Metop-A befindet sich im Sinkflug
Mit dem Airbus-Satellit wurden Wettervorhersagen genauer – Zweite Generation soll 2024 an den Start gehen
- Sein Beitrag für die Klimaforschung und die steigende Genauigkeit der Wettervorhersagen ist kaum zu überschätzen: Metop-A, der erste von drei bei Airbus in Immenstaad gebauten europäischen Satelliten, die im Dienst der Meteorologie die Erde auf Umlaufbahnen von 817 km kontinuierlich beobachten, ist abgeschaltet. Nach 15 Jahren wurde der knapp 4,3 Tonnen schwere Satellit Ende 2021 auf einen tieferen Orbit von 530 Kilometern abgesenkt. Von dort aus wird er sich immer weiter der Erdoberfläche nähern und beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen.
Dieser Prozess soll in Übereinstimmung mit den internationalen Standards zur Eindämmung von Weltraummüll innerhalb der nächsten 25 Jahre abgeschlossen sein, teilt die europäische Raumfahrtagentur ESA mit. Ein genaues Datum nennt die Agentur nicht. Bevor Metop-A am 30. November 2021 außer Betrieb gesetzt wurde, hat der Satellit eine letzte, nicht geplante Mission erfüllt. Im Zuge des Abstiegs wurde er auf den Kopf gestellt, wie der Betreiber, die europäische Agentur zur Nutzung meteorologischer Satelliten EUMETSAT in Darmstadt, mitteilt. Die Instrumente von Metop-A zeigten dabei nicht mehr auf die Erde, sondern in den Weltraum. Weil dort die „Wetterbedingungen“bekannt sind und eine gleichmäßige Temperatur von 2,73 Kelvin (minus 270,42 Grad Celsius) herrscht, sollten wertvolle Daten zur Kalibrierung der Messinstrumente gewonnen werden. Diese Erkenntnisse könnten den Schwestersatelliten Metop-B und Metop-C zugute kommen, die noch bis 2027 beziehungsweise bis in die 2030er Jahre aktiv sind.
Das Ende von Metop-A bringt weder die Klimaforschung noch die Wettervorhersage in Nöte. Für Redundanz ist bei der Erdbeobachtung gesorgt. Seit 2012 liefert Metop-B und seit 2018 Metop-C die entsprechenden Daten. Und die nächste Generation der polar umlaufenden Wettersatelliten mit noch feineren Instrumenten ist bereits im Entstehen. Bei Airbus in Immenstaad laufen seit Mai 2021 die Arbeiten für die Integration der neuen Metop-SG. Der erste von insgesamt sechs Satelliten soll 2024 starten.
Der Start von Raumfahrzeugen ist bekanntlich mit vielen Unsicherheiten und Risiken behaftet. Nicht weniger als sieben Anläufe benötigte Metop-A, bis er vom russischen Raketenbahnhof Baikonur aus am 16. Oktober 2006 mit einer Sojus-Rakete sicher in seine Umlaufbahn gebracht wurde. Dafür hat der auf eine Betriebsdauer von fünf Jahren ausgelegte Satellit seine Lebensdauer verdreifacht. Die Ingenieure von Airbus (damals firmierten sie noch unter EADS Astrium) sind stolz auf diese technische Meisterleistung. Zumal die Herausforderungen hoch und ganz neu waren.
Seit 1992 arbeitete man in Immenstaad an der Entwicklung von Nutzlastmodulen für die drei MetopSatelliten. Im Gegensatz zum Servicemodul, das für Antrieb, Lageregelung und Kommunikation zuständig ist und in Toulouse gefertigt wurde, bilden sie das „Gehirn eines jeden Satelliten“, das aus 13 Mess- und Beobachtungsinstrumenten wie Interferometer, Radiometer, Scatterometer, Telichendetektoren etc. besteht. Neu war auch die Kooperation: Sechs dieser Instrumente kamen aus Amerika von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Durch den kombinierten Einsatz dieser Instrumente und Sensoren war Metop-A der einflussreichste Wettersatellit seiner Generation, heißt es in einer Mitteilung von Airbus. Die Metop-Satelliten, von denen zwei im Orbit betriebsbereit sind, machten durchschnittlich fast 45 Prozent der Beobachtungen aus, die am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) verwendet werden.
Weitere Daten stammen von derzeit vier geostationären MeteosatSatelliten, die aus einer Entfernung von 36 000 Kilometern auf die Erde schauen und von denen jeder ein Drittel der Oberfläche erfasst.
Die Metop-Satelliten umkreisen auf 817 km in 90 Minuten die Erde. Da sich ihre Bahn durch die Erdrotation immer weiter verschiebt, überfliegt jeder Metop-Satellit innerhalb von fünf Tagen jeden Punkt der Erdoberfläche mindestens einmal. In Abstimmung mit anderen amerikanische Wettersatelliten entsteht so ein lückenloses, globales Datennetz, das ständig aktualisiert wird.
Anlässlich der Ausmusterung von Metop-A erinnert die ESA an Ereignisse, bei denen der Satellit wertvolle Dienste leistete. Noch bevor Metop-A vollständig in Betrieb war, hat er im November 2006 den Ausbruch des Ätna mit einem Radiometer beobachtet.
2011 und 2012 nahm er die isländischen Vulkane Eyjafjallajökull und Grímsvötn ins Visier. Das hochauflösende IASI-Interferometer beobachtete, wie sich die Schwaden von Schwefeldioxid über Grönland, Kanada und die Polarregion Richtung Sibirien ausbreitete.
Wertvolle Daten lieferte ein Instrument zur Überwachung der Ozonschicht. Damit konnten Wissenschaftler unter anderem zeigen, wie sich der Covid-Lockdown auf die Umweltverschmutzung ausgewirkt hat. In den am stärksten betroffenen Gebieten wie der Po-Ebene, RheinRuhr, Paris oder London war ein sichtbarer Rückgang der Schadstoffe zu verzeichnen. Klimaexperten verwenden Metop-Datensätze, um die Abkühlung des Nordatlantiks während des vergangenen Jahrzehnts aufgrund des Abschmelzens des Grönländischen Eisschildes zu beobachten. Die katastrophalen Waldbrände in Kalifornien im Oktober 2007, ja sogar das Feuer in der Pariser Kathedrale Notre Dame konnte Metop-A abbilden. Auch tropische Wirbelstürme und Überschwemmungen hat der Satellit erfasst, vermessen und exakt lokalisiert. Selbst Schiffsspuren auf den Weltmeeren ließen sich anhand der Metop-A-Daten nachverfolgen.
Insgesamt sei Metop-A der einflussreichste Wettersatellit seiner Generation gewesen, teilt Airbus mit. Daten von Metop über die vertikale Verteilung von Temperatur, Feuchtigkeit und Wind seien bei Vorhersagemodellen hilfreich. Nur mit Hilfe der von den Metop-Instrumenten gewonnenen Daten seien kurzfristige Wettervorhersagen mit hoher Genauigkeit möglich.