646 Bürger richten sich gegen Windkraft im Leutkircher Stadtwald
Unterschriftenliste an Oberbürgermeister Henle übergeben – Mögliche Lärmbelästigung eine der Sorgen
- Um den möglichen Bau von vier Windkraftanlagen im Leutkircher Stadt- sowie im Staatswald zu verhindern, haben beunruhigte Bürger eine Unterschriftenliste erstellt. 646 Bewohner der Pfingstweide, der Schillersiedlung sowie aus Balterazhofen und Ottmannshofen haben das Papier unterzeichnet. Initiatorin Martina Häring überreichte die Liste an Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle.
Die EnBW plant im Wald zwischen Pfingstweide, Balterazhofen und Ottmannshofen den Bau von vier Windkraftanlagen (WKA) mit einer Gesamthöhe von 246 Metern. Die Flächen befinden sich sowohl im Besitz der Stadt Leutkirch (Stadtwald) als auch des Landes BadenWürttemberg (Staatswald). Das Projekt wird derzeit von verschiedenen Stellen geprüft. Zu klären sind unter anderem Fragen zum Schallschutz und der Flugsicherung – wegen des nahe gelegenen Flugplatzes in Unterzeil.
Zahlreiche Bürger – viele davon wohnen im nahe gelegenen Gebiet Pfingstweide – machen sich derweil Sorgen. „Ich möchte betonen, dass wir keine Klimaleugner sind, und dass uns die Zukunft nachfolgender Generationen am Herzen liegt“, teilt Martina Häring der „Schwäbischen Zeitung“mit. Auf der einen Seite gebe es den „dringend notwendigen Ökostrom“, der durch die Windräder gewonnen werden kann. Auf der anderen Seite steht laut Häring eine „deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität von Hunderten betroffenen Bürgern“, die dann mit den Auswirkungen leben müssten.
Einige der Unterzeichner befürchten durch Schallemissionen negative Folgen für ihre Gesundheit. In der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA) sind Richtwerte für den Betrieb von Windkraftanlagen vorgeschrieben. Diese richten sich nach der Art des Gebiets und dürfen zum Beispiel in reinen Wohngebieten die Werte von 35 Dezibel nachts und 50 Dezibel tagsüber nicht überschreiten.
Wie hoch die Werte nach dem möglichen Bau der Winkraftanlagen in Leutkirch sein werden, zählt zu den Fragen, die noch geklärt werden müssen. Der Akustik-Sachverständi- ge Christian Eulitz hatte vor einigen Monaten bereits deutlich gemacht, dass es bei den aktuellen Plänen zumindest für die Pfingstweide in Sachen Lärm bei Nacht Verbesserungen geben muss. „Wenn 35 db (A) eingehalten werden müssen, dann tun wir das auch“, stellte EnBW-Vertreter Michael Soukup bei einer der Informationsveranstaltungen in der Festhalle klar. Sollte der Wert – vor allem nachts – überschritten werden, müssten die Anlagen zu dieser Zeit eben abgeschaltet werden.
Wie Martina Häring mitteilt, befürchten einige Anwohner aber auch tagsüber Lärmbeeinträchtigungen. Verwiesen wird unter anderem auf einen Richtwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die für Windkraftanlagen eine durchschnittliche Lärmbelastung von maximal 45 Dezibel tagsüber empfiehlt.
Sorgen gibt es auch in puncto Infraschall. Ein Leutkircher kritisiert etwa, dass die gesetzlichen Regelungen „noch nicht an die InfraschallProblematik der neuesten gigantischen Windkraft-Turbinen angepasst worden“seien. Vor allem werde der Infraschall-Bereich unterhalb von acht Hertz – nicht hörbar – aktuell nicht erfasst. Unter anderem deshalb sei es seiner Meinung nach nötig, dass die Anlagen – wie in Bayern – einen Mindestabstand von 2460 Metern (Höhe mal zehn) zu Wohngebäuden haben. Nach akutellem Planungsstand gibt es in Leutkirch weniger als 1000 Meter Abstand zu Wohngebieten.
Christian Eulitz hatte in der Festhalle auf eine Studie verwiesen, an der auch sein Ingenieurbüro Möhler+Partner beteiligt war. Sie kommt zum Schluss, dass Infraschall nur dann zu Belästigungen – und auch Krankheiten – führt, wenn dieser wahrnehmbar ist. „Infraschall in der Stärke, wie sie Anwohner von Windkraftanlagen erleben, führt daher mit hoher Wahrscheinlichkeit weder zu Belästigungen noch zu negativen gesundheitlichen Folgen“, meint Eulitz.
Ein weiterer Kritikpunkt der 646 Bürger: „Natürlich würde uns auch der erhebliche Wertverlust unserer Immobilien und die Entwertung unseres Naherholungsgebietes schmerzen.“Zudem könnten Schattenschlag und mögliche Blinklichter „extrem störend sein“. Statt Windenergie im „windarmen“Süden Deutschlands zu fördern, plädieren die Unterzeichner des Papiers unter anderem für eine „bessere Einspeisevergütung“von Photovoltaikanlagen, um weiter „grünen Strom“zu erzeugen. „Leisten wir hier in Leutkirch unseren Beitrag an der Energiewende mit den Maßnahmen, die bei uns sinnvoll sind.“
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