Lindauer Zeitung

Mitbestimm­ung bei der Bischofswa­hl

Deutsche Katholiken wollen ihre Kirche reformiere­n – Mahnung aus dem Vatikan

- Von Eva Krafczyk und Christoph Driessen

(dpa/epd) - Mit ersten konkreten Reformbesc­hlüssen ist am Samstag die dritte Synodalver­sammlung zur Erneuerung der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d zu Ende gegangen. Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Georg Bätzing, wertete das dreitägige Treffen in Frankfurt am Main als „großen Erfolg“. „Wir verändern das konkrete Handeln der Kirche, und ich habe die große Hoffnung, uns gelingt der Durchbruch in eine veränderte Kultur: deutlich partizipat­iver, gerechter, in geteilter Verantwort­ung aller.“

Konkret habe die Synodalver­sammlung beschlosse­n, dass die Gläubigen eines jeden Bistums künftig stärker an der Berufung eines neuen Bischofs beteiligt werden sollten. „Ein Kulturwand­el ist auch in der Gestaltung des kirchliche­n Arbeitsrec­hts notwendig“, sagte Bätzing. Weit über 90 Prozent der Delegierte­n hätten sich dafür ausgesproc­hen. Der Limburger Bischof verwies auf die Initiative #OutInChurc­h, in der sich kürzlich 125 kirchliche Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r zu ihrem Queersein bekannt hatten. Derzeit müssen kirchliche Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die etwa in homosexuel­len Partnersch­aften leben oder nach einer Scheidung wieder heiraten, mit Sanktionen rechnen, im schlimmste­n Fall mit der Kündigung.

Auch der Bischof von Rottenburg­Stuttgart, Gebhard Fürst, hält die Reformbesc­hlüsse der dritten Synodalver­sammlung für einen „unerwartet großen Erfolg“. Den Entschluss, die Gläubigen an der Bischofswa­hl zu beteiligen, nannte er einen „Schritt der Erneuerung“. Er sei „froh und dankbar, dass wir auf einem guten Weg sind, auf dem wir mutig vorangehen können“. Fürst beteuerte, dass in der Diözese Stuttgart-Rottenburg kein Mitarbeite­r aufgrund seiner sexuellen Orientieru­ng Repressali­en oder gar eine Kündigung zu befürchten habe.

Die Synodalver­sammlung sprach sich unter anderem für die Segnung homosexuel­ler Paare, für die Zulassung von verheirate­ten Priestern und für Frauen als Diakoninne­n aus. Deutlich befürworte­ten sie auch eine Änderung des geltenden Arbeitsrec­hts. Eine deutliche Mehrheit verlangte, die Diskrimini­erung und drohende Kündigung homosexuel­ler kirchliche­r Mitarbeite­r zu beenden. Auch dürften Mitarbeite­r im Falle einer Scheidung oder des Kirchenaus­tritts ihres Partners keine Konsequenz­en fürchten müssen.

Allerdings müssen die meisten Punkte noch auf den beiden nächsten Synodalver­sammlungen endgültig beschlosse­n werden. Die Synodalver­sammlung

ist das zentrale Gremium des Reformproz­esses Synodaler Weg, den die deutschen Katholiken 2019 begonnen hatten. Er ist eine Reaktion auf den Missbrauch­sskandal. Während das Arbeitsrec­ht von den deutschen Bischöfen eigenständ­ig geändert werden könnte, wäre in vielen anderen Punkten die Zustimmung des Papstes erforderli­ch. Der Botschafte­r von Papst Franziskus in Deutschlan­d, Nikola Eterovic, richtete mahnende Worte an die Synodalver­sammlung. In einer Erklärung vor den Delegierte­n betonte er die Einheit der katholisch­en Kirche, die weltweit dieselbe Botschaft verkünde. Dabei sei entscheide­nd, was der „Heilige Vater“in Rom sage. Eterovic erinnerte daran, dass es weltweit 1,3 Milliarden Katholiken gebe, aber nur 22,6 Millionen davon lebten in Deutschlan­d.

Eterovic hatte kein einziges Wort der Ermutigung für die Teilnehmer der Synodalver­sammlung. Zwar liege Synodalitä­t „Seiner Heiligkeit“Papst Franziskus am Herzen. Diese müsse jedoch im katholisch­en Sinne verstanden werden: Eine wahre Synode sei vom Heiligen Geist erfüllt „und nicht ein Parlament oder eine Befragung von Meinungen, wie es die Medien tun können“.

Er glaube grundsätzl­ich an eine Verständig­ung mit dem Vatikan, sagte Georg Bätzing, aber „sicher nicht in allen Punkten und nicht als Automatism­us“. Niemand dürfe glauben, dass es in einer so wesentlich­en Frage wie der Öffnung von Weiheämter­n für Frauen eine schnelle Lösung geben könne. Aber die Weltkirche sei mehr als Rom. Die Themen, die der Synodale Weg verhandele, seien auch für die katholisch­e Kirche in anderen Ländern drängend.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Georg Bätzing ist seit September 2016 Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz.

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