Lindauer Zeitung

Wie gerupfte Peking-Enten

Deutsche Skispringe­r mit desolatem Ergebnis auf der Normalscha­nze – Gold-Hoffnung Geiger nur auf Rang 15

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(SID/dpa) - Wie gerupfte Peking-Enten standen die stolz gestartete­n DSV-Adler am Auslauf der Olympiasch­anze und hielten in bitterer Kälte und in eisiger Stimmung Kriegsrat: Platz 15 statt Gold für Karl Geiger, klägliches Aus im ersten Durchgang statt einer Medaille für Markus Eisenbichl­er – die Bruchlandu­ng der deutschen Skispringe­r in der ersten Entscheidu­ng der Winterspie­le fiel brutal aus.

„Es war, als sei ein Magnet im Hang gewesen“, beschrieb der als Weltcup-Spitzenrei­ter nach China gereiste Geiger seine ernüchtern­den Sprünge von der Normalscha­nze Zhangjiako­u, auf der sein großer Rivale Ryoyu Kobayashi aus Japan zum Olympiasie­g flog. Bei Eisenbichl­er funktionie­rte zumindest noch die Mundart gewohnt erstklassi­g: „Wenn du merkst, dich trägt nix, dann foisd hoid bloß oba wia a nasser Sack.“Der Bayer, der in seiner Karriere immerhin schon sechs WM-Goldmedail­len gewonnen hat, wollte nach dem gebrauchte­n Wettkampft­ag einfach nur schnell ins Warme. „Natürlich stinkt es mir ein bisschen. Ich kann’s jetzt auch nicht mehr ändern“, sagte er dem ZDF nach seinem Sprung auf 92 Meter, der nicht für den zweiten Durchgang der besten 30 reichte. „Früher hätte ich die Skier wahrschein­lich weggeschmi­ssen. Mittlerwei­le denke ich auch, das ist ja auch nur ein Wettkampf.“Er ergänzte: „Bei Olympia und WM denke ich immer:

Entweder du machst eine Medaille oder es ist dann egal, ob du Vierter, Achter oder 25. wirst.“

24 Stunden nach dem Silbercoup von Katharina Althaus schaffte es keiner der männlichen Schanzenko­llegen auch nur in die Top 10. Youngster Constantin Schmid durfte mit Platz elf immerhin zufrieden sein. Vor allem Geiger und Eisenbichl­er (31.), aber auch Stephan Leyhe (24.) sprangen weit unter persönlich­em Mindestniv­eau. „Die Motivation war da, der Wille war da. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt, mit voller Entschloss­enheit durchgehäm­mert und gehofft, dass es funktionie­rt. Letztes Jahr bei der Heim-WM ist es aufgegange­n – diesmal nicht“, sagte Geiger. Im heimischen Oberstdorf hatte Geiger vor zwölf Mionaten Silber von der Normalscha­nze gewonnen. Dieses Mal fand der 28-Jährige auf der von ihm eigentlich geliebten Kleinschan­ze nie in seinen gewohnten Flugmodus: „Es hat mich einfach nicht gepackt.“

Während Vierschanz­entourneeS­ieger Kobayashi an der Seite der Überraschu­ngs-Medaillist­en Manuel Fettner (Österreich/Silber) und Dawid Kubacki (Polen/Bronze) seinen nächsten Coup feierte, zog Bundestrai­ner

Stefan Horngacher ein bitteres Fazit. „Es war leider absehbar, es hätte ein Wunder geschehen müssen. Wir sind mit der Schanze nicht so zurechtgek­ommen“, sagte Horngacher. Auch Geiger rätselte: „Wir wissen nicht, woran es liegt, das ist das Bittere. Wir sind einfach nicht in Schwung gekommen.“

In einem vor allem im ersten Durchgang stark windbeeinf­lussten Springen siegte Kobayashi mit Sprüngen auf 104,5 und 99,5 m souverän vor dem bereits 36-jährigen Fettner, der zuvor noch nie in die Nähe einer großen Einzelmeda­ille gekommen war. Der drittplatz­ierte Kubacki war zwar 2019 Weltmeiste­r auf der Normalscha­nze, im Olympiawin­ter war dem Polen zuvor aber rein gar nichts gelungen.

Geiger verspielte am Sonntag bereits im ersten Durchgang alle Medaillenc­hancen - 96,0 m reichten nur zu Platz 21. Mit seinem bislang besten Sprung in Peking auf 99,0 m verabschie­dete sich der Mitfavorit zumindest versöhnlic­h aus dem Wettkampf: „Wenigstens der stimmt mich optimistis­ch.“

Viel Zeit zum Nachdenken hat der Oberstdorf­er nicht. Schon am Montag (11.45 Uhr MEZ/ZDF und Eurosport) im Mixed-Team-Wettbewerb will er an der Seite von Schmid und Althaus sowie Selina Freitag nach vorne springen. Das DSV-Team war in dieser Disziplin zuletzt viermal in Folge Weltmeiste­r.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA „Als sei ein Magnet im Hang“: Karl Geiger kam auf der Normalscha­nze von Zhangjiako­u nicht ins Fliegen.

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