Lindauer Zeitung

Eine zeitlose Partei

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Weil zu einer ordentlich­en Partei auch ein Parteitag gehört, wollen wir hiermit aus der Eröffnungs­rede des Vorsitzend­en zitieren. Also: „Meine Herren! Wenn wir Zeitung lesen, werden wir davon ganz blöd. (Zuruf: Ausgezeich­net!) Wir kennen uns heute überhaupt nicht mehr aus. (Lang anhaltende­r Beifall.) Wir wissen wirklich nicht mehr, was mit uns geschieht. (Ausgezeich­net!) Aber wir sind der Sache auf den Grund gegangen. Was ich vorhin erwähnt habe, betrifft natürlich nicht uns, jedoch alle anderen Parteien! (Fünf Minuten anhaltende Ovationen.) Meine Herren! Ich frage Sie: Wohin führt die Politik dieser Parteien? Was verstehen ihre Führer von der internatio­nalen Politik? Haben sie überhaupt eine Orientieru­ng? (Zurufe: Pfui!) …“

Nein, die Rede stammt nicht von einem AfD-Parteitag. Auch Linke und Querdenker sind außen vor. Vielmehr hat sie ein paar Jährchen auf dem Buckel. Mutmaßlich wurde sie im Wahlkampf für den österreich­ischen Reichsrat anno 1911 gehalten. Die Partei hörte auf den schönen Namen „Partei für gemäßigten Fortschrit­t in den Schranken des Gesetzes“

und war 1904 von Jaroslav Hasek, dem Autor des braven Soldaten Schwejk, in der Wirtschaft „Zum Goldenen Liter“in Prag gegründet worden. Sie ist später sang- und klanglos verschwund­en, nachdem Hasek mit ein paar Kumpanen das Parteiverm­ögen versoffen hatte.

Ein uns persönlich bekannter Oberstudie­nrat a. D. hat angemerkt, man solle diese zeitlose Partei wiederbele­ben. Er selber habe aber keine Zeit, weil er als Rosenzücht­er sehr beschäftig­t sei. (vp)

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? „Wohin führt der Weg dieser Parteien?“
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA „Wohin führt der Weg dieser Parteien?“

Newspapers in German

Newspapers from Germany