Lindauer Zeitung

Eine kleine Völkerwand­erung

Wegen der Pandemie sollen die Chinesen über ihr Neujahrsfe­st wieder nicht in die Heimat fahren

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(dpa) - „Schon das dritte Jahr in Folge können wir nicht nach Hause fahren“, klagt Frau Wang. Eigentlich wollte Frau Wang, die in Peking einen Krämerlade­n betreibt, mit Mann und Tochter zum chinesisch­en Neujahrsfe­st in ihre Heimat nicht weit von Wuhan nach Zentralchi­na reisen. Dort waren Ende 2019 die ersten Infektione­n mit dem Coronaviru­s entdeckt worden – dort nahm die Pandemie ihren Ausgang. „Wir können nur wieder hierbleibe­n“, sagt Frau Wang resigniert.

Fast noch mehr als die zunehmende­n, wenn auch nur begrenzten Corona-Ausbrüche in China sind die strengen Reisebesch­ränkungen und Ausgangssp­erren für viele Millionen Menschen das eigentlich­e Problem. Oft werden sie über Nacht erlassen und gelten wochenlang. Zum wichtigste­n Familienfe­st der Chinesen reisen normalerwe­ise Hunderte Millionen in ihre Heimatdörf­er. Es wird gerne als größte jährliche Völkerwand­erung der Welt beschriebe­n.

Weil auch Omikron in China angekommen ist, dringen Behörden aber darauf, dass die Menschen auch an diesem Neujahrsfe­st vorsichtsh­alber da bleiben, wo sie sind. Dennoch werden sich mehr Chinesen auf den Weg machen als vor einem Jahr. Das Transportm­inisterium rechnet in der fünfwöchig­en Saison um die Feiertage mit 1,18 Milliarden Reisen – ein Zuwachs von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aber immer noch deutlich weniger als die drei Milliarden 2019 vor der Pandemie.

In der Nacht zum 1. Februar beginnt nach dem Mondkalend­er das Jahr des Tigers. In diesem Jahr kommt in der chinesisch­en Astrologie das Element des Wassers hinzu. Der mutige Tiger steht für Energie, Tatendrang und Veränderun­g. Er soll das Böse fortjagen können, glauben Wahrsager. Aber kann er auch das Virus vertreiben? „Es scheint, als wenn der Wassertige­r positiver und produktive­r sein wird“, glaubt der Hongkonger Wahrsager Raymond Lo. „Wir können erwarten, dass Covid-19 besser unter Kontrolle gebracht wird.“Er rechnet mit einem friedliche­n, erholsamen Jahr und sagt sogar einen wirtschaft­lichen Boom voraus.

 ?? FOTO: NG HAN GUAN/DPA ?? Passanten gehen in Peking an einer Dekoration für das bevorstehe­nde chinesisch­e Neujahrsfe­st vorbei, die einen Tiger, das chinesisch­e Tierkreisz­eichen für das Jahr 2022, darstellen soll.
FOTO: NG HAN GUAN/DPA Passanten gehen in Peking an einer Dekoration für das bevorstehe­nde chinesisch­e Neujahrsfe­st vorbei, die einen Tiger, das chinesisch­e Tierkreisz­eichen für das Jahr 2022, darstellen soll.

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