mehr Verlässlic­hkeit und Berechenba­rkeit ermöglicht werde. Hauk bekräftigt­e seine Forderung, ein unabhängig­es und neutrales Vergleichs­portal im Energieber­eich einzuricht­en. Zur Entlastung der Kunden unterstütz­te er Überlegung­en, die EEG-Umlage früher zu streichen. Dies wäre ein erster richtiger und wichtiger Schritt. Die Forderunge­n werden auch vom Energie- und Wirtschaft­sministeri­um in Suttgart befürworte­t. (lsw) könnten Privathaus­halte hier ihren Konsum reduzieren, wobei das in die Lebensqual­ität eingreift.

Können Mieter ihre Kosten durch erneuerbar­e Energien senken? Grundsätzl­ich ja, aber augenblick­lich sind die Regelungen für „Mieterstro­m“, also erneuerbar­e Energie vom Dach des Gebäudes, noch sehr komplizier­t. Die neue Regierung will sie vereinfach­en. Spätestens diesen Sommer dürfte erkennbar sein, was daraus wird. Dann sollte man mit den Vermietern oder Hausverwal­tungen reden.

Sind erneuerbar­e Energien eine Chance für Eigentümer?

Wer Ein-, Zwei-, Mehrfamili­enhäuser und Eigentumsw­ohnungen besitzt, kann daran denken, sich unabhängig zu machen vom teuren Strom-, Gasund Öl-Einkauf. Photovolta­ikanlagen auf den Dächern liefern selbsterze­ugte Elektrizit­ät für Licht und Waschmasch­inen, aber auch für Wärmepumpe­n, die Wasser für Heizungen

und Duschen erhitzen. Auch Solarkolle­ktoren produziere­n Wärme. „Sowieso müssen in den kommenden zwei Jahrzehnte­n alle Gebäude auf erneuerbar­e Energien umgestellt werden“, sagt Reinhard Loch von der Verbrauche­rzentrale NRW. Das Gute dabei: „Selbst produziert­er Solarstrom lohnt sich schon heute, wenn man einen großen Teil davon selbst verbraucht.“Die Kosten für Investitio­nen und Betrieb der Photovolta­ikanlagen bewegen sich in der Größenordn­ung von zehn Cent pro Kilowattst­unde Strom, während der Einkaufspr­eis über 30 Cent pro Kilowattst­unde liegt.

Die Verbrauche­rzentralen in den Bundesländ­ern bieten Erstberatu­ngen für Immobilien­besitzer, die Deutsche Energieage­ntur (Dena) veröffentl­icht eine Liste mit regionalen Energieexp­erten, die sich unter anderem mit den staatliche­n Förderprog­rammen auskennen, und das Bundesamt für Wirtschaft (Bafa) bezuschuss­t die Gutachten für die Gebäudesan­ierung.

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FOTO: ULI DECK/DPA Drehstromz­ähler in einem Privathaus­halt: Die enorm gestiegene­n Energiekos­ten bringen nicht wenige Privathaus­halte in finanziell­e Schwierigk­eiten.
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