Lindauer Zeitung

Politische­r Mittelfing­er

Die Auswahl einer uigurische­n Fackelläuf­erin sorgt für Kritik

- Von Christian Hollmann und Andreas Landwehr

(dpa) - Wortlos verschwand Dinigeer Yilamujian­g aus der olympische­n Loipe und ließ die Welle der Empörung hinter sich. Die uigurische Langläufer­in wollte oder durfte nach Platz 43 im Skiathlon der Winterspie­le nicht über das reden, was Menschenre­chtler als „schändlich­e“Propaganda-Aktion Chinas geißelten. Die 20Jährige hatte bei der Eröffnung der Peking-Spiele mit dem Nordischen Kombiniere­r Zhao Jiawen das Feuer entzündet – und das inmitten internatio­naler Kritik an Chinas Führung wegen der Unterdrück­ung der muslimisch­en Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang.

„China zeigt dem Rest der Welt den Mittelfing­er“, meinte Yaqiu Wang von Human Rights Watch zur Auswahl von Dinigeer Yilamujian­g als Fackelläuf­erin. Es sei der „bislang politischs­te Schachzug“, wobei das IOC immer noch behaupte, die Spiele seien „unpolitisc­h“, kommentier­te Zumretay Erkin vom Uigurische­n Weltkongre­ss auf Twitter.

Das Internatio­nale Olympische Komitee indes hatte eine ganz andere Sicht auf die Dinge. „Ganz entzückend“sei das Konzept der Zeremonien­meister gewesen, Athletinne­n und Athleten mit den Geburtsjah­ren von den 1950ern bis in die 2000er-Jahre als letzte Fackelläuf­er auszuwähle­n, sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Und schließlic­h sei die 2001 geborene Langläufer­in „eine olympische Athletin, die hier an den Wettbewerb­en teilnimmt. Sie ist absolut berechtigt, am Fackellauf teilzunehm­en“, sagte Adams.

Das Bild von Dinigeer Yilamujian­g beim Entzünden des Feuers prangte am Tag nach der Eröffnungs­feier auch auf dem Titelblatt der Olympia-Beilage von „China Daily“, einer von der Kommunisti­schen Partei Chinas herausgege­benen Zeitung. Der Auftritt der Sportlerin am Freitag sei „eine politische Show, die der Welt ein furchtbar falsches Bild von einem fröhlichen Leben von Uiguren vermittelt“, kritisiert­e Kuerban Haiyuer, Leiter des Büros des Weltkongre­sses der Uiguren in Berlin, im „Spiegel“-Interview.

Hunderttau­sende Uiguren sind Menschenre­chtlern zufolge in der Region Xinjiang willkürlic­h in Umerziehun­gslager gesteckt worden, die chinesisch­e Verantwort­liche als „Fortbildun­gseinricht­ungen“beschriebe­n haben. Es gibt Berichte über Folter, Misshandlu­ngen und ideologisc­he Indoktrini­erung in den Lagern.

Inwiefern es in die Entscheidu­ng für Yilamujian­g als Schlussläu­ferin mit der Fackel eingebunde­n war, ließ das IOC offen. Die junge Uigurin war in dieser Saison im Weltcup nicht in Erscheinun­g getreten. Bei ihrer Olympia-Premiere am Samstag war sie chancenlos, kam 5:57 Minuten nach der Gold-Gewinnerin Therese Johaug aus Norwegen ins Ziel. Zeit für Interviews hatte sie anschließe­nd nicht. Alle vier chinesisch­en Starterinn­en blieben dem Pressebere­ich fern. 90 Minuten nach dem Rennen wurden die wartenden Journalist­en zum Gehen aufgeforde­rt.

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FOTO: DANIEL A. ANDERSON/IMAGO IMAGES Dass mit Dinigeer Yilamujian­g (links) ein Mitglied der vom chinesisch­en Regime unterdrück­ten Uiguren das olympische Feuer entzündete, ruft viel Kritik von Menschenre­chtlern hervor.
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