Lindauer Zeitung

Medikament­e vom Lieferdien­st

Aspirin per App – Start-ups lockt es auf den Apothekenm­arkt

- Von Matthias Arnold und Alexander Sturm

(dpa) - Längst sind es viele Menschen in Städten gewohnt, Chips, Bierkisten, Pizza oder Kleidung per Smartphone nach Hause zu bestellen. Doch bei Medikament­en ist der Gang in die nächste Apotheke die Regel. Das hat gute Gründe: Apothekeri­nnen und Apotheker wissen Bescheid über Risiken und Nebenwirku­ngen von Medikament­en. Ihre Beratung funktionie­rt vor Ort am besten und kann schon rein rechtlich nicht so leicht von Lieferdien­st-Boten übernommen werden. Trotzdem versuchen immer mehr Start-ups, die Lücke zu schließen.

Jeder Friseursal­on arbeite mit Online-Buchungsun­d digitalen Verwaltung­ssystemen, sagt Lukas Pieczonka, Unternehme­r und Mitgründer des Apotheken-Lieferdien­sts Mayd aus Berlin. „Diese digitale Schnittste­lle zwischen Produkt und Kunde, die gibt es bei Apotheken gar nicht. Und da positionie­ren wir uns“, erklärt er.

Per Mayd-App können Patienten rezeptfrei­e Medikament­e bei ihrer Apotheke vor Ort bestellen. Ein Fahrer oder eine Fahrerin des Start-ups holt die Bestellung dort ab und liefert sie binnen 30 Minuten nach Hause. Die Apotheke muss dabei sicherstel­len, dass Patienten trotzdem über die Arznei aufgeklärt werden, etwa per Telefon oder über die Plattform.

Das Potenzial bei Lieferdien­sten für Apotheken erkennen immer mehr Start-ups wie Phaster, First-A oder Kurando. Sie sammeln Millionen bei Investoren ein und expandiere­n in viele deutsche Metropolen. First A etwa ist in Berlin, Köln, Düsseldorf, München und Frankfurt unterwegs. Mayd plant für die nächsten Wochen weitere Starts in Stuttgart, Hannover, Leipzig und Essen. Kurando will bis Ende März neben Berlin,

München und Düsseldorf weitere Städte hinzunehme­n.

Sie alle setzen auf eine wichtige Neuerung im Gesundheit­ssystem: Die geplante Einführung des E-Rezepts in Deutschlan­d. Damit soll die Rezeptüber­gabe zwischen Arzt und Apotheke künftig automatisc­h online ablaufen.

Die Patienten müssen Rezepte nicht mehr in die Apotheke tragen oder per Post an einen Apothekenv­ersand schicken. Auch Anbieter wie DocMorris, die strenge Versandvor­schriften in Deutschlan­d mit einer Lieferung aus den Niederland­en umgehen, brauchen für verschreib­ungspflich­tige Arzneien das Rezept von Ärzten.

Der Versand von Arzneien in Deutschlan­d ist allerdings genau geregelt. So haben nur rund 3000 der etwa 18 500 Apotheken hierzuland­e eine gesetzlich­e Versanderl­aubnis und dürfen mithilfe externer Dienstleis­ter Medikament­e verschicke­n, erklärt die Bundesvere­inigung Deutscher

Apothekerv­erbände (ABDA). Anders sehen die Regeln bei Botendiens­ten aus.

Hier darf das Apothekerp­ersonal Arzneien überbringe­n. Die ABDA berichtet von 300 000 Botendiens­ten am Tag. „Durch den Einsatz apothekene­igenen Botenperso­nals wird dabei sichergest­ellt, dass die erforderli­che Beratung gegenüber den Patientinn­en und Patienten auf demselben hohen Niveau geleistet wird, als würde die Apotheke vor Ort in ihren Betriebsrä­umen aufgesucht werden“, erklärt der Verband. Denn eine Beratung bei Arzneien schreibt das Gesetz immer vor. Für Start-ups dürfte das in der kurzen Lieferzeit eng werden.

Die ABDA will das Geschäftsm­odell von Lieferdien­sten nicht bewerten, betont aber, dass der Einsatz externen Personals „apothekenr­echtlich unzulässig“sei. Eine auf einer sonstigen vertraglic­hen Regelung vereinbart­e Weisungsbe­fugnis reiche nicht aus.

 ?? FOTO: FABIAN SOMMER/DPA ?? Ein Fahrer des Medikament­en-Lieferserv­ices Mayd vor einer Apotheke: Start-ups wie dieses drängen auf den Apothekenm­arkt.
FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Ein Fahrer des Medikament­en-Lieferserv­ices Mayd vor einer Apotheke: Start-ups wie dieses drängen auf den Apothekenm­arkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany