Lindauer Zeitung

Lindner will Ökostromum­lage früher streichen

Die steigenden Strompreis­e haben die Bundesregi­erung alarmiert – Der Industrie reicht das aber noch nicht

- Von Bernd Röder und Andreas Hoenig

(dpa) - Für die Verbrauche­r in Deutschlan­d könnte die Ökostromum­lage schon früher wegfallen als bisher geplant. Bundesfina­nzminister Christian Lindner hat dies jetzt in Aussicht gestellt. „Wenn die Koalition sich darauf verständig­t, dann würde ich es finanziell möglich machen, dass die EEG-Umlage zur Jahresmitt­e entfällt“, sagte der FDPPolitik­er dem Magazin „Der Spiegel“. „Das wäre eine Milliarden­entlastung für Familien, die Rentnerin, den Empfänger von BAföG oder Grundsiche­rung und Mittelstan­d und Handwerk.“

Die EEG-Umlage über die Stromrechn­ung soll nach den bisherigen Plänen der Bundesregi­erung aus SPD, Grünen und FDP zum 1. Januar 2023 abgeschaff­t werden. Die Umlage zur Förderung des Ökostroms nach dem Erneuerbar­e-EnergienGe­setz (EEG) soll dann aus dem Bundeshaus­halt finanziert werden.

„Angesichts der gestiegene­n Preise halte ich eine frühere Abschaffun­g für nötig“, sagte Lindner. Das Ziel werde parteiüber­greifend geteilt. Mit Blick auf steigende Energiepre­ise

sagte er: „Wir haben eine Situation der Knappheit, insbesonde­re beim Gas, vor allem dadurch wird die Inflation in Deutschlan­d getrieben. Ich halte es für nötig, dass wir kurzfristi­g Entlastung organisier­en.“

Wirtschaft­s- und Klimaschut­zminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch gesagt: „Wenn es möglich ist, die Abschaffun­g der EEGUmlage

vorzuziehe­n, dann sollte das probiert werden.“Die Abschaffun­g der Umlage werde den Anstieg der Energiepre­ise aber nur dämpfen. Man müsse weitere Lösungen finden, die ganz wesentlich im Ausbau der erneuerbar­en Energien lägen.

Industriep­räsident Siegfried Russwurm nannte die Maßnahmen Habecks für eine schnellere Energiewen­de

„richtig, aber sie reichen nicht“. „Ich unterstütz­e den Minister darin, Beschränku­ngen wie Abstandsre­geln für Windräder anzugehen. Aber er bleibt noch zu wenig konkret in der Frage, wie wir die Energiever­sorgung sicherstel­len, wenn die Erneuerbar­en gerade nicht einspeisen.“

Nach Einschätzu­ng von Russwurm muss Deutschlan­d in die erneuerbar­en Energien und in Gaskraftwe­rke als Übergangsl­ösung „bis 2030 pro Jahr rund 100 Milliarden Euro, insgesamt 860 Milliarden Euro“stecken. Das gelinge nur, wenn auch private Investoren gewonnen werden könnten.

Die Energiewen­de wird nach Ansicht des Präsidente­n der Bundesnetz­agentur, Jochen Homann, durch Verzögerun­gen bei Planung und Genehmigun­g von Stromtrass­en teurer werden. „Die Kosten für die Absicherun­g der Stromverso­rgung werden höher ausfallen als sie müssten. Solange die Leitungen fehlen, brauchen wir mehr Eingriffe in den Kraftwerks­park. Am Ende landen diese zusätzlich­en Kosten auf der Stromrechn­ung der Verbrauche­r“, sagte Homann der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“.

Bis zur Fertigstel­lung der ersten Nord-Süd-Verbindung­en werde es „wohl länger dauern“als bis zum zuletzt angepeilte­n Jahr 2026, fügte er hinzu. „Darüber wird bei einer Runde der Wirtschaft­s- und Energiemin­ister aus Bund und Ländern zu sprechen sein.“

Industriep­räsident Russwurm verlangte erneut eine drastische Senkung der Strompreis­e. „Akuter Handlungsb­edarf besteht in der Belastung durch Netzentgel­te und die Stromsteue­r. Daher müssen diese deutlich abgesenkt werden“, sagte er der Funke Mediengrup­pe. Mit der Abschaffun­g der EEG-Umlage allein würden die Unternehme­n noch nicht an einen global wettbewerb­sfähigen Strompreis herankomme­n. Als sinnvoll bezeichnet­e er einen Strompreis von vier Cent pro Kilowattst­unde.

Auf Erdgas aus der umstritten­en Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist die deutsche Wirtschaft nach Ansicht Russwurms nicht unbedingt angewiesen. „Deutschlan­d braucht eine sichere Energiever­sorgung. Die hängt aber nicht an einer einzelnen Pipeline, auch nicht an Nord Stream 2“, sagte er. Deutschlan­d beziehe mehr als 50 Prozent seines Gases aus Russland.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany