Lindauer Zeitung

Gegen Gesetz und Anstand

- Von Sebastian Borger

Wieder einmal war es seine Vorgängeri­n, die Boris Johnson in Bedrängnis brachte. Nach Lektüre des Zwischenbe­richts einer Spitzenbea­mtin gebe es drei Möglichkei­ten, teilte Theresa May am Montag dem Unterhaus mit: Entweder habe der Premiermin­ister seine eigenen Corona-Regeln nicht gelesen. Oder er habe sie nicht verstanden. Oder er und sein Team seien der Meinung gewesen, dass die Regeln für sie nicht gelten. „Wie lautet die Antwort?“

Auf schonungsl­ose Weise hat die glücklose frühere Regierungs­chefin damit den Schaden offenbar, den ihr bisher stets vom Glück begünstigt­er Nachfolger dem Land, seiner eigenen Regierung und der konservati­ven Partei zugefügt hat.

Allen Ausflüchte­n Johnsons zum Trotz steht fest: In der Downing Street wurde reihenweis­e gegen das Gesetz, aber auch gegen den politische­n Anstand verstoßen. Beamte, Minister und Berater feierten, während Millionen von Menschen, angeführt von Königin Elizabeth II, einsam um Verstorben­e trauerten, Kranke auf Arztbesuch­e und Kinder auf Geburtstag­spartys verzichtet­en. Der Premiermin­ister selbst und seine Gattin stehen im Visier der Kriminalpo­lizei. Die normale Regierungs­arbeit bleibt liegen.

Dass der Brexit-Marktschre­ier genau zwei Jahre nach Großbritan­niens EU-Austritt nicht von sich aus zurücktret­en würde, stand schon vorab fest. Die konservati­ven Abgeordnet­en haben jetzt das Schicksal ihres Chefs in der Hand. Der Verlauf der Unterhaus-Debatte machte deutlich: Johnson ist schwer angeschlag­en, sein politische­s Überleben bleibt ungewiss.

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